Zum Tode von Rafael Garcia:Sanfte Finger

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Der Mexikaner Rafael Garcia wickelte die Hände von 35 Box-Weltmeistern in Bandagen ein, der berühmteste darunter war Floyd Mayweather Junior. (Foto: imago/MediaPunch)

In dem lauten, schrillen Gewerbe Boxport war der mexikanische Cut Man einer für die Arbeit im Leisen.

Von Benedikt Warmbrunn

Das Profiboxen ist ein Sport der harten Hände. Berühmt werden diejenige, die mit ihren Fäusten anderen am meisten Schmerz zufügen, oft auch die, die am lautesten auf der eigenen Brust herumtrommeln. Ganz selten aber macht einer Karriere im Profiboxen, weil er sanfte, einfühlsame Finger hat. Zum Beispiel Rafael Garcia.

In einem lauten, schrillen Gewerbe war der Mexikaner derjenige für die Arbeit im Leisen. Er sorgte dafür, dass den harten Händen nichts passierte, als sogenannter Cut Man. Vor den Kämpfen wickelte er die Fäuste der Boxer in der nervösen Stille der Kabine in Bandagen ein, und in den Ringpausen verarztete er die Wunden, mit Wattestäbchen und Vaseline. Manchmal flüsterte er den Boxern dabei noch ein paar motivierende Worte zu. Und die Boxer hörten auf ihn, gerade weil er keiner war, der sich aufdrängte. Sie hörten auf ihn, weil er mit seiner Ruhe alles gesehen hatte. Er kannte jeden Schmerz, er kannte jede Wunde.

60 Jahre lang arbeitete Garcia im Boxen, bekannt wurde er vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten davon. Das lag an seiner Schiebermütze, auf der sich die Pins irgendwann fast gegenseitig verdrängten. Und das lag an dem Mann, dem er in diesen Jahren die Hände verband: Floyd Mayweather Junior.

Insgesamt betreute Garcia 35 Weltmeister, unter anderem bandagierte er die Fäuste von Roberto Durán, der in den 1970er und 1980er Jahren in vier Gewichtsklassen einen WM-Titel gewann. Den Boxer aus Panama nannten sie wegen seiner krachenden Schläge Manos de Piedra, Hände aus Stein. Doch erst an der Seite von Mayweather wurde Garcia zur Kultfigur. Mit seinem ewigen Lächeln war Garcia ein angenehmer Ausgleich zu dem ewigen Pöbler - auch wenn er manchmal Mayweathers Spielchen mitmachte, zum Beispiel 2015, als er vor dessen Kampf gegen Manny Pacquiao den Kameras vorführte, wie er dem Filipino Mund und Augen zukleben werde. Verpflichtet hatte Mayweather den Cut Man, weil er oft Probleme mit seinen brüchigen Händen hatte. Mit seinen feinen Fingern spürte Garcia jede empfindliche Stelle auf; Mayweather schwärmte davon, wie fest und sicher sich seine Fäuste anfühlten, nachdem Garcia sie eingewickelt hatte. Auch dank der Hände des Mexikaners gewann Mayweather als erster Boxer der Geschichte 50 Kämpfe ohne einen zu verlieren.

Anfang des Jahres, erzählte der frühere Weltmeister Jessie Vargas, Garcias Patenkind, sei dieser von einem Schwarm Afrikanisierter Honigbienen gestochen worden; wenig später erlitt er einen Herzinfarkt. Vor zwei Wochen wurde bei Garcia Leukämie diagnostiziert. Am Dienstagabend starb Rafael Garcia im Alter von 88 Jahren.

© SZ vom 16.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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