Samstagsküche:Immer auf die Birne

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In der Küche ist der September seit jeher ein besonders vielversprechender Monat. Als Beweis dafür haben unsere Autoren ungewöhnliche Obstrezepte aus vier verschiedenen Regionen zusammengetragen.

In der Küche ist der September ein besonders vielversprechender Monat. Als Beweis dafür haben unsere Autoren ungewöhnliche Obstrezepte aus vier verschiedenen Regionen zusammengetragen.

Pochierte Birnen in Rot- und Weißwein

Rezept: In Mailand gibt es die schönsten Delikatessen-Läden, altmodisch mit Marmortresen, und mit Glück steht noch eine Schale mit tiefroten Birnen hinter der Theke. Pere cotte, in Wein gekochte Birnen, sind so einfach wie köstlich und als Dessert in Norditalien verbreitet. Wobei die dekorative Nachspeise langsam verschwindet - wohl auch weil die Art italienischer Oma mit Traditionsbewusstsein ausstirbt, die sich mit Wucht jeder lächerlichen Macaron- und Cupcake-Mode entgegenstemmen würde. Ein Roman führt die Pere cotte sogar als Symbol einer untergegangenen Epoche im Titel. Doch genug der Nostalgie. Köche wie der Lombarde Giorgio Locatelli halten den Kanon der Klassiker lebendig, und sei es von London aus, wo Locatelli seine sterngekrönte Locanda führt. Gedünstete Birnen sind ein Gericht seiner Kindheit, als im Garten der Eltern ein Birnbaum stand. "Wenn die Früchte Saison hatten, kamen sie uns bald zu den Ohren heraus", sagt er. Mit seinem Rezept kann das nicht passieren.

Zutaten (für 4 Personen): 4 reife Birnen, 300 ml Weißwein, 200 g feiner Zucker, je 2 Gewürznelken und Kardamomkapseln, 300 ml Rotwein, 1 Zimtstange, 1 Sternanis.

Zubereitung: Die Birnen schälen, halbieren, das Kerngehäuse entfernen und jede Hälfte längs dritteln. Die Hälfte der Birnenspalten mit Weißwein, 100 g Zucker, Nelken und Kardamom in einen Topf geben. In einen zweiten Topf die restlichen Birnen mit Rotwein, dem übrig gebliebenen Zucker, Zimt und Anis geben. Beide Töpfe etwa zehn Minuten bei schwacher Hitze langsam erwärmen, der Wein darf nicht kochen, sonst zerfallen die Birnen. Früchte mit einem spitzen Messer testen. Lassen sie sich leicht einschneiden, sind sie gar. Abkühlen. Birnen herausnehmen und separat halten, beide Kochflüssigkeiten getrennt aufkochen und gut zehn Minuten zu dickem Sirup reduzieren lassen. Um die Konsistenz zu prüfen, einen TL Sirup auf einen kalten Teller geben. Ist er noch wässrig, muss weiter eingekocht werden, wenn er sich etwas verteilt, aber die Form behält, ist er fertig. In Schüsseln je drei rote und weiße Birnenspalten mit gutem Vanilleeis anrichten und mit beiden Sirupsorten beträufeln. Mit Mürbeteigkeksen servieren. Anne Goebel

Tempura-Birnen mit Frisée in Gurken-Wasabi-Vinaigrette

Rezept: Süße Birnen mit Speck im Teig gebacken - diese göttliche Kombination kennt und schätzt man vor allem in Hamburg, Schleswig-Holstein und Ostfriesland, dort werden die knusprigen Puffer in der herbstlichen Küche gern mit gut gezuckertem Kopfsalat in Schmandsauce serviert. Mit ein paar Kniffen aus Japan wird aus dem bäuerlichen Rezept eine edle und geradezu vielschichtige Vorspeise: In zartem Tempura-Teig gebackene süße Birnenspalten erfahren durch gerösteten Speck im Ausbackteig eine raffinierte Würze, wegen des dezenten Raucharomas. Serviert wird auf feinbitterem Friséesalat mit einer leichten Gurken-Wasabi-Vinaigrette, die zugleich für kühle Frische und anregende Schärfe sorgt. Ein geschmacklich sehr komplexes Rezept, das sich aber glücklicherweise überraschend leicht nachkochen lässt.

