Ladies & Gentlemen:Oscar-Pannen

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(Foto: Reuters)

Birkenstocks und Nikki-Sakko: Zumindest einmal im Jahr auf dem roten Teppich könnte man sich doch modisch zusammenreißen, oder?!

Bitte nicht so faul, Frances McDormand!

Alle reden über Bradley Coopers und Lady Gagas gestellte Vorspielszene auf der Oscarbühne, vor den Augen der Verlobten. Da kann man nur sagen: Leute, konzentriert euch und erkennt den echten Skandal! Der da wäre: Birkenstock-Latschen zum Abendkleid, bei den Oscars. Wo ist der Aufschrei? Hier, denn die Modepresse hat sich wie immer elegant aus der Verantwortung gewunden, indem sie Frances McDormand "die Unangepasste" nannte, den Unglückslook aber nicht weiter kommentierte. "Birkenstocks haben mich buchstäblich geformt, physisch und philosophisch", ließ sie in einem Statement verlauten. Davon wollen wir zahlenden Zaungäste von Hollywood aber überhaupt nichts wissen! Birkenstocks formen die moderne Frau längst selbst, weil die ganze Lauferei von der U-Bahn zum Büro nun mal nach Bequemlichkeit verlangt. Dass es die Gesundheitssandale in den letzten Jahren zum modischen It-Piece geschafft hat, trägt nur dieser prekären Lage Rechnung. Von mühsamen Verhältnissen kann auf einer Oscar-Bühne allerdings keine Rede sein. Ist es wirklich zu viel verlangt, dass Filmstars sich für ihr Publikum einen Moment lang zusammenreißen? Müssen selbst hochoffizielle Anlässe sich jetzt so anfühlen wie ein Besuch im Spa? Übrigens trug die Schauspielerin eine Designkollaboration mit dem Haus Valentino, pünktlich zum Verkaufsstart - auch nicht gerade elegant. Ihre eigenen staubigen Luschi-Latschen wären zwar nicht schöner, aber immerhin eine wirklich unangepasste Extravaganz gewesen. Julia Werner

Zurück in die Steinzeit, Jason Momoa

Der Effekt ist nicht neu, aber immer wieder schön anzusehen: Sehr männliche Männerdarsteller gewinnen, wenn sie gelegentlich eine feminine Pose einnehmen. Es ist ein bisschen wie Preiselbeeren zum Schnitzel, das Süße kitzelt das Deftige erst so richtig aus der Deckung. Der hier zu sehende Schauspieler Jason Momoa ist zweifellos eine wuchtige Erscheinung, sein Auftritt als Khal Drogo bei "Game of Thrones" hätte seinerzeit einen Sonder-Oscar in der Kategorie "Beste Testosteron-Darstellung" verdient gehabt. Wenn sich so ein Mannsbild nun in einen samtigen, pinken Smoking wickelt, ist das natürlich ein irgendwie friedliches Bild. Der klassische Smoking ist sowieso nicht mehr zu halten, die letzten roten Teppiche haben schon alle möglichen Versuche gezeigt, den Abendanzug zu diskreditieren. Da macht so ein Modell aus knabenhaftem Nicki-Schlafanzugstoff auch schon nichts mehr aus. Nur die Eleganz leidet natürlich - Momoa wirkte in dem Aufzug wie der Türsteher einer Hochzeitsmesse in Las Vegas. Sei's drum, unangenehm wurde der Auftritt erst, als er sich bei der After-Show-Party entschied, das Hemd auszuziehen und die samtige Jacke über seiner nackten und beharrten Brust wieder zuzuknöpfen. Das sah nun wirklich nach gar nichts mehr aus. Und eine derart stolz präsentierte Heldenbrust zerstört natürlich die oben skizzierte Strategie der raffiniert dekonstruierten Männlichkeit. Es wirkte, als platzte der alte Neandertaler aus seinem Kostüm. Und jeder Mann weiß: Wenn das passiert, ist es höchste Zeit zu gehen. Max Scharnigg

© SZ vom 02.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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