Zukunft ausgebremst:Alles viel zu eng

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Kein Dach, kein Flutlicht, kein Platz: Trotzdem locken die French Open jedes Jahr 400 000 Zuschauer. (Foto: Robert Ghement/dpa)

In Paris herrscht, anders als bei den Turnieren in Melbourne, Wimbledon und New York, viel zu viel Gedränge auf zu kleinem Raum - trotzdem werden die Ausbaupläne mal wieder gestoppt.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Im Internet, in einem dieser vielen globalen Tennisforen, kursieren zu diesem kniffligen Thema die unterschiedlichsten Ansichten. Jemand, der sich "Pvessel" nennt, findet Roland Garros das beste Grand-Slam-Turnier des Jahres, "es herrscht hier einfach Zirkusatmosphäre", schreibt er. Das Personal? "Es ist unwiderstehlich", wobei Pvessel auch ergänzt, andere würden dieses tatsächlich sehr nette Personal durchaus auch manchmal für unausstehlich halten. Der User "MadisonsKeys" schlägt vor, aus den French Open einfach die China Open zu machen, "wo sie $$$$ haben und Innovationen, Platz, etc. etc.". Und "MichaelDreher" meint: "Packt einfach das Turnier zusammen und zieht nach Versailles raus, aber nicht jetzt rumtrödeln - einfach machen!"

Wenn das alles so einfach wäre mit dieser Veranstaltung. Zu wenig Platz, keine Ausweichmöglichkeit, kein Raum, die Anlage luftiger, Zuschauer-, Spieler-freundlicher zu gestalten. Das ist der Status quo. Und im Pariser Stadtrat geht auch nichts voran, im Gegenteil. Die Zukunft wurde jetzt ausgebremst, mal wieder, mit 76:82. Knapp, aber verloren ist verloren.

Schöne Pläne - in der Schublade

Das Tennisturnier am Bois de Boulogne zählt zu den vier bedeutendsten, traditionsreichsten der Welt. Aber anders als in Melbourne, Wimbledon und New York ist es hier im 16. Arrondissement viel zu eng. Die Besucher quetschen sich über die Anlage, und auf Court 2, auch bezeichnend, ist kaum Auslauf für die Profis hinter der Grundlinie. Als der Schweizer Stan Wawrinka dort spielte, der tendenziell eher weiter hinter der Grundlinie steht, kam er mehrmals fast mit den Linienrichtern in Berührung, die gezwungen waren, hektisch zur Seite zu springen. Die Ansprüche wachsen stetig. Selbst in New York bauen sie ja über dem Arthur-Ashe-Stadion ein Dach. In Paris existieren dagegen bislang nur Konzepte und schöne Pläne, in den Schubladen. Beeindruckende Animationen gibt es auch. Die Realität sieht anders aus.

Flutlicht existiert bis heute nicht, und somit werden keine Abendsessions abgehalten, mit der Folge, dass zu viele Topspieler zur gleichen Zeit antreten, der Zeitplan ist extrem gedrängt. Bei starkem Regen kann nicht wie in Melbourne oder Wimbledon wenigstens auf einem der Hauptplätze weitergespielt werden, die überdacht sind. Der französische Tennis-Verband möchte die dringend zu renovierende Anlage natürlich moderner gestalten, aber ein Clinch mit Anwohnern, Umweltgruppen und Politikern blockiert dieses Projekt. Die jüngste Sitzung im Pariser Stadtrat hat nun wieder ein ernüchterndes Resultat ergeben für das Tennisturnier: alles abermals verschoben.

"Wir sind in Geiselhaft politischer Machtspiele", teilt dazu Turnierdirektor Gilbert Ysern im Tonfall einer scharfen Klage mit und bedauert, dass man nach einigen juristischen Runden und diversen Zugeständnissen immer noch keinen Schritt weiter ist. Das Problem ist ja, dass im Norden der Anlage eine Autobahn das Areal begrenzt, im Süden und Westen wohnen Bürger in prächtigen Wohnblocks, und im Osten befindet sich direkt hinter dem Court 1 der Jardin des Serres d'Auteuil, ein wirklich wunderschöner botanischer Garten. Dort wollten die Veranstalter, der französische Verband (FFT), Grundfläche abzwacken und ein neues mittelgroßes Stadion errichten. Seit 2008 schon wird nun beim FFT an einer Lösung gearbeitet, die French Open, zu der jedes Jahr mehr als 400 000 Menschen kommen, aufzurüsten. Es sieht so aus, als sollten weitere Jahre dazukommen, bis hier etwas passiert. Selbst auf hoher politischer Ebene geht es nicht voran. Manche habe dafür aber auch Verständnis, "TennisCan" schreibt dazu im Internet: "Die Menschen in Frankreich haben eben ihre Traditionen, es dauert hier einfach lange, bis Veränderungen angenommen werden."

© SZ vom 31.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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