Angst vor Protektionismus:Bundesregierung verärgert über Sarkozy

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Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt Frankreich vor einer Begünstigung der Autoindustrie - aus Angst um die deutschen Exporte.

N. Fried und C. Hulverscheidt

Die Bundesregierung ist verärgert über das Verhalten des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Anlass sind nicht nur dessen geplante Hilfen für die französische Autoindustrie, die in Berlin als Protektionismus wahrgenommen werden, sondern auch Sarkozys Dringen auf die Einrichtung einer europäischen Wirtschaftsregierung.

Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy (Foto: Foto: Reuters)

Kanzlerin Angela Merkel sagte am Mittwoch mit Blick auf Sarkozys Alleingang zum Schutz der Autoindustrie, die Teilnehmer am Binnenmarkt müssten "schon auf dem gleichen Spielfeld" bleiben. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, Deutschland werde gegen protektionistische Tendenzen streiten, von wo auch immer sie kämen.

Sarkozy hatte zuvor ein zinsgünstiges Kreditprogramm in Höhe von sechs Milliarden Euro für die Autohersteller Renault und Peugeot/Citroën angekündigt. Im Gegenzug wurden die Autobauer zu Standort- und Jobgarantien für fünf Jahre verpflichtet. In deutschen Regierungskreisen hieß es, man gehe davon aus, dass dieses Vorhaben gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoße. Es müsste dann von der EU-Kommission kassiert werden. In Berlin wird jedoch befürchtet, Kommissionspräsident José Manuel Barroso könne aus Sorge um seine Wiederwahl eine Konfrontation mit Frankreich meiden.

Ein Sondergipfel als Kompromiss

Zwischen Merkel und Sarkozy war es bereits am Wochenende auf der Sicherheitskonferenz in München zu einer heftigen Debatte gekommen. Der französische Präsident hatte für einen Gipfel der Euro-Staaten geworben, also der Teilnehmerstaaten der Währungsunion. Trotz gegenteiliger Absprachen mit Merkel will Sarkozy dieses Gremium am liebsten unter seinem Vorsitz als feste Einrichtung und damit faktisch als europäische Wirtschaftsregierung etablieren. Merkel hat dieses Ansinnen bereits wiederholt abgewehrt. Merkel und Sarkozy hatten sich am Samstag als Kompromiss auf den inzwischen von der tschechischen Präsidentschaft angekündigten EU-Sondergipfel am 1. März geeinigt.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück will seine Kollegen aus den sieben führenden Industrienationen (G7) bei einem Routinetreffen am Samstag in Rom eindringlich vor einer Abschottung ihrer Märkte warnen. "Für Deutschland mit seiner exportorientierten Wirtschaftsstruktur sind offene Märkte zwingend", sagte Steinbrücks Staatssekretär Jörg Asmussen am Mittwoch in Berlin. Setzten sich die in der Welt "aufkeimenden protektionistischen Tendenzen" durch, "wäre Deutschland der Verlierer". Steinbrück werde sich deshalb am Rande des G-7-Treffens auch mit dem neuen amerikanischen Finanzminister Timothy Geithner und dem Chef der Welthandelsorganisation, Pascal Lamy, treffen.

Sorgen bereiten der Bundesregierung insbesondere Klauseln in den Konjunkturprogrammen anderer Staaten, die darauf abzielen, dass öffentliche Hilfen für Unternehmen an den Kauf heimischer Produkte geknüpft werden. Steinbrück hatte sich bereits bei einer Telefonkonferenz der G-7-Finanzminister am Montag gegen jede Form des Protektionismus ausgesprochen - offenbar mit Erfolg: Die so genannte "buy-american"-Klausel im Konjunkturprogramm der US-Regierung wurde im Anschluss deutlich abgeschwächt.

© SZ vom 12.02.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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