Anglo American:Rabiater Kurs

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Der Bergbaukonzern streicht 85 000 Stellen. Nach der Schließung von Minen und dem Verkauf von Beteiligungen sollen nur noch 50 000 Stellen bleiben.

Von Björn Finke, London

Eine drastische Ankündigung: Der britisch-südafrikanische Bergbaukonzern Anglo American will in Zukunft 85 000 Menschen weniger beschäftigen als heute. Gegenwärtig hat das Unternehmen mit Sitz in London 135 000 Mitarbeiter, nach Verkäufen und Schließungen von Minen sollen es nur noch 50 000 sein. Das verkündete Vorstandschef Mark Cutifani am Dienstag in der britischen Hauptstadt. Einen Zeitplan gibt es allerdings nicht. Cutifani verschärft damit sein Sparprogramm. "Wir sind jetzt einen Schritt weiter gegangen", sagte er. "So wie der Markt ist, mussten wir aggressiver vorgehen."

So wie der Markt ist: Damit beklagt der australische Manager, dass die Preise für viele Rohstoffe stark gefallen sind und sich bislang nicht erholen. Darunter leidet die ganze Branche. Rivale Glencore aus der Schweiz muss wegen der niedrigen Preise ebenfalls sparen und Unternehmensteile verkaufen. Glencore strich außerdem die Dividende an die Aktionäre. Anglo American tut es dem Konkurrenten jetzt gleich.

Dabei schätzen Anteilseigner Rohstoffkonzerne gerade wegen ihrer hohen Dividenden. An den Finanzmärkten kam die Entscheidung darum schlecht an: Der Aktienkurs der Firma, deren Papiere zum Londoner Börsenindex FTSE 100 gehören, fiel am Dienstag zwischenzeitlich auf ein Rekordtief; auch die Titel weiterer Bergbaukonzerne litten.

Die Tochter De Beers fördert Diamanten. Auch Platin, Kohle und Eisen verkauft der Konzern

Die Firmen haben über Jahre hinweg in neue Minen investiert und die Förderung gesteigert. Doch nun hat sich die Konjunktur in China abgekühlt, dem wichtigsten Abnehmer vieler Metalle und anderer Rohstoffe. Das drückt auf die Nachfrage - und die Preise. Glencore und Anglo American haben zudem hohe Schulden angehäuft, deren Tilgung bei niedrigen Notierungen mühsamer wird. Daher trifft sie der Abschwung härter als Rivalen wie BHP Billiton oder Rio Tinto. Im ersten Halbjahr verbuchte Anglo American drei Milliarden Dollar Verlust bei einem Schuldenstand von 13,5 Milliarden Dollar.

Anglo American fördert viel in Südafrika, etwa Platin und - über die Beteiligung De Beers - Diamanten. Die politischen Unruhen und Streiks in dem Land belasteten den Konzern zusätzlich. Vorstandschef Cutifani, der vor zwei Jahren angetreten war, entschied sich daher nun für die Radikal-kur. So verpasst er der Gruppe einen einfacheren Aufbau. Statt sechs soll es in Zukunft nur drei Geschäftsbereiche geben: Neben De Beers sind das die Sparte Industriemetalle, wozu etwa Platin gehört, sowie Massenrohstoffe, zu denen Kohle und Eisen zählen. Bislang betreibt das Unternehmen 55 Minen oder Werke. Die Zahl soll bis zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt auf 20 bis 25 sinken, der Rest wird verkauft oder dicht gemacht. Das wird die Zahl der Beschäftigten dramatisch auf nur noch 50 000 schrumpfen lassen.

Cutifani sagte, das sei nicht als völliger Rückzug aus bestimmten Regionen gedacht. Vielmehr gehe es darum, sich von wenig einträglichen Geschäften zu trennen. Die Zukunft gehört demzufolge Standorten, die selbst bei niedrigen Rohstoffpreisen gewinnbringend arbeiten. Auch bei den Investitionen spart der 57-jährige Manager: 2017 will er hier weniger als die Hälfte ausgeben als 2014. Der Verkauf von Firmenteilen soll vier Milliarden Dollar einbringen, eine Milliarde Dollar mehr als bislang angekündigt. Unter anderem stößt Anglo American sein Geschäft mit Phosphaten für Dünger und eine Platin-Beteiligung ab. Die gesunkenen Rohstoffpreise und Werksschließungen würden zu Belastungen von 3,7 bis 4,7 Milliarden Dollar führen, warnt das Unternehmen.

Dieser Kurs ist nicht nur hart, sondern auch teuer.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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