442 Milliarden Euro zu Topzins:Steinbrück feiert die EZB

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Die Europäische Zentralbank stellt den Banken fast eine halbe Billion Euro langfristig zu einem niedrigen Zins bereit. Der Bundesfinanzminister ist des Lobes voll - und warnt die Kreditinstitute.

Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften haben die Banken nach einer 442 Milliarden Euro schweren Finanzspritze der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einer größeren Kreditvergabe aufgefordert.

"In Deutschland gibt es keinen Grund, Kredite zu verweigern, weil angeblich nicht genügend Kapital vorhanden ist", sagt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (Foto: Foto: ddp)

"In Deutschland gibt es keinen Grund, Kredite zu verweigern, weil angeblich nicht genügend Kapital vorhanden ist", sagte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Die EZB habe ausreichend Geld bereitgestellt, um eine Kreditklemme zu vermeiden.

Die Ausgabe einjähriger Kredite an die Banken durch die EZB erklärte der Finanzminister "ausdrücklich für richtig".

Zinssatz: ein Prozent

Die Zentralbank hatte den Geschäftsbanken der Euroländer zuvor erstmals einen Kredit mit einjähriger Laufzeit gewährt, für den nur ein Zins von einem Prozent fällig wird. "Das versetzt die Banken eher in die Lage, wieder Kredite in ausreichendem Maße vergeben zu können", sagte der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. "Das ist deshalb ein Schritt gegen die deutlich sichtbare Kreditverspannung."

Besonders exportorientierte Industrieunternehmen hätten Probleme, die langsam wieder steigenden Aufträge vorzufinanzieren. Treier appellierte an die Banken, mehr Kredite mit längerer Laufzeit zu vergeben. Die Unternehmen bräuchten Planungssicherheit.

Banken reichen Zinsen nicht weiter

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte die Maßnahme der EZB. Das Grundproblem bleibe aber bestehen, sagte DGB-Chefvolkswirt Dierk Hirschel: "Nämlich, dass die Geschäftsbanken den niedrigen Zins nicht an Unternehmen und Verbraucher weiterreichen". Sie könnten sich zwar billig Geld besorgen, würden es aber teuer weiterverleihen.

Der Staat müsse daher in die Geschäftspolitik jener Banken eingreifen, die mit Steuergeldern gerettet wurden - etwa die Commerzbank. Diese Institute müssten zu einer größeren Kreditvergabe zu günstigeren Konditionen gezwungen werden. "Leistung darf es nur für Gegenleistung geben", sagte Herschel.

Weber droht den Banken

Bundesbank-Präsident Axel Weber hat unterdessen ebenfalls die deutschen Banken dazu aufgefordert, die Zinssenkungen der EZB an ihre Kunden weiterzugeben.

Sollte dies nicht geschehen, werde die Notenbank das Bankensystem umgehen müssen, um sicherzustellen, dass der Wirtschaft genügend zinsgünstige Kredite zur Verfügung stünden.

Es liege an den Banken, die günstige Refinanzierung bei der Zentralbank in günstige Kredite umzumünzen, sagte Weber. "Ich gehe davon aus, dass eine Kreditklemme verhinderbar ist, wenn die Banken mitmachen. Sollten sie es nicht tun, muss man als Notenbanker sehr deutlich machen, dass man dann dafür sorgen wird, dass es keine Kreditklemme geben wird."

Die Liquiditätsspritzen der Notenbanken hätten nicht in erster Linie das Ziel gehabt, die Banken zu retten, sondern die Realwirtschaft mit günstigen Krediten zu versorgen und die Konjunktur auch im Absturz noch einigermaßen am Leben zu erhalten.

© sueddeutsche.de/Reuters/hgn/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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