Alexandre de Juniac:Bloß weg hier

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"Ich übergebe meinem Nachfolger eine Firma, die Geld verdient, entschuldet ist und eines der besten Produkte der Welt hat." Alexandre de Juniac. (Foto: AFP)

Als Chef von Air France-KLM hatte Alexandre de Juniac eine Menge Ärger am Hals, vor allem wegen der zahlreichen Streiks. Nun hat er einen neuen Job - als Funktionär.

Von Jens Flottau

Falls Alexandre de Juniac noch Zweifel gehabt haben sollte, ob die Entscheidung für seinen neuen Job richtig gewesen ist, so dürften diese spätestens seit dieser Woche verschwunden sein. Pünktlich zum Start der Fußball-EM in Frankreich hat die größte Pilotengewerkschaft von Air France, die SNPL, einen neuen mehrtägigen Streik angekündigt. Und so endet de Juniacs Zeit als Chef von Air France-KLM so, wie sie auch verlaufen ist: im Streit zwischen Mitarbeitern, die unwillig sind, Reformen mitzutragen, und einem Management, gefangen zwischen politischen Zwängen und den ständig drohenden Streiks. 2014 hatten die Piloten so lange gestreikt, bis de Juniac seinen Vorschlag kassieren musste, den Billigableger Transavia schnell als neues Standbein aufzubauen.

Nun hat der 54-Jährige beschlossen, seine Karriere woanders fortzusetzen: Er wird neuer Chef der International Air Transport Association (IATA). Sein Vorgänger, der ehemalige Cathay-Pacific-Chef Tony Tyler, 61, trat nach fünf Jahren im Amt nicht noch einmal an. Dass ihn die Mitglieder des Weltverbandes der Fluggesellschaften auch wählen, gilt inzwischen als sicher.

"Ich übergebe meinem Nachfolger eine Firma, die Geld verdient, entschuldet ist und eines der besten Produkte der Welt hat", sagte de Juniac vor Kurzem.

Vor seiner Nominierung aber gab es hinter den Kulissen einige Turbulenzen. Zwischendurch hatten sich mehrere Kandidaten für den Posten warmgelaufen, darunter auch Turkish-Airlines-Chef Temel Kotil, 56. Hinter diesem standen vor allem die IATA-Mitglieder aus dem Nahen Osten. Doch Kotil war nicht durchzusetzen, und so rückte de Juniac in den Fokus. Als dieser sich bereit zeigte, den Posten zu übernehmen, schwenkte die Mehrheit im Verband auf den Air-France-Mann um.

De Juniac wird einiges zu tun haben, um Vorbehalte in der Branche abzubauen. Er hat als Air-France-Chef zusammen mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr versucht, durch Lobbyarbeit das Wachstum der Golf-Airlines zu beschränken. Dabei ging es darum, die Verkehrsrechte einzufrieren und Regeln für Staatshilfen zu definieren. Beides kam bei Emirates, Etihad oder Qatar Airways nicht gut an, zumal Air France vor nicht allzu langer Zeit selbst vom französischen Staat massiv gestützt worden war.

Air France-KLM gehörte auch zu den Unternehmen, die sich gegen die amerikanische Betriebserlaubnis für die Billigfluggesellschaft Norwegian Air International gewandt hat. Norwegian ist dabei, ein Langstreckennetz zwischen Europa und Nordamerika aufzubauen, was die Etablierten als Bedrohung betrachten. In seinen Vorstellungsrunden bei IATA soll de Juniac deutlich gemacht haben, dass er diese protektionistische Haltung als Air-France-KLM-Chef durchziehen musste, dass er aber bei der IATA in dieser Hinsicht neutral sein wird.

Wie in Frankreich üblich, hat de Juniac während seiner Laufbahn zwischen staatlichen und privaten Posten gewechselt. Nach 14 Jahren in der Luftfahrtindustrie unter anderem bei Thales wurde er 2009 für zwei Jahre Büroleiter der damaligen französischen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde, heute IWF-Chefin. 2011 wechselte er zu Air France und wurde weitere zwei Jahre später zum Leiter der Holding Air France-KLM befördert. Bei der IATA hoffen viele, dass de Juniac seine diplomatischen Fähigkeiten einsetzen kann, um der Branche zu helfen, wenn es um neue Steuern und Umweltauflagen geht. Mit Streiks wird er sich allerdings vermutlich weiter auseinandersetzen müssen: Seit Wochen protestieren die Airlines, weil die französischen Fluglotsen durch ständige Ausstände den Luftverkehr stören. Der neue IATA-Chef weiß ja, an wen er sich wenden muss.

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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