Allianz:Verunsicherter Versicherer

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Die Allianz steht wie kaum ein zweites Unternehmen für deutsche Solidität. Angesichts der Finanzkrise zeigt auch sie sich wenig souverän.

Paul Katzenberger

Im internationalen Vergleich spielen mit Ausnahme der Deutschen Bank alle deutschen Institute nur in der Regionalliga - da ist es gut zu wissen, dass zumindest in der Versicherungsbranche noch ein deutsches Unternehmen ganz vorne dabei ist. Mit Grandeur hat das derzeitige Auftreten der Allianz allerdings nicht mehr viel zu tun. Das Geschäft von Europas Branchenprimus sieht derzeit aus wie die Gratwanderung zwischen belastender Vergangenheit und unsicherer Zukunft.

Die Allianz ist ihre Sorgentochter zwar los, doch auch das Kerngeschäft läuft holprig. (Foto: Foto: dpa)

So hat sich der Münchner Versicherungskonzern soeben seiner größten Risiken entledigt, indem er die Sorgentochter Dresdner Bank an die Commerzbank abgegeben hat.

Diese Trennung fiel schmerzlich aus, weil allein dafür im dritten Geschäftsquartal noch einmal ein Verlust von 1,4 Milliarden Euro zu Buche schlug. Wie wichtig es aber war, dass die Allianz einen sauberen Schlussstrich unter die Liaison mit der heruntergekommenen Großbank zog, zeigte der Verlust von 1,2 Milliarden Euro, den die Dresdner Bank der Allianz allein im dritten Quartal 2008 verschaffte.

Der Versicherungsriese kann sich nun auf sein Kerngeschäft konzentrieren, das aber lief im dritten Quartal auch nicht richtig gut. Der nun ausgewiesene Quartalsüberschuss von 545 Millionen Euro liegt deutlich unter den sonst üblichen Zahlen, angesichts der sich zuspitzenden Finanzkrise hatten viele Beobachter allerdings mit einem noch schlechteren Ergebnis gerechnet.

Als größtes Risiko im fortgeführten Geschäft - also ohne die Dresdner Bank - entpuppt sich derzeit der Bereich Lebens- und Krankenversicherungen. Hier rechnet die Allianz inzwischen mit weiteren Abschreibungen in Milliardenhöhe, weil in der Finanzkrise wohl weitere Wertanlagen dahinschmelzen werden.

Der Verlust von zwei Milliarden Euro, den die Allianz im dritten Quartal schließlich auswies, stach zwar unschön ins Auge, doch von den Beobachtern war er wegen der teueren Dresdner-Bank-Scheidung genau in dieser Höhe erwartet worden.

Dass die Allianz-Aktie am Montag gegen den sehr festen Markt Kursverluste hinnehmen musste, lag an den Unsicherheiten im Kerngeschäft. Die Allianz selbst konnte die Sorgen nicht entkräften: Wer sein Gewinnziel kassiert, weitere Abschreibungen in Milliardenhöhe schon einmal ankündigt und keine weiteren Prognosen stellen will, kann nicht auf den Glauben der Märkte hoffen.

Herbe Enttäuschung ist angesichts der Quartalszahlen dennoch nicht angebracht. Zuvor hatte es deutlich schlimmere Befürchtungen gegeben, die die Allianz vorerst aus dem Weg räumen konnte: Mit Argusaugen hatten die Beobachter nämlich auf die Solvabilitätsquote geschaut. Dieses Verhältnis von Verpflichtungen und unmittelbar verfügbaren Eigenmitteln lag nach Angaben der Allianz auch nach dem schlimmen Oktober bei soliden 152 Prozent.

Im Klartext heißt das: Der deutsche Versicherungsriese kann derzeit all seine Verpflichtungen selbst schultern. Auf den staatlichen Rettungsschirm sind die Münchner derzeit nicht angewiesen. Dass sich dies sehr schnell ändern könnte, diese Sorge haben die Allianz-Verantwortlichen allerdings keineswegs zerstreut.

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