Wucher-WM:Sieben Tickets für 15.000 Euro

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Reiche Fans sind glückliche Fans: Für die Weltmeisterschaft 2006 gibt es noch Karten - allerdings zu horrenden Preisen.

Christian Mayer

Wenn Männer weinen, dann geht es oft um ein großes Drama: Fußball. Insofern zielt eine neue Werbekampagne gut ein halbes Jahr vor der Weltmeisterschaft mitten ins Herz der Fans, die bisher bei der Kartenverlosung der Fifa leer ausgingen.

Don't cry heißt der Slogan - nur nicht weinen, es gibt noch Tickets für sämtliche Spiele der WM, wenn man nur genügend Geld hat.

Hinter der Kampagne steckt die International Sports and Entertainment Hospitality AG (ISE): ein internationales Unternehmen mit Sitz in Zürich, das bisher nur Insidern bekannt war.

Bei der WM spielt die Firma allerdings eine gewichtige Rolle. Schließlich erwarb sie bereits 2003 von der Fifa ein Zehntel aller Tickets, insgesamt etwa 350.000 Karten für 180 Millionen Euro.

ISE verkauft die Karten nun in unterschiedlichen Luxus-Paketen weiter, und angesichts der Konditionen ist es fragwürdig, ob sie die Fans glücklich macht oder nicht doch zum Heulen bringt: 5650 Euro kostet etwa ein "Hospitality-Programm", das auch zwei Spiele mit deutscher Beteiligung enthält sowie zwei weitere Spiele.

Garantiert beim Endspiel

Einzelkarten wird man über die ISE nach der Auslosung der Gruppenspiele am 9. Dezember auch kaufen können, für mindestens 633 Euro. Und wer den Höchstpreis von 15.000 Euro für sieben Tickets bezahlt, ist garantiert beim Endspiel dabei.

Was ISE unter dem Begriff "Hospitality" versteht, erläuterte Firmenchef George Taylor jetzt in München. Besondere Parkmöglichkeiten, persönliche Betreuung, Erinnerungsgeschenke und ein Unterhaltungsprogramm sind im Paket inbegriffen.

Kulinarisch werden die Fußballgourmets in den Logen unter anderem vom Gastronomen Michael Käfer versorgt - Filet vom Rind mit Hummer und weißen Spargeln oder Wachtelbrust stehen in den exklusiven "Sky Boxen" dann auf dem Speiseplan.

4000 Hostessen sollen sich um die Gäste kümmern, die sich notfalls auch eine Currywurst in den eigens für die WM umgerüsteten Stadion-Logen gönnen dürfen.

Vom "größten Hospitality-Programm der Sportgeschichte" spricht der Niederländer Taylor, ein Marketingprofi, der sich bester Beziehungen zu Franz Beckenbauer rühmt.

Keine weinenden Manager

Dass ISE gerade jetzt an die Öffentlichkeit geht, dürfte die Fußballfans verwundern. Schließlich hat der Anbieter bereits die Hälfte aller Karten verkauft - meist an Konzerne, die sich offenbar keine weinenden Manager bei der WM leisten wollen.

Werbung hätte die Firma kaum noch nötig. Aber auch normale Fans sollten nun die Chance erhalten, "diese einzigartige Lebenserfahrung" einer WM im eigenen Land live mitzuerleben.

Das klingt selbstlos - doch angesichts wachsenden Unmuts über die Fifa-Kartenpolitik scheint das Unternehmen, das sich auch einen einzigartigen Gewinn erhofft, besorgt zu sein, am Ende als Abzocker oder WM-Heuschrecke dazustehen.

Ähnliche Programme bei den Weltmeisterschaften in Frankreich und Japan/Südkorea seien viel teurer gewesen, versichert Taylor. Und beim deutschen WM-Organisationskomitee verweist man gerne darauf, dass ohne teure Exklusivangebote die Eintrittspreise weit höher ausgefallen wären.

Ob das alles die Fans beruhigen wird, die keine Chance haben, Kahn, Ballack und Co. im Stadion anzufeuern? Sie können sich im Fall einer Niederlage der Deutschen nicht mal von einer Hostess trösten lassen.

© SZ vom 25. November 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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