Altersvorsorge:Riester und Eichel im Vergleich

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Die meisten Arbeitnehmer profitieren von der abgabenfreien Gehaltsumwandlung à la Eichel stärker als von den Riester-Zulagen.

Thomas Öchsner

(SZ vom 06.04.02) - Das Geschäft mit der Riester-Rente läuft schlecht, viele Bürger warten derzeit auf betriebliche Angebote. Damit liegen sie goldrichtig: Modellrechnungen haben jetzt ergeben, dass der Großteil der Arbeitnehmer von der steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersvorsorge stärker profitiert als von den Zulagen, die der Staat für die private Vorsorge gewährt.

So wirkt sich die Förderung des Staates aus (Foto: N/A)

Für viele Sparer ist die Riester-Rente eine Rätsel-Rente: Es gibt Tausende von Angeboten. Die Förderwege sind verwirrend. Die Beratung fällt oft einseitig aus. Hinzu kommt, dass der Staat seit diesem Jahr zwei Arten der Altersvorsorge fördert. Die erste Variante hat das Bundesarbeitsministerium ausgetüftelt: die private Altersvorsorge, bei der es in erster Linie um staatliche Zulagen geht.

Überfordert

Die zweite Variante, die betriebliche Altersvorsorge, ist zwar ebenfalls Teil des Rentenreform-Pakets und wurde von Bundesarbeitsminister Walter Riester vorgestellt; federführend war jedoch das Bundesfinanzministerium. Denn bei der betrieblichen Altersvorsorge wird der Sparer mit Steuervorteilen und Sozialabgabenfreiheit belohnt. Deshalb setzt sich hier auch allmählich der Begriff "Eichel-Förderung" durch (nach Bundesfinanzminister Hans Eichel benannt). Bei der Entscheidung für einen der beiden Wege fühlen sich viele Rentenversicherungspflichtige überfordert.

Eine Schneise durch den Informations-Dschungel hat jetzt Professor Ulrich-Arthur Birk geschlagen. Der Jurist, der Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Bamberg lehrt, hat die Fördermöglichkeiten für Arbeitnehmer verglichen. Das Ergebnis: Die Hilfen des Staates bringen bei den betrieblichen Vorsorge-Varianten in den meisten Fällen mehr an Euro und Cent ein als bei den privaten Angeboten.

Auf den ersten Blick nur schwer vergleichbar

Auf den ersten Blick sind die beiden Hauptwege der Förderung nur schwer zu vergleichen. Bei der privaten Vorsorge, der so genannten Riester-Förderung, zahlt der Staat ab 2002 eine Grundzulage von 38 Euro jährlich, sofern der geförderte Sparer ein Prozent seines sozialversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens (minus Zulagen) in einen zertifizierten Vorsorge-Vertrag einzahlt. Wer Kinder mit Anspruch auf Kindergeld hat, bekommt zusätzlich eine Kinderzulage von zunächst 46 Euro pro Jahr und Kind. Die Förderung steigt bis 2008 in vier Stufen schrittweise an. Die Grundzulage beträgt dann 154 Euro, die Kinderzulage 185 Euro. Im Gegenzug muss der Sparer seine Vorsorgebeiträge ebenfalls anheben. 2008 sind dann vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens (minus Zulagen) fällig, um die volle Förderung zu erhalten. Darüber hinaus können Anleger mit einem Riester-Vertrag von einer zusätzlichen Entlastung durch den Sonderausgabenabzug profitieren.

Etwas anders sieht die neue Förderung bei der betrieblichen Altersvorsorge (BAV) aus, also die so genannte Eichel-Förderung. Der Kernpunkt ist dabei die - salopp formuliert - Vier-Prozent-Regel: Demnach können Arbeitnehmer bundesweit bis zu vier Prozent der für Westdeutschland geltenden Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung für die BAV umwandeln, ohne dass für diesen Teil des Gehalts Sozialbeiträge und Lohnsteuer fällig werden. Dies gilt sowohl für Beiträge des Arbeitgebers, als auch für die des Arbeitnehmers, sofern die Zahlungen in Pensionskassen, Pensionsfonds oder Unterstützungskassen oder so genannte Direktzusagen des Betriebs fließen. Direktversicherungen, also Kapitallebens- oder Rentenversicherungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abschließt, sind davon ausgenommen.

