Apple:Jetzt mal langsam

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Ein iPhone, aufgenommen 2009 – dafür gibt es keine Updates mehr. (Foto: Frederic J. Brown/AFP)

Der iPhone-Hersteller gibt erstmals zu, alte Geräte gezielt zu verlangsamen - aus einem überraschenden Grund.

Von Marvin Strathmann, Hamburg

Macht Apple iPhones der älteren Generationen absichtlich langsamer, damit entnervte Nutzer neue Geräte kaufen? Diese Theorie kursiert seit Jahren. Immer wieder berichten iPhone-Besitzer, dass ihre Telefone im Laufe der Zeit langsamer werden und stocken. Die Beschwerden häufen sich, wenn das Unternehmen eine neue Version des Betriebssystems iOS veröffentlicht. Die offensichtliche Erklärung ist, dass alte Geräte nicht mit allen Neuerungen umgehen können und daher die Leistung abnimmt. Aber damit geben sich viele Kritiker nicht zufrieden.

Vor zwei Wochen nun veröffentlichte ein Nutzer des Diskussionsforums Reddit eine neue Theorie: Apple verlangsame iPhones, wenn der Akku älter werde. Tausche der Besitzer den Akku aus, funktioniere das Handy wieder wie neu. Daraufhin schaltete sich John Poole ein, Entwickler einer Software, die Geräteleistungen vergleicht. In einem Blog-Eintrag bestätigte er die Theorie: Ist der Akku in einem iPhone 6S oder iPhone 7 älter, verringert sich tatsächlich die Leistung der Handys.

Also doch eine große Verschwörung? Bereichert sich Apple auf Kosten der Kunden? Wie bei vielen Verschwörungstheorien lautet die Antwort: eher nicht.

Apple hatte mit den iPhones der 6er-Serie große Akkuprobleme. Benötigt das Handy plötzlich sehr viel Strom und ist der Akku schon älter, kann es sich abschalten. Das Unternehmen reagierte und tauschte bei einigen Geräten den Akku kostenlos aus. Außerdem veröffentlichte Apple Anfang des Jahres ein Software-Update, das plötzliches Abschalten reduzieren sollte. Doch hat das Unternehmen nicht genau beschrieben, wie sie das Problem verringert haben. Nun deutet alles darauf hin, dass Apple wohl die Leistung des Handys vermindert, um ältere Akkus zu schonen und Ausfälle zu vermeiden.

In einer Stellungnahme geht Apple nun genauer darauf ein. Nahezu alle aktuellen Android- und Apple-Handys sind mit Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet. Sind sie der Kälte ausgesetzt, wenig aufgeladen oder älter, kann sich das Gerät unter hoher Belastung unerwartet ausschalten, um die Elektronik zu schützen, schreibt das Unternehmen. Mit dem Update wolle man plötzliche starke Belastungen vermeiden.

Apple setzt also lieber auf langsame Handys als auf Geräte, die etwa bei einem 3-D-Spiel sofort ausgehen. Den Ergebnissen des Entwicklers John Poole widerspricht der Hersteller nicht. Aber die Verschwörungstheorie vom gierigen, bösen Unternehmen lässt sich damit nicht belegen, denn Apple drosselt die Leistung aus nachvollziehbaren Gründen.

Das Unternehmen hat eher ein Kommunikationsproblem, denn die Nutzer erhalten keine Erklärung, warum das Handy plötzlich nicht mehr flüssig läuft. "Die Nutzer denken 'mein Handy ist langsam, also sollte ich es austauschen'", schreibt Poole. "Nicht 'mein Handy ist langsam, also sollte ich den Akku austauschen'".

Allerdings ist genau das nicht so einfach. Wie in vielen Smartphones ist der Akku fest eingebaut. Apple verlangt für einen Wechsel knapp 90 Euro.

Dass die meisten Nutzer da lieber gleich auf das neueste Modell umsteigen - ganz unrecht dürfte es Apple zumindest nicht sein.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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