Affäre um Haushaltstricks:Stoiber fordert harte Strafe für Griechenland

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Brüssel solle einen Teil der Milliardenhilfen zurückfordern, die Athen erhalten habe, sagte der CSU-Chef. Die EU-Statistikbehörde Eurostat geht mittlerweile davon aus, dass Griechenland sich schon den Euro-Beitritt mit falschen Zahlen erschlichen hat. Auch Dänemark habe unkorrekte Berechnungen vorgelegt.

Von Ulrich Schäfer und Alexander Hagelüken

Berlin - Stoiber übte scharfe Kritik an den EU-Behörden und der Anfang des Jahres abgewählten sozialistischen Regierung in Athen, die jahrelang falsche Zahlen nach Brüssel gemeldet hatte: "Diejenigen, die diese Betrügereien und Täuschungen gemacht haben, aber auch diejenigen, die sie nicht bemerkt oder sogar gedeckt haben, tragen eine riesige Verantwortung", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

"Durch diesen Vorgang wird das Vertrauen in den Euro untergraben." Stoiber hatte wiederholt davor gewarnt, Länder mit unsolider Finanzpolitik in die Euro-Zone aufzunehmen.

"Förderung einstellen"

Er forderte nun, sämtliche Sanktionsmöglichkeiten auszuschöpfen: "Solch ein Betrug zu Lasten des Euro muss bestraft werden". Die EU solle einen Teil der Hilfen aus dem Kohäsionsfonds zurückfordern, die Griechenland seit 2000 erhalten hat.

Zudem soll Athen bis 2007 kein Geld mehr aus dem Fonds bekommen. Insgesamt geht es um bis zu drei Milliarden Euro, von denen bislang 1,1 Milliarden ausbezahlt worden sind. Währungskommissar Joaquin Almunia sprach sich gegen Strafen aus. Entscheidend sei, dass Athen 2005 sein Defizit unter drei Prozent halte.

Der Skandal um die Haushaltszahlen war Anfang der Woche aufgeflogen und weitet sich immer mehr aus. Mittlerweile hegt Eurostat den Verdacht, dass Griechenland nicht nur in den letzten vier Jahren, sondern schon 1998 und 1999 das Defizit geschönt hat, und damit in den Jahren, die für den Euro-Beitritt des Landes entscheidend waren.

Pensionsverpflichtungen falsch verbucht

Von der Öffentlichkeit bisher unbemerkt hat die Statistikbehörde am Donnerstag zudem die dänischen Haushaltszahlen für 2003 korrigiert. Weil Pensionsverpflichtungen falsch verbucht worden waren, hat Eurostat den Haushaltsüberschuss von 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 0,3 Prozent gekürzt. Dänemark gehört allerdings nicht der Währungsunion an.

Das EU-Statistikamt erweckt inzwischen den Eindruck, bei Manipulationen weitgehend hilflos zu sein. Die Behörde müsse Informationen vertrauen, sagte Eurostat-Chef Michel Vanden Abeele.

Seine Behörde habe nicht das Recht, nationalen Ministerien Überraschungsbesuche abzustatten. Vanden Abeele verlangte eine entsprechende Ermächtigung und mehr Personal für sein Amt. Bisher befassen sich nur 20 Mitarbeiter mit der Prüfung der Haushaltszahlen.

Das Augenmerk richtet sich immer mehr auf die politische Verantwortung für den Skandal. Vanden Abeele soll den früheren EU-Währungskommissar Pedro Solbes zweimal darauf hingewiesen haben, dass im Fall Griechenlands etwas geschehen müsse.

Bereits 2002 hatte Eurostat erklärt, man sehe sich wegen "fehlender oder unvollständiger Informationen außer Stande", die von Athen "gemeldeten Zahlen zu verifizieren".

Sie müssten "vermutlich revidiert werden", heißt es in einer Mitteilung vom September 2002. Ähnlich hatte Eurostat bereits im März 2002 gewarnt, ohne auf der politischen Ebene durchzudringen.

Offenbar gibt es auch mit anderen Ländern Probleme. So bemüht sich eine Eurostat-Arbeitsgruppe, einen Streit zwischen mehreren nationalen Statistikämtern und Eurostat über die Verbuchung von Militärausgaben zu schlichten.

Die abgewählte griechische Regierung hatte sich auf eine Mitteilung aus Brüssel berufen, wonach Rüstungsgüter erst im Haushalt auftauchen müssen, wenn sie geliefert werden.

Länder wie Deutschland dagegen beharren darauf, entscheidend sei der Zeitpunkt der Bezahlung.

© SZ vom 25.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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