Angst ums Sparbuch:Eine Sorge, die nicht vergeht

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Wegen der Krise bangen viele Sparer immer noch um ihre Einlagen. Im schlimmsten Fall aber muss der Staat einspringen

Marco Völklein

Mittlerweile ist es wieder abgeschaltet, das Finanzkrisen-Beratungstelefon der Verbraucherzentralen. Als im Herbst mit der Pleite der US-Bank Lehman Brothers die Finanzkrise einen zwischenzeitlichen Höhepunkt erreicht hatte, war das anders. Viele Bürger fragten: "Wie sicher ist mein Geld?"

Die Sparguthaben der Bürger sind nach einem dreistufigen Modell abgesichert (Foto: Foto: dpa)

Mehr als 100.000 Kontakte zählten die Hotline-Mitarbeiter. Auch wenn jetzt wieder Ruhe herrscht unter den Sparern, ist die Frage nach der Sicherheit weiter aktuell. Ständig sind immer wieder neue Hilfen für Geldinstitute im Gespräch.

Abgesichert sind die Sparguthaben der Bürger nach einem dreistufigen Modell: Es gibt eine staatlich vorgeschriebene Grundsicherung, in die private Banken mit deutscher Bankzulassung einzahlen müssen. Diese sichert aber nur 90 Prozent der Einlagen eines Sparers ab, maximal 20.000 Euro.

Für jeden Betrag, der diese Grenze überschreitet, kommt bei den privaten Banken der Einlagensicherungsfonds auf, eine Art Feuerwehr-Topf für den Notfall. In diesen Topf zahlen die Banken Geld ein. Geht ein Institut pleite, werden die Sparer mit diesem Geld ausgezahlt. So die Theorie.

Soffin spielt Feuerwehr

In der Praxis stellt sich die Frage: Wie viel Geld ist eigentlich im Topf? Eine Antwort bleibt der Bankenverband schuldig. Er hält die Summe geheim. Die deutsche Tochter der Pleitebank Lehman war ebenfalls Mitglied im Einlagensicherungsfonds. Vor allem institutionelle Anleger, also Kommunen, Firmen, Sozialversicherungsträger, hatten bei Lehman in Deutschland laut Schätzungen rund 6,5 Milliarden Euro angelegt, die nun entschädigt werden müssen.

Doch den Banken fehlt offenbar die Kraft, den Lehman-Brand mit eigenen Mitteln zu löschen: Der staatliche Bankenrettungsfonds Soffin musste Garantien für eine Anleihe stellen, die der Bankenverband ausgibt, um Geld für die Entschädigung einzusammeln.

Abnehmer der Anleihe sind die Mitgliedsbanken des Rettungsfonds - die wiederum hinterlegen die staatlich garantierten Anleihen als Sicherheit bei der Bundesbank, von der das Geld kommt. Der Staat gibt sich damit quasi selbst seine Sicherheiten.

"Das sieht in der Tat nicht sonderlich stabil aus, sagt Arno Gottschalk, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Bremen. Und auch Dorothea Mohn, Referentin für Kapitalanlage beim Verbraucherzentrale-Bundesverband (VZBV) findet, dass "Frau Merkel eigentlich ein großes Interesse daran haben müsste, dass diese Sicherungssysteme stabil sind und greifen".

Denn die Bundeskanzlerin hatte im vergangenen Herbst die sogenannte "Merkel-Garantie" abgegeben: Sollte der Einlagensicherungsfonds der privaten Banken oder die beiden anderen Sicherungssysteme, die die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen jeweils unterhalten, ins Wanken geraten, dann würde der Staat in letzter Konsequenz für die Spareinlagen garantieren. Das ist die dritte Sicherheitsstufe.

Die "Merkel-Garantie" gilt nach wie vor - und alle, die man fragt, ob das Geld der Sparer sicher ist, verweisen auf diese Zusage. Allerdings muss man auch wissen: Die Merkel-Garantie gilt nur für Institute, die einem der drei deutschen Einlagensicherungssysteme angehören, also entweder dem Fonds der privaten Banken oder den Systemen der Genossenschaftsbanken sowie Sparkassen. Einige in- und ausländische Banken, die nicht bei der deutschen Einlagensicherung mitmachen, fallen nicht unter den Schutz der Merkel-Garantie.

Das haben zuletzt auch die etwa 30.000 Kunden der isländischen Kaupthing Bank schmerzlich erfahren müssen, die seit vergangenem Herbst nicht mehr an ihre Konten herankommen. Zuvor war die Bank, wie der gesamte Inselstaat, in schwere Turbulenzen geraten. Die Bank wurde unter staatliche Kontrolle gestellt. Seither warten die Anleger auf ihr Geld.

Nicht nur auf Konditionen achten

Verbraucherschützer raten daher dringend, bei der Entscheidung für eine Sparanlage nicht nur auf die Zinskonditionen zu achten - sondern auch darauf, welche Einlagensicherung im Notfall greift. Das Finanzportal biallo.de, das Übersichten zu Tages- und Festgeldkonten sowie anderen Sparformen bietet, führt auch explizit auf, wie die Gelder bei den einzelnen Anbietern gesichert sind.

Wichtig ist aber auch: Das Versprechen der Kanzlerin, im Notfall werde der Staat für die Sparguthaben einstehen, ist lediglich eine politische Absichtserklärung, keine juristisch einklagbare Zusage. Und es bezieht sich nur auf private Guthaben, nicht auf Unternehmenskonten. Das hat manchen Freiberufler und Selbständigen veranlasst, Geld vom Firmen- aufs Privatkonto umzuschichten.

In Gesetzesform wurde die Merkel-Garantie nie gegossen. VZBV-Expertin Mohn fordert, die Zusage "gesetzlich zu fundieren". Grundsätzlich habe der Verbraucherverband zwar keinen Zweifel daran, dass die Regierung zu ihrem Versprechen im schlimmsten Fall stehen würde.

"Andernfalls wäre sie am nächsten Tag wohl auch eine Ex-Regierung", ergänzt der Bremer Verbraucherschützer Gottschalk. Im Herbst wählt Deutschland ein neues Parlament; danach bildet sich formal eine neue Regierung. Die Frage ist: Gilt auch dann noch die Zusage von Frau Merkel aus dem Herbst 2008?

© SZ vom 21.03.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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