Wohnen:Wesener: Kostenschätzung für Enteignungen nicht aktuell

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Mehr als ein Jahr liegt der erfolgreiche Volksentscheid zur Enteignung von Wohnungsunternehmen in Berlin nun zurück. Ob die Vergesellschaftung tatsächlich kommt, ist aber weiter offen. Nun äußert sich der Finanzsenator zu den Kosten.

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Berlin (dpa/bb) - Gut 14 Monate nach dem Volksentscheid für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin hält Finanzsenator Daniel Wesener die amtliche Schätzung des Senats zu den möglichen Kosten für überholt. Die in den damaligen Abstimmungsunterlagen genannte Summe von 28,8 bis 36 Milliarden Euro für die Entschädigung der Wohnungskonzerne sei „vermutlich nicht mehr ganz up to date“, sagte der Grünen-Politiker am Mittwochabend in einer von den Initiatoren des Volksentscheids organisierten Diskussionsrunde, über die der „Tagesspiegel“ berichtete.

Zur Begründung erläuterte die Finanzverwaltung am Donnerstag auf Anfrage, dass sowohl die Kostenschätzung des Senats als auch die der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ auf Daten wie Bodenwert, Verkehrswert oder Zinssätzen beruhten, die sich mittlerweile geändert hätten. So sei zuletzt das Zinsniveau signifikant gestiegen. Die in Berlin aktiven börsennotierten Immobilienunternehmen hätten in diesem Jahr erheblich an Wert verloren. Gleichzeitig seien Finanzierungskosten für die öffentliche Hand deutlich gestiegen.

Die Initiative hatte die Entschädigungssumme für die Vergesellschaftung von mehr als 200.000 Wohnungen seinerzeit auf 7,3 bis 13,7 Milliarden Euro geschätzt, also deutlich niedriger als der Senat. Ein Sprecher des Bündnisses wertete Weseners Äußerungen als Bestätigung der eigenen Position.

Eine neue Summe nannte Wesener nicht. Sie dürfte aber auch aus Sicht des Senators heute niedriger anzusetzen sein als damals, zumal er als mögliches Kriterium zur Bemessung der Höhe eher den sogenannten Ertragswert als den Verkehrswert sieht. Bei ersterem spielen im wesentlichen die Mieteinnahmen eine Rolle, bei zweiterem auch spekulative Elemente. Ein Sprecher der Finanzverwaltung verwies in dem Zusammenhang darauf, dass die Höhe der möglichen Entschädigung in einem Vergesellschaftungsgesetz festgelegt werden müsse.

Die Wählerinnen und Wähler in Berlin hatten sich am 26. September 2021 mehrheitlich dafür ausgesprochen, gewinnorientierte Unternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen gegen Entschädigung zu enteignen. Die Hoffnung der Befürworter ist, dass sich der Anstieg der Mieten bremsen lässt, wenn mehr Wohnungen in öffentlicher Hand sind. Seit April berät eine vom Senat eingesetzte Expertenkommission darüber, ob und wenn ja wie das Anliegen umgesetzt werden kann. Im nächsten Frühjahr werden die Ergebnisse des Gremiums erwartet, auf deren Basis der Senat dann über sein weiteres Vorgehen entscheiden will.

© dpa-infocom, dpa:221208-99-829988/2

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