Anwendung HiddenApps:David gegen Apple - wie ein 15-Jähriger den Weltkonzern austrickste

Lesezeit: 3 Min.

Vorinstallierte Systemprogramme ließen sich mit "HidenApps" entfernen. (Foto: Bloomberg)

Ein 15-jähriger Schüler aus Bayern hat mit einem simplen Programm den Computer-Riesen Apple ausgetrickst. Hacker aus aller Welt feiern seinen Erfolg - er selbst will vor allem wieder seine Ruhe haben.

Von Benedikt Warmbrunn

Am Donnerstag ist David Gölzhäuser in die Schule gegangen, am Freitag auch, das ist zunächst nicht ungewöhnlich, wenn an einem Donnerstag oder an einem Freitag Unterricht ist, geht David Gölzhäuser nun einmal in die Schule. Wie alle anderen Schüler auch. Und doch ist es genau dieses Gewöhnliche, das er am Ende dieser Woche sucht, am Ende einer Woche, in der aus seinen Gewohnheiten Außergewöhnliches wurde. Am Ende dieser irren Woche wäre er einfach ganz gerne wieder: David Gölzhäuser aus Hauzenberg bei Passau, 15 Jahre alt, Realschüler. Ein Schüler wie alle anderen Schüler auch.

In der vergangenen Woche war aus ihm, dem Schüler, ein Symbol geworden, weltweit gefeiert. Aus David Gölzhäuser wurde ein Rebell gegen das Fremdbestimmte, gegen die Macht der großen Konzerne, ein Kämpfer für den Konsumenten. Herausgefordert hatte Gölzhäuser ein anderes Symbol, das weltweit gefeiert, aber auch kritisiert wird: Apple, den Elektronik-Konzern aus Cupertino/Kalifornien, das wertvollste Unternehmen, die wertvollste Marke der Welt.

Gölzhäuser hatte geschafft, was in der Welt von Apple nicht vorgesehen ist: Er hatte den Konzern ausgetrickst.

Rebellen wider Willen

Davids Vater Alfons Gölzhäuser nutzt begeistert die Apple-Geräte, er hat mehrere bei sich zu Hause stehen, früh lernte David, mit ihnen umzugehen. Bald reizte ihn mehr, er entwickelte für die Produkte Anwendungen, sogenannte Apps. Eine, mit der Filminformationen gefunden werden können. Eine, die Nachrichten liefert. Und eine, die er HiddenApps nannte. Durch sie wurde er zum Rebellen wider Willen.

HiddenApps gab es auf Deutsch und auf Englisch, die Anwendung war fünf Megabyte groß, sie war kostenlos, heruntergeladen werden konnte sie vom 6. März an. In der Beschreibung der App stand, dass diese "eine simple Applikation" sei, "die Tipps und Tricks zu Apple-Geräten liefert", aber das war nur ein weiterer Trick.

Wer sich die App heruntergeladen hatte, konnte fest installierte Systemprogramme ausblenden, zum Beispiel den Wetterdienst, Karten oder die Aktien-Kurse. Eigentlich ist dies nur nach einem sogenannten Jailbreak möglich, einem inoffiziellen Entsperren der Apple-Produkte. Dabei werden Nutzungsbeschränkungen entfernt, wer sein Gerät geknackt hat, kann sein Smartphone selbst verwalten.

Bei Gölzhäusers HiddenApps war ein Jailbreak nicht nötig. Und für alle, die es ganz genau wissen wollen: Eine Anwendung konnte ausgeblendet werden, indem sie in Hidden-Apps angeklickt wird. Anschließend wurde der Nutzer aufgefordert, ein Dienstprogramm namens Proof herunterzuladen. Dieser Download scheiterte - was Golzhäuser so programmiert hatte. Nun musste Proof nur noch gelöscht werden, schon wurde die zuvor angeklickte Anwendung versteckt.

Wie das genauer funktioniert, hat Gölzhäuser nie verraten, nur, dass er dabei das itms-Protokoll verwendet hat, ein Netzwerk-Protokoll, das nicht fest auf dem Gerät installiert sein muss und mit dem auf den Geräten von Apple-Mitarbeitern Applikationen heruntergeladen werden, am offiziellen App Store vorbei. Außerdem konnten durch HiddenApps Werbeanzeigen ausgeblendet werden - was eine Einnahmequelle von Apple gefährdete. Am Montag entfernte der Konzern Gölzhäusers Anwendung aus dem App Store, 64 624 Nutzer hatten sie bis dahin heruntergeladen.

Vier Monate lang hatte Gölzhäuser die Anwendung programmiert, auch auf Schwierigkeiten war er vorbereitet. So ist es ihm gelungen, dass Apple in dem siebentägigen Prüfungsprozess die heikelsten Optionen seines Angebots nicht entdeckt hat - er aktivierte sie einfach erst, nachdem der Konzern die App freigegeben hatte. Durch diesen kleinen Kniff wurden Technik-Fanatiker auf der ganzen Welt auf ihn aufmerksam.

Kein Hacker

Erst riefen Verwandte der Gölzhäusers aus den USA an, irgendwann meldeten sich Hacker, aus Russland, aus Japan. Sie schickten David Gölzhäuser E-Mails, in denen sie ihn fragten, wie es ihm gelungen sei, das strenge Sicherheitssystem von Apple zu umgehen. Er beantwortete keine einzige dieser Anfragen. "Er hatte nie einen Bezug zum Hacker-Milieu", sagt Davids Vater Alfons Gölzhäuser.

In einer E-Mail schreibt der Schüler, dass es ihm nur "um den Spaß am Programmieren" gegangen sei: "Ich wollte Apple keinen Schaden zufügen." Der Konzern hat seinen Entwickler-Status für ein Jahr lang gesperrt, von München aus haben sie Gölzhäuser mitgeteilt, dass er mit seiner Geschichte nicht allzu sehr in die Öffentlichkeit rücken solle. "So einem großen Unternehmen gefällt es nicht, wenn jemand auf ihre Kosten zu zweifelhaftem Ruhm kommt", sagt Alfons Gölzhäuser.

David Gölzhäuser hat durch diesen Ruhm immerhin ein Praktikum in Berlin angeboten bekommen, er darf bei dem einen oder anderen Projekt mitprogrammieren. Er selbst schreibt jedoch, dass er sich wünsche, "dass sich die ganze Sache möglichst schnell beruhigt". Es zähle nun der Schulabschluss. Am Montag ist wieder Unterricht.

© SZ vom 16.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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