Wintersport:Stark auf dem Brett

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Der Münchner Niels Conradt zählt zu den Snowboardcrossern der Zukunft - was er bei den Jugendspielen gezeigt hat.

Von Jakob Schätzle

Das vergangene Wochenende verlief so gar nicht nach den Vorstellungen von Niels Conradt. Der Snowboardcrosser ist beim Europacup in Grasgehren mitgefahren, die Konkurrenz war hochkarätig und erfahren. "Ein Podest bei den Deutschen Meisterschaften wäre mega. Aber das wird richtig schwer. Da fahren alle deutschen Weltcupfahrer mit", hatte Conradt noch vor seinem Start im Allgäu gesagt. Am Ende landete der 17-jährige Münchner vom SC Dingolfing auf Platz 57 - gleichbedeutend mit dem letzten Rang in der Wertung der deutschen Meisterschaft. Die Titel sicherten sich Hanna Ihedioha (SC Dingolfing) und Sebastian Pietrzykowski (WSV Ebingen).

Conradt fuhr wie viele andere in seinem Alter bereits bei den Erwachsenen mit, auch wenn er noch bei U20-Rennen an den Start gehen dürfte. Er wäre gerne unter die Top 32 gekommen, noch aber hat seine Leistung gegen die deutschen Topfahrer nicht gereicht: "Den Qualilauf habe ich überhaupt nicht hinbekommen", sagt Conradt. Beim Start sei ihm direkt ein großer Fehler unterlaufen, das Timing habe überhaupt nicht gepasst: "Aber das war ein hochklassiger Europacup, eigentlich Weltcup-Niveau."

Dass Conradt durchaus bereits zu den Besten seiner Sportart gezählt werden kann, hat er einen Monat vor den Deutschen Meisterschaften bei den Olympischen Jugend-Winterspielen gezeigt - unter Gleichaltrigen. In der Schweiz gewann er die Silbermedaille und bewies Stärke auf dem Brett und im Kopf.

Als Kind zweier Snowboardfahrer ist Conradt von Beginn an nicht um den Wintersport herum gekommen. Als Zweijähriger stand er das erste Mal auf Skiern - und als er vier Jahre später das Gefühl hatte, das Fahren auf zwei Brettern zu beherrschen, da wechselte er auf ein Brett. "Ich habe damals ein Skischulrennen gewonnen", erinnert er sich heute. Danach habe er gedacht: "Jetzt kann ich Skifahren, jetzt will ich Snowboardfahren lernen."

Es geht nicht um Tricks, sondern um Geschwindigkeit: Niels Conradt (gelbe Hose) gehört zu Deutschlands Talenten im Snowboardcross. (Foto: OIS/Ben Queenborough)

Beim ersten Erfolg die Sportart wechseln - würde Conradt auch heute noch nach dieser Maxime handeln, er hätte schon mit dem Snowboarden aufhören können: Silber bei den Jugendspielen wäre eine akzeptable Marke gewesen. Doch ans Aufhören denkt Conradt selbstverständlich noch lange nicht, er steht erst am Anfang seiner Karriere. 2015 wurde er in den bayerischen Landeskader aufgenommen, seit 2017 gehört er zum Team des Bundesverbandes Snowboard Germany und lebt im Skiinternat Oberstdorf. Seine Zukunft plant Conradt entlang seines Sports.

Beim Snowboardcross durchfahren üblicherweise vier Sportler eine Strecke mit Schanzen und Kurven. Wer zuerst über die Ziellinie fährt, gewinnt. Korbinian Harder ist Cheftrainer im Nachwuchsbereich bei Snowboard Germany und sieht Conradt auf dem richtigen Weg. "Er hat Talent, verfügt über eine gute Athletik, ein gutes Brettgefühl, und er kann sich in bestimmten Situationen fokussieren und weiß, worauf es ankommt. Das ist bei jungen Sportlern nicht alltäglich", hebt Harder die mentale Stärke seines Schülers hervor. Sie war, da ist sich auch Conradt selbst sicher, bei den Jugend-Winterspielen ein entscheidender Faktor.

"Ich bin mit dem Ziel angereist, das Beste zu zeigen, was ich kann. Hab' ich gemacht und dann hat's gereicht", erklärt Conradt, als wäre der Gewinn der Silbermedaille hinter dem Schweizer Valerio Jud die einzig logische Konsequenz seines Handelns. Eine weiterreichende Begründung für seinen Erfolg bei den Nachwuchsspielen hat er auch: "Vor allem hatte ich ein extrem schnelles Brett, das schnellste auf dem Berg. Und ich war im Kopf frei, war voll da." Am Ende der Spiele kam noch ein weiteres Edelmetall hinzu: Im Mixed-Wettbewerb gewann Conradt zusammen mit Lilith Kuhnert sowie den Skicrossern Nina Walderbach und Sebastian Veit Bronze. Bis zum Ende der Saison um Ostern herum stehen für Conradt noch einige Rennen an, unter anderem bei der Junioren-Weltmeisterschaft am 24. März in Frankreich.

Mit zwei Jahren zum ersten Mal Ski gefahren – und mit sechs aufs Snowboard gewechselt: Niels Conradt, 17, will es auf einem Brett zu den Olympischen Spielen schaffen. (Foto: F. Nebas / SNBGER / OH)

Das gewohnte Terrain verlassen er und seine Kollegen danach auch noch nicht: Bis Juni oder Juli arbeitet das deutsche Nationalteam weiter in Gletschergebieten. In den Sommerferien reist der Kader dann voraussichtlich nach Australien, auf der Südhalbkugel, wo dann Winter ist. "Die Lücke komplett ohne Schneetraining ist relativ kurz", sagt Trainer Harder und ergänzt mit Blick auf die Athletik den oft gesagten Spruch: "Ein guter Wintersportler wird im Sommer gemacht. Das gilt auch bei uns Snowboardern." Der Weg von Conradt sei noch weit, das Höchstleistungsalter im Snowboardcross liege bei 26 - und Conradt sei ja erst 17 Jahre alt. "Es ist also noch lange hin, bis er etwa bei Olympischen Spielen erfolgreich sein kann", sagt Harder. "Wichtig ist einfach eine kontinuierliche Entwicklung. Verletzungen spielen hier ebenso eine Rolle wie die Schule."

Conradt geht in die zehnte Klasse. Nach dem Abitur, so ist zumindest der aktuelle Plan, will er als Sportsoldat zur Bundeswehr. Der Snowboardcrosser blickt gerne schon in die Zukunft, er will konstant gute Leistungen bringen, um dann sein langfristiges Ziel zu erreichen: "Großes Olympia", wie Niels Conradt es nennt - die Olympischen Spiele.

© SZ vom 27.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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