Altersvorsorge:Regierung reformiert schon wieder die Rente

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Gut zwei Jahre nach der großen Rentenreform von Ex-Arbeitsminister Walter Riester hat die Regierung erneut einen umfassenden Umbau der Alterssicherung beschlossen.

Von Andreas Hoffmann und Ulrich Schäfer

(SZ vom 04.12.03) - Sozialministerin Ulla Schmidt versprach, mit den langfristigen Eingriffen werde es der Koalition gelingen, den Rentenbeitrag in den nächsten 15 Jahren unter 20 Prozent zu halten. Derzeit liegt er bei 19,5 Prozent. Auch danach, bis zum Jahr 2030, würde der Beitrag allenfalls auf 22 Prozent steigen.

Protestierende Rentner. (Foto: Foto: dpa)

"Wir lösen das Versprechen ein, für Verlässlichkeit und Planbarkeit in solch schwierigen Zeiten zu sorgen", sagte Schmidt.

Der Kabinettsbeschluss sieht gravierende Änderungen vor; sie berühren die gesetzliche Rentenversicherung und die private Vorsorge. Insgesamt soll das Rentenniveau von heute 48 Prozent des Bruttolohnes bis 2030 auf unter 40 Prozent sinken.

Nachhaltigkeitsfaktor

Zu den wichtigsten Vorhaben zählt der Nachhaltigkeitsfaktor, der von 2005 an in die Rentenformel eingeführt wird. Dieser Faktor wirkt ähnlich wie der "demografische Faktor" von Ex-Arbeitsminister Blüm, den Rot-Grün 1998 abgeschafft hat.

Er berücksichtigt, wie sich Arbeitsmarkt und Lebenserwartung ändern und führt dazu, dass die Altersbezüge künftig langsamer steigen.

Daneben will Schmidt den Trend zur Frührente stoppen, Arbeitnehmer sollen nicht mehr mit 60, sondern erst mit 63 Jahren in Ruhestand gehen können.

Die Altersgrenze wird zwischen 2006 und 2008 angehoben, Einzel-Verträge zur Altersteilzeit für Arbeitnehmer, die vor 1952 geboren sind und bis Ende des Jahres abgeschlossen werden, erhalten aber Vertrauensschutz.

Erhöhungen doch weiter im Juli

Die Renten werden weiter im Juli erhöht. Ursprünglich wollte Schmidt die Rentenanpassung auf den Januar 2005 vorziehen, was wegen der Berechnungsmethode zu einer doppelten Nullrunde geführt hätte.

Der "Notgroschen" der Rentenversicherung, die Schwankungsreserve, soll von dem heutigen 0,2-fachen einer Monatsausgabe bis 2009 auf das 1,5-fache steigen, der Rentenbeitrag soll so in den nächsten Jahren nicht sinken.

Die Akademikerrenten werden gekürzt; künftig führt der Besuch einer Hoch- oder Fachhochschule nicht mehr zu einer höheren Rente. Lehre oder schulische Ausbildung, wie etwa für Hebammen, zählen aber weiter für die Rente.

Die Riester-Rente wird vereinfacht; statt elf Förderkriterien gibt es bald nur fünf. Es gibt keine Unisex-Tarife mit gleichen Bedingungen für Männer und Frauen, schließlich verbessert Schmidt die Provisionsregeln für die Makler, die Riester-Policen verkaufen.

Angleichung für Rentner und Pensionäre

Große Änderungen bringen auch die Pläne von Finanzminister Hans Eichel (SPD) zur Rentenbesteuerung. In den nächsten 35 Jahren will Eichel die Steuerregeln für Rentner und Pensionäre angleichen: Auch Angestellte und Arbeiter, die in den Ruhestand wechseln, müssen dann ihre Renten jenseits bestimmter Freibeträge versteuern, wobei der zu versteuernde Betrag schrittweise bis 2040 steigt.

Laut Eichel belastet die neue Steuer 1,3 Millionen Rentnerhaushalte stärker als heute; gut Dreiviertel der Rentner würde der Fiskus aber weiterhin schonen.

Im Gegenzug dürfen die Bürger ihre Beiträge zur Altersvorsorge künftig bis zu einer gewissen Höhe von der Steuer absetzen, wobei auch dies schrittweise geschieht, aber bis 2025.

Diese Grenzen steigen somit schneller als die Besteuerung. "Unterm Strich steht eine Entlastung der Bürger", sagte Eichel.

Nachgebessert

Der Finanzminister hat offenbar auf Druck der Versicherungsbranche sein Gesetz nachgebessert. Der erste Referentenentwurf sah vor, dass Bürger Beiträge bis zur Bemessungsgrenze der Rentenversicherung absetzen können.

Damit hätte ein Arbeitnehmer eine Jahres-Summe von 12.000 Euro absetzen können. Im Gesetzentwurf liegt der Betrag bei 20.000 Euro. Laut Ministerium entstünden durch die zusätzliche Förderung keine weiteren Einnahmeausfälle. Schmidt will den Gesetzentwurf mit der Opposition abstimmen, wobei der Bundesrat die Rentenbesteuerungspläne ohnehin absegnen muss.

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