Anliegen der Arbeitnehmer:Mehr Lohn - aber nicht für alle

Im Schnitt sind die Lohnzuwächse für Deutschlands Arbeitnehmer im vorigen Jahr geringer ausgefallen als die Inflation. Dennoch kann es nicht für alle mehr Lohn geben.

Ulrich Schäfer

Wer das Gefühl hat, sein hart verdientes Geld zerrinne ihm zwischen den Fingern, kann sich durch eine unbestechliche Behörde bestätigt sehen: Das Statistische Bundesamt hat vorgerechnet, dass Deutschlands Arbeitnehmer im vorigen Jahr zwar ein wenig mehr Lohn und Gehalt bekommen haben, dies aber von der Inflation mehr als aufgefressen wurde.

1,2 Prozent bekamen Angestellte im Schnitt dazu, 1,5 Prozent die Arbeiter; die Preise aber stiegen um 1,7 Prozent.

Die Gewerkschaften werden dies in der kommenden Tarifrunde ausschlachten. Doch so berechtigt der Wunsch vieler Arbeitnehmer ist, an üppigen Gewinnen ihrer Betriebe teilzuhaben, so wenig taugen die Zahlen für platte Parolen.

Man muss differenzieren

Wer hinter die Werte aus Wiesbaden blickt, sieht nämlich, dass man differenzieren muss: Die Angestellten der Bahn, die Metaller, aber auch Maschinen- und Flugzeugbauer durften sich über Gehaltssteigerungen freuen, die sehr wohl oberhalb der Inflationsrate lagen; die Beschäftigten im öffentlichen Dienst wiederum verdienten pro Stunde deshalb weniger, weil sie ohne Lohnausgleich länger arbeiten müssen - sie trugen so dazu bei, die Staatsfinanzen zu sanieren.

Die Zahlen der Statistiker lassen daher zwei Schlüsse zu. Erstens: Arbeitgeber, die gut verdienen, sollten ihre Mitarbeiter daran beteiligen - soweit sich dies begründen lässt, durch dauerhafte Lohnerhöhungen, andernfalls durch befristete Zuschläge.

Zweitens: Die mauen Lohnerhöhungen der letzten Jahre waren nicht falsch. Sie haben dazu beigetragen, dass Deutschlands Wirtschaft wieder Fuß gefasst hat.

In jenen Unternehmen, die immer noch Probleme haben, ist diese Zurückhaltung deshalb auch weiterhin geboten - aber eben nur dort.

© SZ vom 30.01.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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