Absehbares Aus für VW-Gesetz:Ende der Kumpanei

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Das absehbare Aus für das VW-Gesetz macht Schluss mit Sonderrechten, die mehr schaden als nutzen. Im internen Machtkampf profitiert zwar zunächst Großaktionär Ferdinand Piëch, aber auch seine Macht ist nicht mehr zementiert.

Alexander Hagelüken

Vielleicht sehen viele Arbeitnehmer den Fall ja als Paradebeispiel dafür, was ihnen durch die Globalisierung droht.

Dunkle Wolken über der VW-Hauptverwaltung in Wolfsburg. Im Machtkampf bei dem Konzern werden die Karten neu gemischt. (Foto: Foto: ddp)

Volkswagen, Deutschlands größter Autokonzern, wird seit fast 50 Jahren durch ein Gesetz geschützt. Dessen Paragraphen sichern der niedersächsischen Landesregierung eine so starke Stellung, dass sie zusammen mit den Betriebsräten das Unternehmen dominiert.

Und jetzt kommen die Brüsseler Kommissare und kippen das staatliche Schutzgesetz, aller Voraussicht nach unterstützt durch den Europäischen Gerichtshof.

Ist das ein Angriff auf die Belegschaft, wie der Betriebsratschef behauptet? Werden die Arbeitnehmer zu Opfern einer ,,neoliberalen Kommission''?

Mehr geschadet als genutzt

Die Entwicklung von Volkswagen legt einen anderen Schluss nahe: Der staatliche Einfluss hat dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern mehr geschadet als genutzt.

Allein seit Anfang der neunziger Jahre wurde VW zwei Mal zum Sanierungsfall, weil die Produktionskosten in die Höhe schossen und selbstherrliche Manager zu lange am Steuer blieben.

Verschuldet hat diese Probleme das System VW, die gesetzlich geförderte Kumpanei von Politikern und Gewerkschaftern im Aufsichtsrat.

Bizarres System

Maßgeblich war nicht, wie ein Manager den Konzern lenkte, sondern ob er die keineswegs grauen Eminenzen günstig stimmte. Bizarrster Ausdruck dieses Systems waren die Lustreisen für Betriebsräte, finanziert aus der Konzernkasse. Wahrscheinlich dienten die Volkswagen-Vorschriften als einziges deutsches Gesetz der Förderung der Prostitution.

Vor dem Weltmarkt schirmt das VW-System die Beschäftigten höchstens kurzfristig ab. Auf Dauer entscheidet über ihre 180.000 Jobs in deutschen Fabriken nur eines: Wie viele Autos Volkswagen zu konkurrenzfähigen Kosten herstellt und verkauft.

Diese Binsenweisheit versuchten Politiker und Gewerkschafter bei VW außer Kraft zu setzen. Umso brutaler fällt die Anpassung an die Realität aus, das Nachholen der Modernisierung, die Korrektur überhöhter Löhne. Das Gesetz schützt die Arbeitnehmer nicht, es wiegt sie in falscher Sicherheit.

Was für ein schlechter Kaufmann der Staat ist, hat sich auch in anderen Fällen gezeigt. In Europa am deutlichsten in Frankreich.

Eindämmung des politischen Einflusses richtig

Daher ist es richtig, dass Brüssel den Einfluss der Politik auf VW und andere Firmen wie spanische Stromversorger und portugiesische Telefongesellschaften zurückdrängt.

Die Kommission stützt sich auf die EU-Verträge, die seit den fünfziger Jahren einen freien Kapitalverkehr vorsehen. Frei heißt nicht: Ohne Verpflichtungen für das Kapital. Es heißt nur: Investoren dürfen sich bei Firmen einkaufen und sie dazu bewegen, die Ware an den Kunden auszurichten.

Absurde Situation

Dass ein global exportierender Autokonzern schlecht vom Weltmarkt abzuschirmen ist, mag mancher noch einsehen. Aber sollte VW nicht wenigstens vor einer feindlichen Übernahme geschützt sein? Darf der größte deutsche Autokonzern in ausländische Hände fallen? Auch dies verhinderte das Gesetz und schuf eine absurde Situation, weil es für BMW oder DaimlerChrysler keinen Schutz gibt.

Alle Konzerne vor Übernahmen abzuschotten aber hätte eine einfache Wirkung: Andere Staaten würden kaum hinnehmen, dass deutsche Unternehmen ihre Firmen kaufen, wie BMW Rover oder Daimler Chrysler. Die Folge wäre ein protektionistischer Teufelskreis.

Das absehbare Ende des VW-Gesetzes wirkt sich auf den internen Machtkampf in Wolfsburg aus. Porsche und sein Großaktionär Ferdinand Piëch werden bestimmend, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff verliert an Einfluss.

Marktmechanismen

Doch Piëchs Macht ist keineswegs zementiert. Sobald das Gesetz fällt, können andere Investoren einsteigen - und Piëch unter Druck setzen, falls er den Konzern herunterwirtschaftet. Bei VW wirken künftig Marktmechanismen. Die Zeit der Sonnenkönige und Lustreisen ist vorbei, zum Wohle aller.

© SZ vom 14.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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