Zutaten (als Vorspeise für 4 Personen): 2 Scheiben Speck, 1 Ei (M), eiskaltes Wasser, 70 g gesiebtes Weizenmehl (Type 450), 100 g Salatgurke, 2-3 TL Reisessig (oder Weißweinessig), 1-2 Messerspitze n Wasabipaste, 1 TL Honig, 3 EL Öl, 1 Tropfen Sesamöl, Salz, 60 g Frisée, 1 reife Birne (Sorte: Forelle), 1 EL Zitronensaft, 400 ml Öl zum Frittieren.

Zubereitung: Den Speck in einer Pfanne ohne Fett knusprig und dunkelbraun braten, zwischen Küchenpapier abfetten und erkalten lassen. Das verquirlte Ei in einen Messbecher geben und bis auf 100 ml mit eiskaltem Wasser auffüllen. Mehl mit einem Schneebesen vorsichtig unterrühren. Den völlig erkalteten Speck im Mixer pürieren und unter den Teig rühren. Kalt stellen. Für die Vinaigrette die Gurke pürieren, durch ein feines Sieb passieren und den Saft mit Essig, Wasabi, Honig, Öl und Sesamöl zur Vinaigrette verrühren, leicht salzen. Frisée mundgerecht zupfen, im warmen Wasser waschen und trocken schleudern. Birne in 16 Spalten schneiden, entkernen und in Zitronensaft wenden. Öl in einem hohen, schlanken Topf erhitzen, die Birnenspalten portionsweise in den Teig tauchen und 1-2 Minuten goldbraun frittieren. Mit einer Schaumkelle herausnehmen und auf Küchenpapier abtropfen, leicht salzen. Frisée mit der Vinaigrette anmachen und die Tempura-Birnen darauf anrichten. Sofort servieren. Stevan Paul

Birnen-Walnuss-Strudel auf gut österreichisch

Rezept: Während man beim gezogenen Apfelstrudel als Nicht-Österreicherin eh nur alles falsch machen kann (zu wenig saure Äpfel, falscher oder zu dicker Teig, falsch geschnittene Äpfel, Vanillesauce dazu), ist die mit Birnen gefüllte Variante der Strudel-Freibrief schlechthin. Man kann sich am Strudelteig üben, die Fülle nach Geschmack gestalten, die Enden einschlagen, straffrei Vanillesauce dazu servieren und im Zweifelsfall immer sagen: Das gehört so.

Zutaten: Teig: 200 g Mehl (A: glatt, D: 405), 1 Prise Salz, 100 g lauwarmes Wasser, 40 g Pflanzenöl; Fülle: 1 kg reife, aromatische, aber nicht zu weiche Birnen, 50 g Walnusskerne, 50 g Rosinen, 4 cl Williams-Brand, 1 unbehandelte Zitrone, 1-2 EL Kristallzucker, 1 Prise Piment, Zimt, 100 g Biskotten (Löffelbiskuits), 100 g Butter.

Zubereitung: Alle Zutaten mit den Händen zu einem geschmeidigen, glatten Teig kneten, zur Kugel formen, mit wenig Öl bepinseln. In einer Schüssel zugedeckt mindestens 1 Stunde bei Raumtemperatur rasten lassen. Für die Füllung Walnüsse bei 180 Grad im Ofen etwa fünf bis sieben Minuten hell-duftig rösten. Die Rosinen im Birnenbrand einweichen. Schale von ½ Zitrone abreiben und gut mit dem Zucker vermischen. Die Birnen schälen, vierteln, Kerngehäuse entfernen, Viertel blättrig schneiden. Mit Rosinen, Zitronenzucker und Gewürzen vermischen, mit mindestens 2 EL Zitronensaft würzen (Brösel sind süß!). Biskotten in nicht ganz feine Brösel zerkleinern. Die Hälfte unter die Birnenmasse mischen. Die Butter zerlassen. Das Strudeltuch (altes Tisch- oder Leintuch) auf einem Tisch ausbreiten, bemehlen. Den Teig darauflegen, bemehlen, etwa ½ cm dick ausrollen. Den Teig mit den Handrücken (keine Ringe, kurze Nägel) von unten von der Mitte aus rundum behutsam auf mindestens 70 mal 70 cm ausziehen. Mit ¾ der Butter gleichmäßig beträufeln. Restliche Biskottenbrösel auf dem unteren Drittel verteilen und die Fülle darauf ausbreiten. Den Strudel mithilfe des Tuchs einrollen, die Enden einschlagen oder zum Schluss andrücken und abzwicken. Alles auf ein Blech mit Backpapier heben und mit der restlichen Butter einstreichen. Bei 200 Grad etwa 35 bis 40 Minuten goldbraun backen. Lauwarm angezuckert mit Schlagobers servieren. Katharina Seiser

