Abgasuntersuchung:Die lange Reise der Bio-Orange

Lesezeit: 2 min

Der Fruchtimporteur Eosta veröffentlicht die CO2-Emissionen, die der Transport von Obst verursacht.

Silvia Liebrich

Frisch geerntete Orangen aus Südafrika, knackige Äpfel aus Neuseeland - Bioobst und -gemüse hat häufig einen weiten Weg hinter sich, bevor es in deutschen Regalen landet. Weil die Bauern hierzulande den wachsenden Bedarf nicht mehr befriedigen können, kommt immer mehr Ware aus ökologischem Anbau von weit her.

Eine Bäuerin aus Mali trägt ihre Ernte auf den Markt in der Hauptstadt Bamako. (Foto: Foto: Reuters)

Über den Schaden, den diese Transporte durch den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 verursachen, wird heftig debattiert. Verlässliche Daten über diese vermeintlichen Umweltsünden waren für Verbraucher allerdings bislang kaum zugänglich.

CO2-Daten für jedes einzelne Produkt

Als erstes Unternehmen in der Branche veröffentlicht nun der niederländische Biofruchthändler Eosta CO2-Daten für jedes einzelne Produkt im Internet. Die Firma verkauft die Hälfte ihrer Waren auf dem deutschen Markt unter dem Label Nature & More.

"Wir wollen mit diesen Angaben für mehr Transparenz beim Verbraucher sorgen", sagt Volkert Engelsman, Gründer und Geschäftsführer von Eosta. Berücksichtigt werde in der Schadstoffbilanz der Transport mit Lastwagen und Schiff von der Farm bis in die Mitte Deutschlands sowie der Energieaufwand für die Kühlkette. Auf den Handel mit leicht verderblichen Früchten, die eingeflogen werden müssten, verzichtet Eosta weitgehend - aus Umweltschutzgründen, wie Engelsman betont.

Für den Wissenschaftler Michael Blanke von der Universität Bonn ist die Initiative des niederländischen Großhändlers ein erster Schritt in die richtige Richtung. "Angaben zu CO2-Emissionen zu einzelnen Produkten gibt es bislang im deutschen Handel nicht", bestätigt der Obstbauexperte. Einige andere europäische Länder seien da schon weiter. So werde etwa in Großbritannien zumindest eingeflogenes Obst oder Gemüse in den Lebensmittelgeschäften entsprechend gekennzeichnet.

Blanke reist regelmäßig rund um den Globus, um verlässliche Daten zu sammeln, wie viel Treibhausgase etwa eine Orange aus Südafrika verursacht, angefangen von der Erzeugung auf der Farm bis in deutsche Läden.

Kühlschiff oder Luftfracht?

Erstaunliches Ergebnis: die Bilanz von Überseeware fällt bei weitem nicht so schlecht aus, wie befürchtet. So verbraucht nach seinen Berechnungen ein Apfel aus Neuseeland nur 27 Prozent mehr Energie im Vergleich zu einer hier gezogenen Frucht. Dies gelte jedoch nur, wenn das Obst im Kühlschiff und nicht etwa per Luftfracht befördert werde, schränkt er ein.

Wer genau wissen will, welche Emissionen die eben gekauften Eosta-Kiwis aus Chile verursacht haben, muss dafür ins Internet gehen, auf die Website www.natureandmore.com und dort den Zahlencode eingeben, der auf der Verpackung steht. Mit diesem System will Eosta-Chef Engelsman nicht nur die CO2-Werte, sondern den gesamten Weg der Früchte bis zum Erzeuger sichtbar machen.

Kiwis mit der Nummer 230 stammen demnach von den Comfrut Farms in Chile. Dass deren Inhaber José Hidalgo auch Bioäpfel liefert, ist nur eine von vielen weiteren Informationen, die im Internet hinterlegt ist. Bis Hidalgos Früchte auf deutschen Tischen landen, haben sie den Angaben zufolge 170 Gramm CO2 je Kilo verursacht.

Transparenz bei Discountern unerwünscht

Der Obstexperte Blanke wertet es allerdings als Manko, dass Verbraucher nur auf dem Umweg über das Internet an die gewünschten Informationen kommen. "Besser wäre es, die Angaben würden direkt auf der Verpackung stehen." Gegen eine solche Auszeichnung sträubt sich nach seinen Erfahrungen aber vor allem der Lebensmitteleinzelhandel. "Die Händler befürchten dadurch Umsatzeinbrüche", vermutet er. Die Chance, sich dadurch von anderen Wettbewerbern abzugrenzen, werde verkannt.

Auch Eosta-Chef Engelsman hat diese Erfahrung gemacht. Zu seinem Kundenkreis zählen nach eigenen Angaben viele der großen deutschen Einzelhandelsketten, aber auch Discounter. Selbst die Kennzeichnung der von ihm gelieferten Ware mit dem Nature & More-Label sei häufig unerwünscht, sagt er. "Manche Abnehmer sehen darin eine Konkurrenz zu ihren Eigenmarken."

Mit dieser Politik werde eine größere Markttransparenz verhindert. Dabei sei der Wunsch nach mehr Information bei den Konsumenten groß, ganz besonders nach den Lebensmittelskandalen der vergangenen Jahre.

© SZ vom 06.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: