Lokaltermin:20° Restobar

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Eine wirklich gute Tapas-Bar zu finden, ist nicht leicht. Was taugt die Düsseldorfer "20° Restobar" der mallorquinischen Starköchin Macarena de Castro?

In Deutschland eine wirklich kreative Tapas-Bar zu finden, ist immer noch nicht einfach. Viel Aufmerksamkeit gibt es gerade für die 20° Restobar in Düsseldorf. Denn das Konzept stammt von der bekannten mallorquinischen Spitzenköchin Macarena de Castro. Allerdings fehlt der Speisekarte noch ein wenig die Handschrift der Chefin, findet Stevan Paul.

Zugegeben: Gern hätten wir auch im großen Innenhof gesessen, der hier natürlich nur im Sommer bespielt wird, dann aber sicher eine schöne Bühne abgibt. Doch auch im elegant gestalteten Innern der "20° Restobar" im Düsseldorfer Andreasviertel fühlt man sich wohl. Alle Bereiche sind klug zueinander in Beziehung gesetzt. Im vorderen Teil liegt die Tapas-Bar, in der man schon mittags essen kann, auf der anderen Seite des Patios führt eine Glastür ins eigentliche Restaurant, das erst um 18 Uhr öffnet und von jenen Gästen besucht wird, die weniger Trubel schätzen. In der Bar herrscht angenehme Feierabendatmosphäre. Art Nouveau und Neoklassizismus treffen auf mediterran-maritimes Design, eine gelungene Mischung ohne Folklore. Subtil auch die Hinweise auf die Heimat der mallorquinischen Sterneköchin Macarena de Castro, die seit September die Geschicke des Hauses leitet. Das hat unsere Erwartungen befeuert. Tapas sind in der deutschen Gastronomie ja vielerorts noch immer ein etwas lieblos abgehandeltes Thema.

Der Service hier ist schnell, und auch die Frage, warum der Pimiento Rojo-Aperitif-Cocktail (8,50 Euro) so gelb leuchtet, klärt sich bald: Rote Paprika waren aus, der "Rote Pfeffer" ist heute mit gelbem Paprikasaft gemixt. Macht nichts, der Drink schmeckt auch so grandios: Die süße Frucht der Paprika erfährt belebende Frische und Würze durch Limette, Gin und Rosmarin, Ingwerlimonade und leichte Chilischärfe.

Auch auf der Karte findet sich dann kein Hinweis auf die berühmte Köchin. Das mag daran liegen, dass Macarena de Castros Beitrag zur 20° Restobar eher konzeptioneller Natur ist und sie sich auf ein gut geschultes Team verlässt. Wir bestellen dreierlei Tapas, die kommen, wie auch der ausgesuchte Wein, in Rekordzeit. Alle drei Gerichte sind warm, und weil sie gleichzeitig serviert wurden, erkalten sie auch gemeinsam, wir müssen uns also ranhalten: Der Pulpo-Arm ruht auf einem seltsam glasigen Kartoffelpüree aus roten Kartoffeln, ist butterzart und kross gebraten, die Mayonnaise mit schwarzen Oliven dazu ein Genuss (14 Euro). In einer zweiten Schale ruht ein imposanter Berg gegrillter Filet-Secreto-Stücke vom iberischen Schwein. Eine Riesenportion. Das Fleisch ist zart, herrlich durchwachsen von zart schmelzendem Fett - und von leichter aber irritierender Süße, dazu kommen deutliche Röstspuren und Röstaromen. Ein dunkelgrünes Würzöl mit Koriander bringt Raffinesse und Frische (12 Euro). Beide Teller sind kulinarisch sinnfrei mit Schnittlauchröllchen, Shiso- und Daikon-Kresse bestreut - ja, ja, schon recht, das Auge isst mit, es gehört aber bekanntlich nicht zu unseren wichtigsten Geschmackssinnen.

Gut beschäftigt sind auch die Ohren, während im Restaurant Musik nur gedämpft ertönt, wippen die Gäste im Barbereich kräftig mit. Bei diesem Soundtrack ist wirklich alles dabei, von hektischem Soca-Gestampfe über spanischen Pop bis hin zu Mestizo-Musik aus Barcelona oder Latin-Jazz, darunter auch Perlen wie der Flamenco-Sänger Antonio Carmora mit "Puertas por Abrir". Wir essen mit Appetit, spätestens die sechs goldbraun frittierten, golfballgroßen Krokettenbällchen mit cremig-samtiger Schinken-Bechamel-Füllung (8,50 Euro) lassen aber keinen Zweifel mehr daran, dass die Tapas-Portionen hier für jeweils drei Personen berechnet sein dürften, was ein bemerkenswert gutes Preis-Leistungsverhältnis ergibt. Auf den Bällchen eine leicht grünliche, Hollandaise-artige Mayonnaise, bestreut mit einem grünen Staub, der geschmacklich nicht einzuordnen ist. Wir fragen nach. Des Rätsels Lösung: Petersilie. Leise verfluchen wir die molekulare Küche, die aus frischen Kräutern dehydrierte Stäubchen ohne Geschmack schuf.

Die Wein- und Barkarte, die Restaurantleiter und Sommelier Ernesto Arroyo Rodríguez zusammengestellt hat, ist ein imposantes Büchlein, das ein Studium lohnt. Etwa 80 Prozent der Weine stammen aus Spanien. Die schöne Auswahl an deutschen Weinen oblag dem Düsseldorfer Weinexperten und Sommelier Antonios Askitis. Er listet auf, was populär und von Rang und Namen ist: Flaschen von Markus Molitor, Dr. Bürcklin-Wolf, Konrad Salwey, Georg Breuer. Dazu die Talente Katharina Wechsler und Kai Schätzel - echte Crowdpleaser! Wir trinken offene spanische Weine, das Glas zu je 5,50 Euro: Der Attis Genio y Figura, Rias Baixas 2016 aus reiner Albarño Traube begeistert mit Frische und Balance. Zum Hauptgang, Kabeljauschnitte mit Knoblauchmayonnaise überbacken (26 Euro), passt der mallorquinische Miguel Gelabert Son Caules Blanc 2015: Die Noten von Zitrone und Aprikosen und ein Hauch Holz sind perfekt zur würzigen Knoblauch-Kruste. Der Fisch selbst ist von bester Qualität und auf den Punkt gegart, der würzig marinierte grüne Salat (4 Euro) dazu knackfrisch.

Die Crema Catalana als Dessert (8 Euro) ist eher dickflüssig, die Zuckerschicht etwas zu dunkel gebrannt und bitter. Der freundliche Service bringt auf Wunsch eilends die Rechnung, und wir stellen erstaunt fest, dass wir keine eineinhalb Stunden am Tisch saßen. Alles etwas rasch hier vielleicht, aber so lässt die Tapas-Bar noch Zeit für die Brauereien der Düsseldorfer Altstadt.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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