"Ladies & Gentlemen" zum grauen Sweatshirt:Kumpel für Sofa und Starfighter

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Beliebt bei Frauen und Männern gleichermaßen: der graue Sweater. (Foto: H&M)

Männer wissen schon lange, was sie an dem Kleidungsstück haben - jetzt ist das simple graue Sweatshirt auch auf Damengröße geschrumpft. Aber ist der Klassiker besser in der No-Name-Ausführung oder der Edelvariante?

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Den ersten weiblichen Fashion-Moment feierte das graue Sweatshirt in den Achtzigern. Jennifer Beals trug es, keck über die Schulter gelegt, in dem Musikfilm "Flashdance", und kurz darauf schnitten alle Frauen unter 40 weiten Männer-Sweatern die Schulterpartie ab, um es ihr gleichzutun. Dann verschwand das graue Sweatshirt wieder, man trug es höchstens, wenn man mit Erkältung auf dem Sofa darniederlag, es unterstrich hervorragend die entzündete Nasenpartie und spendete Trost.

Heute allerdings ist das schlichteste aller Kleidungsstücke unerlässlich - so etwa wie der Trenchcoat. Wann genau der Sweater gesellschaftlich umarmt wurde, können wir nicht ganz präzise sagen, nur, dass vor drei Jahren plötzlich alle wieder diese Jersey-Pullis trugen, von Kenzo mit Tigerkopf zum Beispiel. Und der Designer Alexander Wang verkaufte in Folge allerlei sportlich Praktisches für wahnsinnig viel Geld. Aber wir wissen genau, warum: Das graue Sweatshirt wurde nämlich auf Damengröße geschrumpft, Frauen sehen darin also nicht länger aus wie Rocky (erster männlicher Fashion-Moment). So ist es die perfekte blanke Oberfläche, um sie mit der eigenen Persönlichkeit zu bespielen.

Die einen tragen es mit Jeans, die anderen mit weitem Fifties-Rock. Gut, wenn das Sweatshirt von Zara, Topshop oder J.Crew ist, denn die teuren Designer-Varianten sind ungefähr so cool wie Designer-Turnschuhe. Endlich, endlich, können wir an dieser Stelle also folgenden Rat geben: No-Name funktioniert beim grauen Sweater am besten. Und wenn einem danach ist, kann man immer noch ein Diamantencollier drüber werfen!

Von Julia Werner

Das graue Sweatshirt ist ein Vertreter jener Nichtmode, mit der Männer sich gemeinhin so gut auskennen. Sie hatten es lange Zeit für sich und ahnten seine Vorzüge, mussten aber nie darüber reden. Der simple Sweater schmückte joggende Präsidentenleiber, wurde, versehen mit dem Abzeichen der Universität, zur freiwilligen Schuluniform, war immer Kumpel-, Freizeit- und Reiseklamotte und eigentlich das, was Männer meinten, wenn sie sagten: Ich interessiere mich nicht für so Kram.

Ähnlich wie beim weißen T-Shirt gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede oder sagen wir, gewachsenes Komfortwissen. Das ideale Sweatshirt darf innen nicht zu weich beflockt sein, lieber ist es nach etlichen Waschgängen etwas crisp geworden. Seine Passform ist bequem, aber nicht kastenförmig, und Bündchen unten und an den Ärmeln sind wichtig, weil der Sweater erst dann einen Oberkörper wie mit grauem Marmor nachmeißelt - im trainierten Idealfall. Im untrainierten Normalfall gibt diese Form dem Rumpf zumindest klare Konturen. Dazu noch gebräunte Haut und Dreitagebart, fertig ist der Typ, der alles kann, von Sofa bis Starfighter.

Nun haben sich die Damen den Basic-Sweater geangelt und man muss zugeben, sie haben den Moment damit gerade für sich. Was an ihnen noch urban-cool wirkt, ist beim Mann heute eher urban-zu-wenig. Nicht ohne Reiz sind deswegen die teuren Remixe, die fast alle Designer in ihre Kollektion aufgenommen haben, hier von Paul Smith, mit Seide durchwirkt und für gut 350 Euro. Damit ausgehen ist, als würde man mit einem getunten VW Passat an der Ampel den Porsche stehen lassen. Hat was.

Von Max Scharnigg

© SZ vom 23.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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