Zweite Liga:Skandinavische Tänzchen

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Harmonieren: Havard Nielsen (re.) und Branimir Hrgota. (Foto: Wolfgang Zink/imago images)

Während Greuther Fürth in den Rhythmus findet, gerät der 1. FC Nürnberg am Ende wieder aus dem Takt.

Von Thomas Gröbner

Der Schwede Branimir Hrgota ist ein Mann der komplizierten Pässe und der einfachen Worte: "Manchmal geht der Ball rein, manchmal nicht", das war eine bestechend simple Antwort auf die Frage, wie Fürth Hannover 96 mit 4:1 (2:0) am Sonntag regelrecht auseinandergenommen hatte - aber natürlich nicht die ganze Wahrheit. Denn in guten Momenten ist das Fürther Spiel weit entfernt vom Zufall, sondern ist fein komponiert, wie die Führung gegen die Gäste aus Niedersachsen zeigte: Hrgota legte ein Tänzchen im Strafraum hin, stupste den Ball lässig in den Lauf des heranstürmenden Sebastian Ernst, am Ende spang Julian Green in den Ball (22. Minute). Ein Tor, in dem viel zusammenkam, was das Spiel der Fürther in diesen Wochen auszeichnete: Die spielerische Leichtigkeit, die Läufe in die Tiefe - und wenn es sein muss, auch eine schmutzige Grätsche. Und so ging es weiter: Hrgota schickte Linksverteidiger David Raum auf die Reise, seinen Querpass schob Paul Seguin ein (27.). Zur Halbzeit konnte sich das Team von Trainer Stefan Leitl nur eines vorwerfen: Dass es nur 2:0 stand. 96 stellte um, tauschte das Personal, aber das Bild blieb gleich. Fürth spielte furios, Hrgota erhöhte nach einem Ballgewinn von Nielsen (52.). Nur kurz gab es Hoffnung für Hannover: Der erste Schuss aufs Tor schlug gleich ein, doch der Abschluss von Hendrik Weydandt (58.) sollte der einzige der Gäste bleiben. Nielsen, Hrgota, Tor - dieser Dreiklang wiederholte sich, der Treffer des Schweden in der 68. Minute war der letzte Tusch dieses Spiels. "Wenn sie am Ende sieben oder acht kriegen", dann dürfte sich Hannover auch nicht beschweren, befand Fürths Paul Seguin. Dass der Sieg nicht höher ausfiel, war eher dem Fürther Schlendrian als der 96-Defensive zuzuschreiben. "Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen", sagte Seguin. Das ist vielleicht neu in Fürth: Dass sie unzufrieden sind nach einem 4:1-Sieg gegen eine Mannschaft mit Aufstiegsambitionen - die in dieser Verfassung allerdings Fantasie bleiben dürften. "Ohne Leidenschaft und Herzblut, da müssen wir uns nicht über Blockaden unterhalten", schimpfte 96-Trainer Kenan Kocak, dem das seltsame Muster auch nicht entgangen ist. Nach Heimsiegen folgen Auswärtspleiten, diesmal eine besonders deftige. "Das ist keine Selbstverständlichkeit, dass meine Mannschaft so auftritt und eine Mannschaft wie Hannover 96 so beherrscht", fand Fürths Coach Leitl. Tatsächlich war Hannover überfordert vom Angriffsfußball, den das skandinavische Duo Nielsen/Hrgota orchestrierte. Der Schwede blüht auf, die Kapitänsbinde am Arm scheint ihm zusätzliche Körperspannung zu geben. Und mit dem Norweger Nielsen hat er einen kongenialen Partner gefunden, mit dem er schon vor dem Anpfiff verabredet hatte, "wir müssen uns gegenseitig suchen" - sie haben sich oft gefunden. Vor zwei Wochen stand Fürth noch auf Rang siebzehn, nun scheinen auch die Ergebnisse Schritt zu halten mit der fußballerischen Entwicklung. Mit dem Sieg arbeitet sich Fürth vor bis auf Platz fünf. Ein paar Kilometer entfernt ist die Stimmung dagegen getrübt, denn der 1. FC Nürnberg steht im Moment dort, wo der Club nicht sein wollte - in der Nachbarschaft zur Abstiegsregion. In jedem Spiel ist Nürnberg in Führung gegangen, immer flatterten am Ende die Nerven. Am Samstag reichten beim 2:3 (2:1) gegen Braunschweig die beiden Tore von Zugang Pascal Köpke (31./42.) nicht aus für einen Punkt, weil Danilo Wiebe (25.) und Martin Kobylanski (52.) für die Eintracht trafen - und in der Nachspielzeit eine knifflige Entscheidung die Partie vollends kippen ließ.

Schiedsrichter Sven Waschitzki zeigte auf den Punkt, nachdem Club-Verteidiger Lukas Mühl im Strafraum Lasse Schlüter an den Beinen berührt hatte - und der spektakulär zu Boden ging. Den Strafstoß verwandelte Nick Proschwitz (90.+3). "Das ist niemals ein Elfmeter, auch wenn man sich das zehnmal anguckt", schimpfte FCN-Trainer Robert Klauß. Braunschweigs Schlüter erklärte danach recht offenherzig: "Ich hätte mich genauso beschwert, wenn ich auf der anderen Seite gewesen wäre."

© SZ vom 02.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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