Zidane geht:Letzte Schritte in Madrid

Lesezeit: 2 min

Wehmütig verabschiedet Real den scheuen Zinedine Zidane.

Peter Burghardt

Schiedsrichter, pfeif' nicht ab, Zidane geht", flehte ein Plakat im Bernabeu-Stadion, doch Zidane ging sogar schon vor dem Abpfiff. In der 90. Minute nahm Trainer Juan Ramon Lopez Caro den lange Zeit besten Fußballer der Welt vom Platz, um ihn noch einmal feiern zu lassen. Viele der 78.000 Menschen erhoben sich, klatschten und riefen ein langgezogenes "Zizou", seinen Kosenamen, es war eine weitere Hommage an diesem Abend der Wehmut.

Für den Künstler kam Raul Bravo, ein vergleichsweise ungelenker Mann, die letzten Sekunden beim 3:3 von Real Madrid gegen den FC Villarreal im abschließenden Heimspiel der Saison waren schon ein Stück Zukunft. Zinedine Zidane trocknete den Schweiß und auch ein paar Tränen, zwischen Küssen und Umarmungen sank der Franzose auf die Ersatzbank. Er wird den Rasen dieser Arena als Profi nie mehr betreten.

Ein Auswärtsspiel für seinen Klub steht noch an, am Wochenende in Sevilla, wo Real Madrid den zweiten Tabellenplatz und die direkte Teilnahme an der Champions League sichern will. Nach der WM ist die Ära Zidane dann vorbei. Wenn Frankreich ausscheidet, dann endet die fantastische Karriere dieses mönchischen Artisten.

Kürzlich hatte Zidane seinen Abschied bekannt gegeben, er will sich künftig der Madrider Jugend widmen. Der frühere Trainer Vicente del Bosque glaubt, "dass er nicht aufgehört hätte, wenn die Mannschaft weiter Titel gewonnen hätte", im Vertrag stand eine Option auf ein weiteres Jahr. Doch es gab zum dritten Mal hintereinander keine Trophäe, nur viel Ärger. Der Absturz hatte 2003 mit dem Rauswurf von del Bosque und dem Verkauf von Zidanes Leibwächter Makelele begonnen. Der große Zizou wurde müde.

"Zidane ist schwer zu wiederholen"

Strahlend war die Zeit im weißen Hemd nur am Anfang gewesen. In den ersten beiden Jahren erbeutete Zidane hier die Champions League, den Weltpokal, die Meisterschaft, den Supercup, wurde Fifa-Spieler des Jahres. Sein Treffer beim 2:1-Sieg gegen Bayer Leverkusen im Glasgower Finale von 2002 war ein Geniestreich, der Schütze legte sich den Ball nach rechts und schlug ihn mit dem linken Fuß ins Netz. Andere hätten fünf Versuche gebraucht, um solche Bälle zu kontrollieren, sagt sein früherer Teamkollege Fernando Hierro. Das Tor und weitere Glanzstücke waren gegen Villarreal auf der Anzeigetafel zu sehen, im Spiel köpfelte der Artist das 2:2 und steuerte ein paar Pirouetten bei. Auf der Tribüne saß auch der vormalige Präsident Florentino Perez, der ihn 2001 für 75 Millionen Euro aus Turin geholt hatte und kürzlich geflüchtet war.

Es wurde ein Bad der Emotionen an einem Ort, der zuletzt eher schlichte Veranstaltungen erlebt hatte. "Was Zidane gemacht hat, ist schwer zu wiederholen", sprach der Brasilianer Baptista, der zweimal traf. "Man müsste bei Zidane sogar seine Art zu Gehen nachmachen", sagte Lopez Caro.

In diesen Momenten vergaßen die Gratulanten, dass sie an dieser Stelle vermutlich auch einige andere Spieler nicht wiedersehen werden, Reals Mannschaft wird sich sehr verändern. Einer nach dem anderen liebkoste den scheidenden Helden, und alle trugen zur Feier des Tages ein Spezialtrikot: "Zidane, 2001-2006", stand unter dem königlichen Wappen. Zinedine Zidanes Dress bekam Villarreals Argentinier Roman Riquelme, er hat es verdient. Im Unterhemd stand der Meister zum Schluss da und winkte scheu. Zinedine Zidane ging so bescheiden, wie er gekommen war.

© SZ vom 9.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: