Anleihen:Draghi will lockere Geldpolitik straffen

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In zweieinhalb Jahren hat Mario Draghi etwa 600 Termine in seinen Kalender eingetragen. (Foto: Michael Probst/AP)

Der EZB-Präsident möchte bald keine zusätzlichen Anleihen mehr kaufen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Finanzmärkte verabscheuen Unsicherheit. Daher dürfte man es dort mit Erleichterung aufgenommen haben, dass die Europäische Zentralbank (EZB) zu dem steht, was sie versprochen hat: Sie wird ihre lockere Geldpolitik zum Jahresende ein wenig straffen. Das hat EZB-Präsident Mario Draghi vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europa-Parlaments noch einmal unterstrichen, nachdem es zuletzt Spekulationen gegeben hatte, die EZB könne aufgrund der finanziellen Lage Italiens und des rückläufigen Wachstums doch noch einknicken. Der EZB-Rat geht aber weiterhin davon aus, so Draghi, dass das billionenschwere Programm der Anleihenzukäufe im Dezember enden werde. Es sei normal, dass das Wachstum in der Spätphase eines Aufschwungs schrittweise nachlasse: "Ein Teil der Abschwächung dürfte zudem vorübergehend sein."

Die EZB hat in den vergangenen Jahren die großzügigste Geldpolitik ihrer Geschichte umgesetzt. Die Währungshüter pumpten durch den Ankauf von Anleihen 2,6 Billionen Euro in die Finanzmärkte. Der Leitzins liegt bei null Prozent. Das billige Geld führte zu steigenden Preisen an den Aktien- und Anleihemärkten. Die Investoren haben sich an die Nullzinspolitik gewöhnt. Eine geldpolitische Kehrtwende muss daher sorgsam und vorsichtig vorgenommen werden, um eine Verkaufspanik an den Börsen zu verhindern. Die EZB will daher auf ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung das Ankaufprogramm vorsichtig beenden. Um genau zu sein: Sie wird den Erwerb zusätzlicher Anleihen im Wert von 30 Milliarden Euro monatlich beenden. Allerdings wird die EZB auslaufende Anleihen ersetzen. Wenn also eine Bundesanleihe nach Ende der Laufzeit zurückbezahlt wird, steckt die Zentralbank das Geld in einen neuen Schuldschein. Somit bleibt die EZB auch in den kommenden Jahren der wichtigste Akteur am Anleihenmarkt.

Die Wirtschaft im Euroraum ist im dritten Quartal so langsam gewachsen wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr. Italien steckt mit einem Fuß in der Rezession, auch in Deutschland nimmt der Schwung ab. "Die zuletzt so erfolgsverwöhnte deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal um 0,2 Prozent gegenüber dem Frühjahrsquartal geschrumpft, nachdem sie im Vorquartal noch um 0,5 Prozent zulegen konnte", sagt Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank. "Dies war der erste Rückgang seit dem Winterquartal des Jahres 2015."

Europas Wirtschaft war zuletzt so stark gewachsen wie seit Ausbruch der Finanzkrise 2007 nicht mehr. Die Inflationsrate ist inzwischen auf über zwei Prozent gestiegen und hat damit die Zielmarke der EZB erreicht. Es wäre also Zeit für eine Leitzinserhöhung. Draghi deutete an, im Herbst 2019 könne es soweit sein. Allerdings nur, wenn die Wirtschaft weiter wächst und die Inflation stabil bleibt.

© SZ vom 28.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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