Allerorts tippen:Das Kartellamt rüttelt am Lotto-Monopol

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Auch in Supermärkten und Tankstellen soll bald Lotto gespielt werden können. Das Bundeskartellamt will die staatlichen Lotteriegesellschaften dazu verpflichten, dort abgegebene Tippscheine anzunehmen.

Klaus Ott

Der Vorstoß der Wettbewerbsbehörde könnte das Lottowesen in Deutschland stark verändern. Bislang geben die Spieler ihre Tippscheine vor allem in den 25.500 Annahmestellen ab, die von den Lotteriegesellschaften der sechzehn Bundesländer zugelassen sind und kontrolliert werden.

Meist handelt es sich um kleinere Läden und Kioske. Ein noch geringer Teil der Menschen, die auf die richtigen Zahlen hoffen, macht über das Internet mit.

Das geschieht entweder direkt bei den Lottogesellschaften, oder bei privaten Anbietern wie der Fluxx AG aus Altenholz bei Kiel, die Geld und Tipps einsammeln und an die Staatslotterien weiterleiten. Für den Staat ist das Lotto ein großes Geschäft. Die Länder kassieren von ihren Lotteriegesellschaften mehrere Milliarden Euro pro Jahr aus Steuern und Abgaben.

Tippen am Automaten

Jetzt plant die Fluxx AG, die in Deutschland und weiteren Ländern seit Ende der neunziger Jahre Glücksspiele vermittelt (aber nicht selbst veranstaltet), ein neues, zusätzliches Netz von Annahmestellen aufzuziehen.

Die Fluxx AG will mit ihren Tochterfirmen Jaxx und Anybet in den nächsten beiden Jahren in 2000 Supermärkten und Tankstellen Automaten aufstellen, an denen die Kunden dann ihre Lottotipps eingeben und bezahlen können.

Mit der Handelskette Edeka und dem Zapfsäulenketten Oil und Orlen gibt es bereits Verträge; die ersten Automaten sind in Betrieb. Bei den Dingen des Alltags, die es dort zu kaufen gebe, dürfe auch der Lottoschein nicht fehlen, sagt Fluxx-Vorstandssprecher Rainer Jacken.

Das will der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB), in dem sich die Lotteriegesellschaften der Länder zusammengeschlossen haben, nicht akzeptieren. Der DTLB hat seine Mitglieder aufgefordert, keine Einsätze anzunehmen, die Fluxx mit Jaxx und Anybet in Supermärkten und Tankstellen kassiert.

Das von Jaxx eingeschaltete Bundeskartellamt in Bonn betrachtet dieses Vorgehen als unzulässige Bezugssperre und will nun einschreiten. In einem Brief an den Lotto- und Totoblock schreibt das Amt, man betrachte das als gesetzeswidrige Wettbewerbsbeschränkung bei der Vermittlung von Spieleinsätzen.

Die Bonner Behörde droht dem DTLB und dessen Mitgliedern an, den in einzelnen Ländern praktizierten Annahmestopp für Tippscheine aus Supermärkten zu untersagen. Der DTLB hat bis zum 25. Januar Gelegenheit, auf die Vorwürfe aus Bonn zu antworten. Danach will das Kartellamt entscheiden.

Die staatlichen Glücksspielbetriebe bleiben bislang hart. Die 2000 Supermärkte und Tankstellen bei Fluxx seien nur der Anfang, sagt Erwin Horak, Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern, die hier Lotto und die Sportwette Oddset veranstaltet sowie die Spielbanken betreibt. "Wir befürchten einen Wildwuchs und ein Anheizen des Spieltriebs." Das sei nicht im Sinne der Lotteriegesetze.

Kleine Läden bedroht

In denen steht, das staatliche Lottomonopol sei notwendig, um den Spieltrieb der Bürgern in geordnete Bahnen zu lenken. "Wir prüfen bei unseren Annahmestellen regelmäßig, ob alles korrekt abläuft", sagt Horak. Bei den neuen Stationen, die Fluxx plane, wisse man nicht, wer an der Kasse sitze und ob das Spielgeheimnis und der Jugendschutz gewährleistet seien.

Unheil fürchten auch die Geschäfte, die derzeit noch die Tippscheine verkaufen. Die Existenz vieler kleiner Läden sei durch die neue Konkurrenz gefährdet, warnt der Verband der Lotto-Toto-Annahmestellen in Bayern. Verbandschef Hubert Schmid sieht auch das Glücksspielmonopol des Staates bedroht. "Wenn es an jeder Supermarktkasse Lotto gibt, dann ist es mit dem Jugendschutz vorbei."

Die Bundesländer könnten ihre Aufgabe, Spiele und Wetten zu kontrollieren, nicht mehr erfüllen. Die Grundlage für das Monopol entfalle, eine Freigabe des Marktes für private Veranstalter wäre die Folge, glaubt Schmid.

Zu dieser Auffassung neigt offenbar das Kartellamt. In dem Schreiben an den DTLB bezweifelt die Bonner Behörde, dass die Lotteriegesetze der Länder mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar seien. Weder der Lotto- und Toto-Block noch seine Mitglieder hätten die Aufgabe übertragen bekommen, beim Glücksspiel für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen.

Die Konkurrenz auf diesem Markt sei weitgehend eingeschränkt. Deshalb sei der von privaten Vermittlern gewährleistete Restwettbewerb besonders schützenswert Die staatlichen Lottogesellschaften wollten Fluxx geschäftliche Nachteile zufügen, das sei nicht in Ordnung.

© SZ vom 16.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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