Wie attraktiv die Vier-Prozent-Regel ist, zeigt ein Rechenbeispiel: Ein Angestellter hat ein Bruttoeinkommen von 50.000 Euro. Er zahlt im Jahr 2002 vier Prozent der westdeutschen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in einen Pensionsfonds ein, um von der maximalen Förderung zu profitieren. Die BBG beträgt derzeit 54.000 Euro im Jahr. Eine Einzahlung von 2.160 Euro ist damit steuer- und beitragsfrei gestellt. Der Arbeitnehmer erspart sich dadurch 267,48 Euro an Sozialabgaben und 937 Euro Lohnsteuer im Jahr - ohne Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer gerechnet.

Musterfall angenommen

Wie ist nun ein Vergleich der Förderwege "Riester" und "Eichel" möglich? Birk geht von einem Muster-Arbeitnehmer aus. Dieser überweist ein Prozent seines Bruttoeinkommens aus dem Jahr 2002 über seinen Arbeitgeber an eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds und profitiert von der Abgabenfreiheit des Sparbeitrages. Oder wählt den anderen Weg und zahlt ein Prozent seines gleich hohen Einkommens aus dem Jahr 2001 (minus Zulage) in einen privaten Vorsorgevertrag ein - und profitiert von den Zulagen beziehungsweise den Steuerhilfen des Staates.

Diese Förderung kann er auch dann in Anspruch nehmen, wenn er sein Gehalt umwandelt und in eine Pensionskasse oder in einen Pensionsfonds einzahlt. Die Eichel-Förderung ist dann nicht relevant; es gelten die oben beschriebenen Modalitäten der Riester-Förderung, auch wenn das Produkt kein privater Vorsorgevertrag ist und die Sparbeiträge direkt vom Gehalt abgezogen werden.

Riester-Förderung für Geringverdiener attraktiv

Welche Förderung nun für den Arbeitnehmer günstiger ist, hängt vom Bruttogehalt, Familienstand, Zahl der Kinder und der Höhe der Sparleistung ab. In der Regel gilt aber: Geringverdiener kommen mit der Riester-Förderung besser weg. In allen anderen Fällen verbleibt mit der Eichel-Förderung nach Abzug der Sparleistung ein höheres Nettoeinkommen. Bei einem Verheirateten mit einem Kind und einem sozialversicherungspflichtigen Bruttogehalt von 45.000 Euro sind dies zum Beispiel 98 Euro pro Jahr.

Nicht berücksichtigt sind bei den Berechnungen von Birk der Ertrag und die Kosten der jeweiligen Produkte. Aber auch hier gilt: Die betrieblichen Angebote - die ersten Offerten werden voraussichtlich noch im April genehmigt - dürften besser abschneiden.

Nach den Recherchen des Professors ergeben sich im Jahr 2008 geringfügige Änderungen, obwohl die Riester-Förderung in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreicht. "Unterstellt man die Sozialbeiträge und das Einkommensteuergesetz von 2002, bleibt es im wesentlichen bei dem positiven Ergebnis für die betriebliche Förderung", sagt Birk. Zwar müssten Arbeitnehmer bei Nutzung der Eichel-Förderung mit einer etwas geringen Sozialversicherungsrente rechnen. Die Vorteile der Förderung machten dies aber mehr als wett.

Trotzdem kann es nach den Worten des Experten - sein Buch "Altersvorsorge" erscheint Ende April als Beck-Rechtsberater im dtv-Verlag - Fälle geben, für die die Eichel-Förderung nicht in Frage kommt: "Arbeitnehmer sollten die Finger davon lassen, wenn ihnen Arbeitslosigkeit oder Krankheit droht. Denn wegen der niedrigeren Bemessungsgrundlage fallen dann Arbeitslosen- und Krankengeld niedriger aus."

Übergangsfristen beachten

Bei der Eichel-Förderung gelten allerdings Übergangsfristen: Vom Jahr 2009 an entfällt auf die vom Arbeitnehmer bezahlten Vorsorgeprämien die Sozialabgabenfreiheit. "Dadurch verschieben sich die Rahmenbedingungen zu Gunsten der Riester-Förderung", erläutert Birk. "Arbeitnehmer, die überdurchschnittlich gut verdienen, werden aber immer noch mit der Eichel-Förderung besser wegkommen."

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