Ansichtskarten:Mit persönlichen Grüßen

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Selfie-Bilder als Ansichtskarte: Diverse Anbieter machen es möglich. (Foto: Gregor Fischer/dpa)

Die Internetfirma Touchnote verdient Geld mit individuellen Postkarten: eine Alternative zu Facebook und Instagram. Doch die Konkurrenz ist groß.

Von Björn Finke, London

Menschen schreiben immer weniger Briefe und immer mehr E-Mails oder Kurznachrichten. Und viele Urlauber schicken von ihrem Platz an der Sonne keine Karte an die Daheimgebliebenen, sondern ein schnödes Handyfoto mit ein paar neiderweckenden Zeilen. Bei Konzernen wie der Deutschen Post sinken darum die Umsätze im Briefgeschäft. Eine Londoner Internetfirma profitiert aber davon, dass mancher Reisende seinen Freunden oder Verwandten doch lieber etwas Handfestes zukommen lässt: Touchnote verschickt individuell gestaltete Post- und Grußkarten.

Seit der Gründung 2008 hat das Unternehmen mehr als zehn Millionen Postkarten versendet. Im vorigen Jahr erlöste Touchnote mit gut 30 Beschäftigten 5,1 Millionen Pfund, um die Hälfte mehr als 2015, und erzielte erstmals einen Gewinn. Kunden können Fotos auf die Internetseite oder mit dem Handyprogramm von Touchnote hochladen. Die Bilder schmücken die Vorderseite der Postkarte. Für die Rückseite geben die Nutzer einen Grußtext und die Adresse des Empfängers ein. Die Londoner arbeiten mit fünf Druckereien in Deutschland, Großbritannien, den USA und Australien zusammen. Die drucken und laminieren die Karten, die Zustellung läuft ganz normal über Postunternehmen.

Deutschland ist nach Großbritannien der zweitwichtigste Markt für Touchnote in Europa. Die Firma verspricht, dass Karten in Deutschland innerhalb von fünf Arbeitstagen ankommen. Das kostet drei Euro, wobei Kunden weniger zahlen, wenn sie bei Touchnote Guthaben kaufen, das sie mit der Zeit verbrauchen können.

"Werfen Sie eine Karte in Bali ein, geht die auf dem Weg nach Deutschland durch viele Hände - und vielleicht verloren", sagt Touchnote-Geschäftsführer Dan Ziv. Es sei sicherer und schneller, in Bali ein Urlaubsfoto vom Handy hochzuladen und daraus mit dem Touchnote-Programm eine Postkarte zu erstellen, die in Deutschland gedruckt wird. Außerdem erhalte der Empfänger so ein persönliches Foto und nicht irgendein Postkarten-Motiv.

Wer den Lieben daheim persönliche Urlaubsfotos schicken will, benötigt dafür aber nicht Touchnote. Er kann sich die drei Euro sparen und einfach Fotos per E-Mail oder über soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram verbreiten. Das Unternehmen profitiert jedoch davon, dass viele Menschen es persönlicher und netter finden, wenn ihre Freunde Grüße und Bilder gedruckt erhalten. "Je mehr über Facebook geteilt wird, desto mehr suchen Leute nach einer Alternative, um mit ihren Fotos einen nachhaltigeren Eindruck zu hinterlassen", sagt Ziv.

"Manche senden etwa den Gastgebern einer Dinner-Party eine Touchnote-Karte mit einem Handyfoto von dem Abend, um sich noch einmal zu bedanken", sagt der aus Israel stammende Brite. Sowohl in der Altersgruppe der über 65-Jährigen als auch bei Jugendlichen verzeichne die Firma starkes Wachstum.

Kunden aus mehr als 90 Ländern haben bereits Karten mit den Londonern verschickt. Touchnote ist der größte Anbieter in einem hart umkämpften Markt. So hat die Deutsche Post ein konkurrierendes Handyprogramm namens Funcard entwickelt. "Wir haben Hunderte Wettbewerber", sagt Ziv. Die Hürden für Neueinsteiger seien niedrig, deswegen versuchten sich viele Unternehmen an digitalen Postkarten. "Doch Erfolg zu haben, ist schwer." Nutzer erwarteten ein einfach und schnell zu bedienendes Programm und hochwertige Karten zu vernünftigen Preisen. Nach Enttäuschungen kämen Kunden nicht wieder, sagt der 36-Jährige.

Postkarten sind das mit Abstand bedeutendste Produkt der Londoner, allerdings verschicken sie inzwischen auch Grußkarten in Umschlägen, gerahmte Fotos oder Leinwand-Drucke. Weitere Angebote sind geplant. So denke er über Fotobücher nach, sagt Ziv. Er werde diese aber nur einführen, wenn Qualität und Abläufe stimmen. Der Manager fing 2016 bei dem Unternehmen an, in das Investoren etwa sechs Millionen Pfund gesteckt haben. Im Mai 2017 wurde er zum Geschäftsführer befördert, weil Vorstandschef Oded Ran nach Los Angeles umgezogen ist, um das Wachstum auf dem wichtigen US-Markt anzukurbeln. Der kleine 30-Mann-Betrieb verfolgt große Pläne.

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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