Airbus-Krise:Kunden auch mit umgemodeltem "A350" unzufrieden

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Airbus bekommt abermals Druck von einflussreichen Kunden. Sie fordern, den neuen A350 erneut zu überarbeiten - es wäre die dritte Revision des Langstreckenfliegers.

Jens Flottau

Zu den Kunden gehören den Informationen zufolge unter anderem die Fluggesellschaften Emirates, Singapore Airlines, Qatar Airways und das Leasingunternehmen ILSC.

Sie fordern Airbus dazu auf, den Kohlefaserrumpf in großen Teilen am Stück zu brennen. "Ich bin der Meinung, dass der aktuelle Airbus-Ansatz einen Zwischenschritt darstellt'', sagt Emirates-Airlines-Chef Tim Clark.

Airbus hatte sich nach langem Zögern im vergangenen Jahr entschieden, den Rumpf des neuen Flugzeuges ähnlich wie Konkurrent Boeing auch aus Kohlefasern herzustellen.

Kein Interesse an Nieten

Anders als bei der neuen Boeing 787 plant Airbus derzeit aber, einzelne Rumpfschalen aus Kohlefasern aneinanderzunieten. Kritiker befürchten unter anderem, dass dies einen deutlich höheren Wartungsaufwand bedeuten könnte. "Wir werden deswegen auf Dauer auch den Sektionsansatz wählen", glaubt Clark.

"Wir arbeiten auf der Basis des bisherigen Designs'', sagt hingegen eine Airbus-Sprecherin. Alles andere seien "Spekulationen". Sie wies auch Gerüchte zurück, Airbus könnte einen erneuten Strategiewechsel bereits bei der Luftfahrtmesse von Le Bourget Mitte Juni verkünden.

Nach den Schwierigkeiten beim Großraumflugzeug Airbus A380 und dem A350 bringen die neuen Forderungen Airbus beim A350-Programm nun in die nächste Verlegenheit. Das Flugzeug sollte ursprünglich nur eine leicht modernisierte Version des seit Mitte der neunziger Jahre fliegenden A330 werden.

Doch als immer mehr Kunden die konkurrierende Boeing 787 bestellten und ILSC-Chef Stephen Udvar-Hazy öffentlich Kritik an den allzu konservativen Airbus-Plänen äußerte, sah sich der Hersteller zu einer ersten Kehrtwende gezwungen und entwarf ein komplett neues Konzept, den A350 XWB. Die Maschine sollte zunächst aber immer noch aus Metall gefertigt werden, während Boeing von vorneherein auf Kohlefasern setzte.

In einem zweiten Schwenk entschied sich Airbus schließlich doch für Faserverbundwerkstoffe, die gleichzeitig leichter und robuster als Metall zu sein versprechen und damit einen wichtigen Beitrag für geringeren Treibstoffverbrauch der Flugzeuge leisten können.

Um die Kosten zu begrenzen und die eigenen technologischen Fähigkeiten nicht zu überreizen, verwendet Airbus zwar ein neues Material, doch das Konstruktionsverfahren bleibt vergleichsweise wenig verändert.

Erhebliche Investitionen in Technologie und Infrastruktur

Um wie Boeing ganze Rumpfsektionen am Stück in großen Autoklaven brennen zu können, müsste Airbus Branchenkennern zufolge erneut erheblich in Technologie und Infrastruktur investieren.

Jedoch sind die Entwicklungskosten für den A350 sowieso schon sprunghaft von ursprünglich etwa vier auf mittlerweile zehn Milliarden Euro angestiegen. Das Flugzeug kommt zudem frühestens 2013 auf den Markt, fünf Jahre nach dem Konkurrenzflugzeug von Boeing.

Die zweijährige Verzögerung beim größeren A380, der erst im Oktober 2007 an Singapore Airlines ausgeliefert werden soll, und die hohen Investitionen in die A350 haben Airbus und den Mutterkonzern EADS wirtschaftlich stark geschwächt und zu dem Sanierungsplan Power 8 veranlasst, der jährlich Kostensenkungen von mindestens 2,1 Milliarden Euro vorsieht.

Weitere Kosten oder ein späterer Auslieferungstermin wären demnach kaum mehr verkraftbar. "Der Auslieferungstermin ist zwar wichtig, aber der Entwurf muss auch stimmen", sagt Clark.

Der Druck aus der Branche auf Airbus dürfte sich in den nächsten Wochen voraussichtlich weiter erhöhen. Anfang Juli stellt Boeing beim sogenannten Roll-Out, der offiziellen Markteinführung, das erste Exemplar seines Flugzeugs Boeing 787 vor.

Der Hersteller hat ausgewählten Kunden schon vorab Einblicke in die Endmontagelinie ermöglicht und ist dem Vernehmen nach auf eine sehr positive Resonanz gestoßen. Das bislang einigermaßen problemfrei verlaufende Programm sorgt bei Airbus für zusätzliche Nervosität.

Trotz einiger Schwierigkeiten mit Lieferanten, die mit hohem finanziellen Aufwand von Boeing-Ingenieuren unterstützt werden müssen, und einiger außerplanmäßiger Nacharbeiten hat sich Boeing bislang an den ursprünglich ausgegebenen Zeitplan gehalten. Die Boeing 787 soll im Mai nächsten Jahres erstmals ausgeliefert werden.

© SZ vom 29.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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