Skyr aus Island:Wenig Fett, viel Protein, noch mehr Erfolg

Lesezeit: 2 min

(Foto: Foto: Arla, Bearbeitung: SZ.de)

Die Isländer löffeln Skyr schon seit tausend Jahren. Jetzt entdeckt der Rest der Welt den säuerlichen Magerquark - und setzt das isländische Milchvieh unter Druck.

Von Lena Jakat

Also für Veganer ist das schon mal gar nichts. Die weiße Creme riecht nach Tier, ein bisschen käsig. Während ihre Konsistenz dem ersten Eindruck nach mit der von griechischem Joghurt mithalten kann, schmeckt sie aber völlig anders. Nämlich sauer. Wie säuerlicher Magerjoghurt mal sieben, plus dezente Muffigkeit wie die von Quark. Die Rede ist von Skyr.

Dieses traditionelle isländische Produkt liegt irgendwo zwischen Joghurt und Frischkäse und erfreut sich außerhalb seiner Heimat wachsender Beliebtheit. Seit Juni ist Skyr auch in Deutschland erhältlich.

Skyr, der Legende nach vor mehr als 1000 Jahren mit den Wikingern nach Island gekommen, ist so isländisch wie sonst nur Björk und Islandponys. Der achte der dreizehn isländischen Weihnachtsgesellen - er kommt zwischen Hurðaskellir, dem Türzuschläger, und Bjúgnakrækir, dem Wuststibitzer, am 19. Dezember -, heißt Skyrgámur, Skyr-Gierschlund. Die Isländer sind stolz auf ihren Skyr.

Woher denn jetzt?

In Deutschland, wo viele mit Skyr bislang ebenso wenig anzufangen wissen wie mit dem Wurststibitzer, soll der Magerquark vor allem sportliche, gesundheitsbewusste Menschen ansprechen. Skyr passt nämlich perfekt zu modernen Ernährungsstilen wie Low Carb, enthält er doch nur etwa 0,2 Prozent Fett, dafür mehr als zehn Prozent Eiweiß. Das steht so auch groß auf den Skyr-Bechern, die jetzt in München oder Berlin im Supermarktregal stehen. "Viel Protein, wenig Fett" oder, noch deutlicher: "+++ Protein +++ Protein +++ Protein +++". Diese Skyr-Sorten, obwohl mit isländischen Landschaften und Schönheiten beworben, werden von deutschen Molkereien produziert.

Dieser Hinweis ist deswegen nicht ganz unwichtig, weil sich der dänische Lebensmittelkonzern Arla vor einiger Zeit der geballten Macht isländischer Entrüstung ausgesetzt sah. Auf die Facebook-Anfrage eines britischen Skyr-Fans antwortete ein Mitarbeiter der Firma: "Hallo alle, sorry für die verspätete Antwort - der Zeitunterschied hier in Höfn macht es mir manchmal schwer. Ich kann bestätigen, dass dies derselbe Skyr ist, den ihr entdeckt habt, als ihr mein wunderbares Heimatland besucht habt." Daran stimmt dreierlei nicht: 1. Der Zeitunterschied zwischen Großbritannien und Island beträgt lediglich eine Stunde, und das auch nur im Sommer. 2. Arla hat seinen Sitz in Aarhus, Dänemark, und seine britische Zentrale in Leeds. 3. Der britische Skyr kommt nicht aus Island, sondern aus Deutschland.

Die isländische Molkereigenossenschaft MS und praktisch Skyr-Monopolist reagierte mit Spott und Entrüstung auf den Arla-Post - und mit einem neuen Werbespot. Darin trifft ein isländischer Skyr auf einen dänischsprechenden britischen Skyr, der in Deutschland produziert wurde.

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Nun könnte für sensible Konsumenten die augenscheinliche Lösung darin liegen, original isländischen Magerquark zu kaufen. Aber auch das ist nicht unproblematisch. Die Nachfrage nach Skyr ist in den vergangenen Jahren explodiert. Schon im vergangenen Jahr meldete MS, des Ansturms kaum noch Herr werden zu können. In den vergangenen fünf Jahren hätten sich die Absatzzahlen verzehnfacht.

Das Problem ist: Die enorme Nachfrage setzt die Milchkühe des Landes unter Druck. Die Population der Isländischen Milchkuh ist nur 25 000 Tiere groß (zum Vergleich: in Deutschland leben mehr als vier Millionen Milchkühe) und diese geben nicht sehr viel Milch. "Wir können diese Kühe nirgends sonst kaufen und das werden wir nie können", sagte die Agrarwissenschaftlerin Emma Eyþórsdóttir dem kanadischen Radio. Die isländischen Landwirte sähen keinen Weg, die Milchproduktion zu steigern, ohne das Vieh zu gefährden.

Also doch Skyr aus Bayern oder Brandenburg. Oder einfach wieder Quark.

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