Arcandor:Die letzte Show des Sonnenkönigs

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Zum Abschied noch einmal rote Zahlen: Thomas Middelhoff gibt seine letzten Quartalsergebnisse als Arcandor-Chef bekannt - und erspart seinem Nachfolger eine Jahresprognose.

Er kam als Hoffnungsträger - und geht als Entzauberter. Die Zahlen, die Thomas Middelhoff bei seinem Abgang als Konzernchef von Arcandor vorlegte, sind nicht nur ein Vermächtnis, mit dem sich sein Nachfolger auseinandersetzen muss. Sie sind auch eine Art Bilanz, eine rote Bilanz. In der knapp vierjährigen Middelhoff-Ära hat sich der Aktienkurs erst rasant nach oben, dann noch viel rasanter nach unten entwickelt. Eine Aktie des Konzerns kostet inzwischen nicht einmal mehr zwei Euro.

Thomas Middelhoff: "Ich übergebe das Unternehmen sicher nicht vollständig besenrein, aber geordnet und aufgeräumt." (Foto: Foto: dpa)

Selbst im Weihnachtsgeschäft 2008 gelang dem Konzern keine Trendwende. Arcandor erwirtschaftete in dieser Zeit unter dem Strich einen Verlust von 58 Millionen Euro. Das Minus fiel damit noch 20 Millionen Euro höher aus als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Ausschlaggebend dafür waren nach Unternehmensangaben vor allem Restrukturierungsaufwendungen bei der Versandhandelstochter Primondo und der Touristiksparte Thomas Cook.

"Wir haben das Unternehmen gerettet"

Dennoch sparte Middelhoff, der Ende des Monats den Chefposten an den bisherigen Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick übergibt, nicht mit Lob an sich selbst. "Ich übergebe das Unternehmen am 1. März sicher nicht vollständig besenrein, aber geordnet und aufgeräumt", meinte der Manager. "Wir haben das Unternehmen gerettet." Der Neue wird trotzdem einige Baustellen vorfinden. Immerhin muss er sich mit einer Altlast von Thomas Middelhoff nicht herumärgern. Eine Ergebnisprognose für das noch bis Ende September laufende Geschäftsjahr hat der Noch-Konzernchef angesichts der unsicheren Konjunktursituation abgelehnt.

Der Essener Konzern sei heute in einer deutlich besseren Verfassung als zu Beginn seiner Amtszeit. Durch den Verkauf der Warenhausimmobilien im Wert von rund 4,5 Milliarden Euro sei nicht nur der Schuldenberg deutlich verringert worden. Das Geld habe Arcandor auch erlaubt, sein Touristik-Standbein Thomas Cook deutlich auszubauen. Heute liefere die Sparte 60 Prozent des Umsatzes und 80 Prozent des Ergebnisses.

Doch räumte Middelhoff auch Fehlschläge ein. "Nicht alles, was wir erhofften, konnten wir erreichen", sagte er in seiner Abschlussbilanz. Vor allem blieb Middelhoffs vollmundiges Versprechen unerfüllt, den Wert der Arcandor-Aktie auf 40 Euro zu steigern. Im Gegenteil: Die Aktie büßte in den vergangenen zwölf Monaten fast 90 Prozent ihres Wertes ein und wurde am Donnerstag für 1,85 Euro gehandelt.

"Zukunftspakt" mit Lohnverzicht

Das spiegelt die trotz der Beschwörungen Middelhoffs nach wie vor schwierige Situation des Konzerns wider. Arcandor hatte zuletzt große Probleme, bei seinen Hausbanken eine Verlängerung seiner Kreditlinien auszuhandeln. Und die Mitarbeiter von Karstadt, Quelle und Co mussten sich erst Ende Oktober in einem "Zukunftspakt" zu einem Lohnverzicht von 115 Millionen Euro jährlich bereiterklären, um die Ertragssituation zu verbessern.

Im operativen Geschäft aber gehe es aufwärts, betonte Middelhoff. Die kriselnde Warenhaustochter Karstadt habe die Trendumkehr unter schwierigen Bedingungen geschafft. Dem seit Jahren mit Absatzrückgängen kämpfenden Versandhaus Quelle sei es im Weihnachtsquartal erstmals gelungen, den Umsatzrückgang im klassischen Kataloggeschäft durch die wachsende E-Commerce-Nachfrage mehr als auszugleichen. Das Unternehmen sei hinter Ebay und Amazon die Nummer drei der Online-Shops in Deutschland.

Der bereinigte Umsatz des Konzerns stieg im vierten Quartal leicht um 1,1 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen verbesserte sich sogar um 18 Prozent auf 180 Millionen Euro.

Dass unter dem Strich dennoch rote Zahlen geschrieben wurden, erklärte der Manager nicht zuletzt mit Saisoneffekten. Die Zeit von Oktober bis Dezember sei für die ertragsstarke Touristiksparte traditionell ein schwaches Quartal. Außerdem hätten Restrukturierungsaufwendungen bei Thomas Cook und Primondo das Ergebnis belastet.

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