(Foto: N/A)

"Armer Ritter" mit Malser Palabirne und Rote-Bete-Schaum

Rezept: Die Palabirne ist besonders süß und aromatisch, und doch ist sie selten geworden. Im eigentlich für seine Äpfel berühmten Obervinschgau, in Südtirol, findet man ihre knorrigen Bäume noch entlang einiger Wiesen und Weiden. Sie werden bis zu 25 Meter hoch, die Ernte der kleinen, knubbeligen Früchte mit der glatten gelben Schale gestaltet sich also nicht ganz einfach. Und ohne das Städtchen Glurns wären Palabirnen vielleicht in Vergessenheit geraten. Dort widmen sie der Sorte jetzt zur Erntezeit die Palabirntage und verbacken die getrockneten Schnitze in einem köstlichen Brot; wer im September einen Bäckerladen im Vinschgau betritt, sollte danach fragen. Sein hoher Gehalt an Vitamin C, Ballaststoffen, Kalium und Magnesium brachte dem früher oft sogar von Ärzten verschriebenen Obst einst den wenig appetitlichen Beinamen Sommerapothekerbirne ein. Die Südtiroler sagten früher lieber Pilli-Palli-Birne, was gleich interessanter klingt. Sternekoch Heinrich Schneider vom Auener Hof im Sarntal schätzt die Palabirne in einfachen Kombinationen, weil das ihren feinen Geschmack betont. Wobei sein "Armer Ritter" mit Bete und Birne (Williamsbirnen gehen ebenso gut) eher ein "edler Ritter" ist - allein schon wegen der feinen, selbst gebackenen Brioche dazu.

Zutaten: Für die Brioche: 10 g Hefe, 30 g Zucker, 2 Esslöffel Milch, 3 kleine Eier, 1 Prise Salz, 200 g Butter, 250 g Mehl.

Für den Überzug: 200 g Frischmilch, 3 Eigelb, 20 g Rum, 50 g Zucker, weitere 100 g Zucker für später.

Für die Gewürzbirnen: 4 Palabirnen (oder 2 größere Williamsbirnen), 300 ml Wasser, 300 g Zucker, 1 Lorbeerblatt, 1 Sternanis.

Für den Rote-Bete-Schaum: 200 ml Rote-Bete-Saft (am besten frisch), 1 Eiweiß, 100 g Zucker.

Zubereitung: Lauwarme Milch, Zucker, Hefe, Eier und Salz gut verquirlen. Die Butter schmelzen, bis sie dickflüssig ist, und dann dazugeben. Zuletzt das Mehl untermengen und alles glatt rühren. Den Teig in eine ausgefettete, mit Mehl bestäubte Kastenform geben und darin 30 Minuten gehen lassen. Anschließend im auf 170°C vorgeheizten Backofen etwa 30 Minuten backen und auskühlen lassen. Das Brot in 4 cm lange Stäbe von 2 cm Kantenlänge schneiden. Die Birnen schälen, halbieren und vom Kerngehäuse befreien. Aus Zucker, Wasser und Gewürzen einen Läuterzucker herstellen und die Birnen darin weich kochen, anschließend auskühlen lassen. Milch, Eigelb, Rum, Zucker glatt verrühren und die Brotstäbe darin eintauchen. Nun im Backofen etwa fünf Minuten bei 180°C backen. 100 g Zucker langsam in einer beschichteten Pfanne schmelzen, bis er bernsteinfarben ist. Die Brotstäbe vorsichtig darin wenden und auf ein Backpapier legen. Für den Rote-Bete-Schaum alle Zutaten vermischen und auf einem Wasserbad schaumig aufschlagen. Arme Ritter anrichten, Rote-Bete-Schaum daneben setzen und mit der Palabirne belegen. Marten Rolff

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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