Anleihenkäufe:Viel Kritik am EuGH

In der Verhandlung über Verfassungsbeschwerden gegen die Anleihenkäufe der EZB knöpften sich die Kritiker vor allem den EuGH vor. Der habe das Demokratie-Problem gar nicht erst erkannt. Nun seien Verfassungsgericht und Politik gefordert.

Von Anika Blatz

Nach dem Bankenurteil begann in Karlsruhe die Anhörung für das umstrittene Anleihekaufprogramm der EZB. Nach Auffassung seines Senats sprächen "gewichtige Gründe" für die Rechtsansicht der Kläger, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle zu Beginn der Anhörung.

Die von den Klägern beauftragten Professoren zeigten sich vor allem enttäuscht über den Europäischen Gerichtshof, dem das Bundesverfassungsgericht fünf Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte. Der EuGH habe jegliche kritische Auseinandersetzung vermissen lassen, sagte der Rechtswissenschaftler Hans-Detlef Horn. Besonders im Hinblick auf die vom EuGH als unzulässig eingestufte Vorlagefrage zur unbegrenzten Risikoverteilung bei Ausfällen von Anleihen der Zentralregierungen sprach sein Kollege Markus Kerber von einer Fehlannahme und sogar einem Rechtsfehler. Die EZB wirke in einer Art und Weise auf die Wirtschafts- und Währungsunion ein, wie es in den Verträgen nicht vorgesehen sei, monierte Christoph Degenhart. Das Recht auf Demokratie drohe dadurch "zerrieben" zu werden.

Auch Dietrich Murswiek betonte die fehlende demokratische Legitimation der Anleihekäufe durch die EZB und kritisierte, dass der EuGH mit keinem Wort auf diese Legitimationsproblematik eingegangen sei. "Das Bundesverfassungsgericht hat im OMT-Verfahren versucht, eine Verständigungsbrücke zum EuGH herzustellen, der EuGH sieht das aber wohl eher als Kommandobrücke", meinte Horn. Das deutsche Gericht habe jetzt die Aufgabe zu retten, was zu retten ist. Auch Bundestag und Bundesregierung müssten endlich aktiv werden. Demgegenüber beharrte der Berliner Finanzstaatssekretär Jörg Kukies für die Bundesregierung darauf, dass die EZB angesichts der komplexen Materie einen weiten Beurteilungsspielraum benötige.

© SZ vom 31.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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