Amazonas-Brände:Brasilien reagiert doch

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Brüssel hält die Drohungen gegen Präsident Jair Bolsonaro, das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten zu stoppen, für erfolgreich. Es gibt im Land immer mehr Kritik am zögerlichen Kampf gegen die Flammen.

Von Daniel Brössler, Berlin

Im Streit über die Waldbrände im Amazonas haben Drohungen, das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten zu stoppen, nach Einschätzung der EU-Kommission bereits Wirkung gezeigt. "Wir sehen doch in den letzten Tagen, dass es verstärkt zu innenpolischen Diskussionen in Brasilien kommt. Die Wirtschaft sorgt sich. Auch innerhalb der Regierung gibt es Kräfte, die darauf drängen, dass man entschiedener einschreitet", sagte die EU-Generaldirektorin für Handel, Sabine Weyand, am Mittwoch in Berlin. Mittlerweile werde das Militär gegen die Brände eingesetzt, es ermittle die Staatsanwaltschaft. Zwar sei noch kein Erfolg im Kampf gegen die Flammen festzustellen, wohl aber auf der politischen Seite.

Frankreich und Irland hatten aus Empörung über die Untätigkeit des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro damit gedroht, das Abkommen mit der südamerikanischen Staatengruppe nicht zu unterzeichnen. Ähnlich äußerte sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Die "klare Botschaft", dass die Brände eine Ratifizierung des Abkommens durch die EU-Mitgliedstaaten behindern könnten, habe zu Reaktionen geführt, sagte Weyand.

Die EU und die Mercosur-Staaten hatten sich im Juni nach jahrelangen Verhandlungen auf ein umfassendes Handelsabkommen geeinigt. Es würde der EU durch den weitgehenden Wegfall von Zöllen in Südamerika einen Markt mit 260 Millionen Verbrauchern öffnen. Dafür bedarf es aber noch der Zustimmung durch das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten. Im "optimistischsten Szenario" werde das Abkommen im Herbst 2020 unterschriftsreif sein, sagte Weyand. Erfahrungsgemäß könne die Ratifizierung danach aber noch sehr lange dauern. Die Teile, die in der alleinigen Kompetenz der EU liegen, könnten nach einer Zustimmung durch das EU-Parlament allerdings vorläufig in Kraft treten. Wichtiger noch als die wirtschaftliche sei die geostrategische Bedeutung des Abkommens in einer Zeit, in "die internationale Ordnung insbesondere im Handelsbereich am seidenen Faden" hänge. "Uns geht es darum, dass Handelsbeziehungen auf der Grundlage der Stärke des Rechts stattfinden und nicht auf Grundlage des Rechts des Stärkeren", sagte Weyand.

Umwelt und Klimaschutz seien ein "ganz wichtiger Teil" der Vereinbarung, betonte sie. Es handele sich um das erste Handelsabkommen, das eine wechselseitige Verpflichtung zur effektiven Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Pariser Klima-Abkommen vorsehe, die gerade in Falle Brasiliens "durchaus ambitioniert" seien. Erfreulich sei, dass Präsident Bolsonaro nicht US-Präsident Donald Trump gefolgt sei, der das Abkommen verlassen hat. Das mit den Mercosur-Staaten vereinbarte Abkommen sieht einen Streitschlichtungsmechanismus, aber keine Sanktionen vor. "Wir werden den Regenwald nicht ohne die Länder der Region, geschweige denn gegen die Länder der Region retten können", sagte Weyand. Wenn der Amazonas ein globales öffentliches Gut sei, dürften die Kosten seiner Bewahrung nicht allein den Ländern der Region aufgebürdet werden. Das erfordere "umfassende internationale Zusammenarbeit", für die das Mercosur-Abkommen eine "zusätzliche Plattform" biete.

Nach erheblichen Konflikten etwa um das Handelsabkommen Ceta mit Kanada setze die EU auf volle Transparenz. So habe man alle Vertragstexte veröffentlicht. Diese Transparenz sei kein Selbstzweck, sondern solle einen "informierten Dialog" ermöglichen.

© SZ vom 29.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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