App für Unfallaufnahme:Nur noch einmal eingeben

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Die saarländische Polizei testet eine App, die doppelten Erfassungsaufwand vermeiden soll.

Interview von Katharina Kutsche

Peter Loos, Professor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken und an der Universität des Saarlandes, begleitet das Projekt.

SZ: Herr Loos, was ist die Idee hinter der App?

Peter Loos: Die Polizei hat das Problem, dass sie bei einer Verkehrsunfallaufnahme viel Zeit für administrative Tätigkeit aufbringen muss. Die Beamten nehmen die Daten vor Ort in ihren Notizblock auf und müssen sie dann in der Dienststelle in das Backend-System eingegeben. Dadurch ergibt sich ein doppelter Erfassungs- und Zeitaufwand. Mit der App reicht es, die Daten einmal am Unfallort aufzunehmen.

Wie funktioniert die Anwendung?

Wenn alle Daten eingegeben sind und der Internet-Empfang ausreicht, synchronisiert sich die App über eine Schnittstelle mit dem eigentlichen Vorgangssystem der Polizei. Die Plattform kann aber auch autonom arbeiten, etwa wenn sie im ländlichen Raum in einem Tal ohne Empfang des Mobilnetzes agieren müssen. In diesem Fall überspielt die App die Daten, sobald die Verbindung wieder vorhanden ist. Nach der Datenübertragung sind diese nicht mehr auf dem mobilen Endgerät gespeichert. So kann der Datenschutz auch bei Verlust des Gerätes sichergestellt werden.

Auf welchen Geräten läuft denn die App?

Die App ist noch in einer Testphase, wir hatten einen längeren Test im vergangenen Herbst. Darüber hinaus arbeiten wir nicht nur mit der Polizei im Saarland zusammen, sondern auch mit der aus Rheinland-Pfalz. Dort läuft gerade ein größeres Pilotprojekt zur mobilen Unfallaufnahme.

Haben Sie die App entwickelt?

Nein, die wurde auf einer Plattform namens HybridForms entwickelt, auf Basis von Microsoft-Technologien. Unser Part ist die wissenschaftliche Begleitung, im Prozess und vor Ort. Und wir prüfen darüber hinaus die Usability, also die Benutzerfreundlichkeit der Anwendung.

Und was sagen die Benutzer?

Die Polizisten, die mit der App gearbeitet haben, sind überzeugt, die Vorgesetzten auch. Einen Geschwindigkeitsvorteil haben wir durch die bisher getestete Tastatur-Eingabe vor Ort zwar nicht, aber man spart die Zeit hinterher. Und wir bekamen die Rückmeldung, dass die Beamten die App lieber auf Smartphones nutzen. Das hat uns schon überrascht, weil der Bildschirm ja kleiner ist als bei einem Tablet. Die sichere Einbindung der App in die aktuelle IT-Landschaft der Polizei wurde im Rahmen der Pilotierung aufgebaut. Es geht jetzt noch darum, ob gleichzeitig offene Verbindungen wie ins Internet zugelassen werden können, ohne die Sicherheit der bestehenden Systeme zu gefährden.

Wie ist die Akzeptanz in der Bevölkerung?

Wir haben bisher keine großen Reaktionen feststellen können, vor allem keine negativen. Darauf haben wir allerdings in der Pilotphase keinen Schwerpunkt gesetzt.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft, nutzen Sie künstliche Intelligenz?

In diesem Piloten ist das nicht vorgesehen. Aber zukünftig wäre ein OCR-Verfahren möglich: eine automatische Zeichenerkennung, mit der man Daten nicht mehr eingeben muss, sondern etwa den Führerschein einlesen kann. Ein weiteres Hilfsmittel wäre eine Spracherkennung, auch da müssten wir testen, ob dies überhaupt mit Hintergrundgeräuschen praktikabel ist. Weiterhin könnten wir gezielte Fotografie mit der App zulassen, das normale Fotografieren ist bereits Bestandteil: Anhand der Bilder ließen sich dann 3-D-Modelle erstellen und Unfallhergänge rekonstruieren. Damit spart man sich den Sachverständigen, der vor Ort den Unfallort vermisst.

© SZ vom 10.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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