Arbeitswelt:Praktikum im Home-Office

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Damit das Praktikum im Home-Office erfolgreich wird, sollte man immer wieder anbieten, Aufgaben zu übernehmen. (Foto: Uwe Umstätter/image)

Auch Schüler und Studenten müssen sich auf die neue Arbeitswelt einstellen. Da gibt es einiges zu beachten. Eine Expertin gibt Tipps, wie das gelingen kann.

Von Katharina Müller, München

Praktika im Home-Office sind momentan noch selten. Doch durch das Coronavirus ist die sogenannte Remote-Work im Aufwind. Das könnte in Zukunft auch auf Praktikantenstellen überschwappen. Nicht nur kleine Unternehmen bieten momentan zum ersten Mal reine Online-Praktika an, auch große Konzerne erarbeiten neue Standards. In diese moderne Arbeitswelt müssen sich Studenten und Schüler erst mal einfinden und Routinen entwickeln. Dabei scheint es auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu sein, im Home-Office zu glänzen. Doch wer ein paar Regeln beachtet, kann dort genauso viel Erfahrungen sammeln wie im Büro, weiß die Home-Office-Expertin Teresa Bauer. Sie ist Inhaberin und Gründerin der Home-Office-Beratung Getremote.de und lebt, was sie predigt. Seit Anfang Februar beschäftigt sie einen Praktikanten, der sein Praktikum zu 100 Prozent remote absolviert. Damit das Online-Praktikum zum Erfolg wird, helfen in ihren Augen sechs Tipps.

1. Selbstkritisch sein

Wer über ein Online-Praktikum nachdenkt, sollte sich vorher fragen, ob er überhaupt der Typ dazu ist, rät Teresa Bauer. Denn ein Praktikum am heimischen Schreibtisch ist nicht für jeden etwas. Mancher braucht den regelmäßigen Austausch mit Kollegen oder den Druck vom Chef. Während der Vorgesetzte im Büro meist nicht weit ist, ist man zu Hause selbst für seinen Arbeitstag verantwortlich. Das kann aber auch einen Vorteil haben, weiß die Home-Office-Expertin: "Im Remote-Praktikum lernt man schnell mehr Selbständigkeit."

2. Vorab wichtige Fragen klären

Am Ende hängt es laut Bauer von beiden Seiten ab, ob ein Praktikum daheim funktioniert. Daher sei es für Studenten wichtig, im Vorstellungsgespräch abzuklopfen, wie gut das Unternehmen auf ein Online-Praktikum vorbereitet ist. "Klar, für viele Unternehmen ist ein Remote-Praktikum noch neu. Gerade deshalb sollte man sich aber versichern, ob es einen Plan gibt." Zu den Fragen, die man vorher unbedingt klären sollte, zählen: Habe ich einen konkreten Ansprechpartner? Wie arbeitet das Team zusammen? Gibt es Projektmanagement-Tools, die alle nutzen? Welche Aufgaben kann ich als Praktikant übernehmen?

3. Video-Konferenzen nutzen

Ein Praktikum lebt davon, Kollegen im Büro über die Schulter zu schauen. Auf diese Weise bekommt man vieles mit, ohne Fragen stellen zu müssen. Das fällt bei einem Remote-Praktikum weg. Die Zusammenarbeit muss auf Distanz funktionieren. Die physische Präsenz am Arbeitsplatz wird meist mit Instant-Chat-Funktionen, E-Mails und vor allem Videokonferenzen kompensiert. Über solche Tools wird auch die Einarbeitung neuer Mitarbeiter gestemmt. Das muss aber kein Nachteil sein, sondern bietet Chancen - für das Unternehmen wie für den Praktikanten. Bauer rät, die Einarbeitung festzuhalten. Videocalls könnten etwa aufgezeichnet werden: "So können sich die Praktikanten die Aufgabenschritte jederzeit noch mal angucken und die Unternehmen bauen eine effektive Wissensressource auf, die sie künftig wiederverwenden können."

4. Proaktiv kommunizieren

Fast jeder Praktikant hat während seiner Praktikumszeit mal nichts zu tun. Doch mit einem Online-Praktikum wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Kollegen und der Chef einen beim Verteilen von Aufgaben vergessen und sich eine mögliche Durststrecke zieht. Wer von zu Hause aus arbeitet, ist für seinen Arbeitgeber weniger sichtbar. Um nicht unterzugehen, sollte man daher nicht nur Eigeninitiative zeigen, sondern auch proaktiv kommunizieren. "Als Praktikant darf man nicht darauf warten, bis man eingebunden wird", sagt Bauer. Stattdessen rät sie, nicht schüchtern zu sein und sich immer wieder zu melden - etwa wenn es Fragen gibt oder eine Aufgabe erledigt ist. Wer einen längeren Leerlauf vermeiden will, sollte seinem Ansprechpartner zudem in regelmäßigen Abständen berichten, an welchen Aufgaben man derzeit sitzt und mit welchen man bereits fertig ist.

5. Mit Kollegen vernetzen

Ein Praktikum lebt auch vom spontanen und direkten Austausch mit den Kollegen. Wer von daheim arbeitet, trifft diese in der Regel aber nur virtuell. Das erschwert das Kennenlernen. Der obligatorische Rundgang durch das Büro, bei dem der Chef alle Kollegen mit Namen und Funktion vorstellt, fällt aus. Wer im Home-Office ins Praktikum startet, sollte sich daher andere Wege suchen, um sich vorzustellen und Kontakte aufzubauen. Dabei ist auch Kreativität erlaubt: "Warum nicht einfach ein 30-sekündiges Video von sich aufnehmen, das man im Anschluss an die Abteilung verschickt? Darin könnte man sich kurz vorstellen und sagen, wer man ist, was man studiert und wie lange man im Unternehmen ist", findet Bauer. Wer es hingegen etwas zurückhaltender mag, kann sich mit seinen Kollegen gleich in den ersten Tagen über Karrierenetzwerke wie Linkedin und Xing vernetzen. So können sich die neuen Kollegen ein Bild machen, welche Erfahrungen der Praktikant bisher gesammelt hat. Im Unternehmen angekommen, geht es dann darum, die Kontakte zu pflegen. Teresa Bauer empfiehlt: "Praktikanten sollten ihren Ansprechpartner unbedingt danach fragen, ob es auch einen Austausch außerhalb von Projektthemen gibt. Einige Kollegen oder Abteilungen treffen sich etwa in regelmäßigen Abständen auf einen virtuellen Kaffee. Da sollte man sich dranhängen."

6. Feedback einfordern

Praktika sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die eigene Berufstätigkeit. Das Gelernte soll einem in einem späteren Job nutzen. Doch nur wer Feedback erhält, weiß, wo es noch Entwicklungspotenzial gibt und wie man Aufgaben künftig besser lösen kann. Konstruktive Kritik, die im Büroalltag oft auf Zuruf passiert, müssen Studenten während ihres Praktikums nun noch stärker selbst einfordern. Nicht in jedem Unternehmen sind digitale Feedbackgespräche an der Tagesordnung. Praktikanten sollten ihren Chef daher höflich um ein Gespräch bitten, sagt Teresa Bauer. "Im besten Fall direkt im Vorstellungsgespräch abklären, wie oft ein Feedbackgespräch im Praktikum vorgesehen ist", so die Remote-Expertin.

© SZ vom 21.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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