Zum Tod des Basketballers Kobe Bryant:Unwirklich!

Lesezeit: 2 min

Der ehemalige Basketball-Profi Kobe Bryant ist am Sonntag bei einem Helikopter-Absturz ums Leben gekommen. Er wurde zur Symbolfigur all jener, die sich die Meriten im Leben hart erarbeiten mussten.

Von Jürgen Schmieder

Unwirklich! Das war das Lieblingswort von Kobe Bryant, er hat damit so ziemlich alles in seinem Leben beschrieben: Wie ihn die Eltern vor 41 Jahren nach der japanischen Stadt Kobe benannten, weil sie den Namen als Fleischsorte auf einer Speisekarte entdeckt hatten. Wie er als Basketballer noch besser als sein Vater Joe wurde, der ebenfalls in Nordamerikas Profiliga NBA gespielt hatte. Wie er fünf NBA-Titel und zwei olympische Goldmedaillen gewann. Wie er die viertmeisten Punkte der Liga-Geschichte schaffte - und in seinem letzten Spiel im Frühling 2016 noch einmal 60 Punkte. Alles unwirklich!

Bryant wurde in der Post-Michael-Jordan-Ära das Vorbild all jener, denen die Natur nicht unbedingt alle Voraussetzungen für Erfolg geschenkt hatte. Shaquille O'Neal, mit dem er bei den Los Angeles Lakes sowohl glänzte als auch um die Rolle des Platzhirschen buhlte, war der Dominante, ein selbst ernannter Superheld -, aber auch einer, der das Leben und sich selbst nicht gar so ernst nahm. Bryant, durchaus mit athletischem Körper (96 Kilo, 1,98 Meter) und sehr viel Ballgefühl gesegnet, war der Verbissene, der stundenlang und oft alleine an Sprungwurf und Finten arbeitete. Der gnadenlos zu sich selbst und bisweilen auch zu Kollegen war, der jedoch gerade deshalb so erfolgreich wurde. Er wurde somit zur Symbolfigur all jener, die sich die Meriten im Leben hart erarbeiten mussten und dem Erfolg so ziemlich alles unterordnen.

Alles können, immer vorbereitet sein, keine Schwäche zeigen - das war das Mantra von Bryant, er gab sich deshalb selbst den Spitznamen "Black Mamba", obwohl er zu den wenigen Menschen auf diesem Planeten gehörte, bei denen der Vorname genügte, um ihn eindeutig zu identifizieren. "Maximiale Geschwindigkeit, maximale Präzision" nannte er das, im Buch "Mamba Mentality" beschrieb er diese unerbittliche Jagd nach Titeln und persönlichen Rekorden, wozu es gehörte, mit dem Hubschrauber von seiner Villa in Orange County zur Trainingshalle der Lakers in El Segundo zu fliegen. Es war sein primäres Fortbewegungsmittel. Die Polizei von Los Angeles bestätigte am Sonntagmorgen, dass Bryant bei einem Absturz in der Nähe der Strandes von Malibu ums Leben gekommen sei. Bei dem Unglück starben insgesamt fünf Menschen, darunter auch Bryants 13-jährige Tochter. Die Nachricht ist für viele Bewohner von Los Angeles: unwirklich.

Bryant hatte mit seiner Ehefrau Vanessa vier Kinder. Das Los Angeles County Sheriff Department teilte mit, dass sich der Unfall kurz vor 10 Uhr (Ortszeit) ereignete. Durch den Crash entzündete Feuer behinderten zudem die Arbeit der Rettungskräfte, am Boden gab es offiziellen Angaben zufolge keine Verletzten.

Bryant kam in Philadelphia zur Welt, wuchs jedoch in Reggio Emilia in Italien auf. Er war Fan des AC Mailand und wollte unbedingt Fußballprofi werden - sah aber auf Videokassetten, die ihm der Opa aus den USA schickte, dass Basketball auch ein interessanter Sport ist. 1996 wechselte er als einer der Ersten ohne den klassischen Umweg über das College-System der USA direkt in die NBA.

Nach Startproblemen wurde Phil Jackson - der in den 1990ern bei den Chicago Bulls aus dem Einzelkönner Michael Jordan den Titelsammler geformt hatte - Trainer der Lakers und führte den Verein zu drei Meisterschaften (2000 bis 2002), bei denen indes O'Neal jeweils zum wertvollsten Spieler gewählt wurde. Bryant galt als ehrgeiziger Egomane, dem Erfolge nur dann was bedeutete, wenn er der Hauptverantwortliche war. Nur: diese Attribute wurden in den USA nicht negativ bewertet, sondern bewundert.

Bryant gewann noch zwei Titel mit den Los Angeles Lakers (2009, 2010), der Kurzfilm "Dear Basketball", mit dem er das Ende der aktiven Laufbahn verkündete, wurde mit einem Oscar prämiert. Als die Lakers ankündigten, seine Rückennummern (8, 24) nicht mehr zu vergeben, dankte Bryant in der Kabine mit einem Wort: "Unwirklich!"

© SZ vom 27.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: