Wettskandal:Üble Gerüchte um Münchner Fußballprofis

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Eine Boulevardzeitung berichtet, Bastian Schweinsteiger, Paul Agostino und Quido Lanzaat seien in den Wettbetrug verwickelt. Nicht nur die Spieler dementieren, auch der Staatsanwalt weist die Vorwürfe zurück. Bayern-Manager Uli Hoeneß zürnt: "Da läuft eine Riesensauerei!"

Thomas Kistner

Am Donnerstagmittag bat Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern München, eines der Aushängeschilder des Rekordmeisters zum Gespräch. Ihm war zu Ohren gekommen, dass Gerüchte um den Nationalspieler Bastian Schweinsteiger in Zusammenhang mit dem Wettskandal kursierten.

Der 21-Jährige versicherte dem Klubchef "glaubhaft, dass er im ganzen Leben noch nie einen Euro gewettet hat", gab Manager Uli Hoeneß den Ertrag des Gesprächs am Abend wieder.

Da hatte das Münchner Boulevard-Blatt tz unter der Überschrift "Wie tief stecken sie im Wett-Sumpf?" bereits gemeldet, dass drei Münchner Fußball-Profis aus der 1. und 2. Bundesliga in den Skandal verwickelt sein sollen: Neben Schweinsteiger die Löwen-Spieler Paul Agostino und Quido Lanzaat.

Bayern droht mit Millionenklage

Eine Meldung, die hellen Aufruhr schuf. Auch bei der Münchner Staatsanwaltschaft I, für die Oberstaatsanwalt Anton Winkler sogleich sämtliche Darstellungen des Blattes vehement zurückwies.

"Ich dementiere alles", sagte Winkler der Süddeutschen Zeitung. "Der Bericht ist falsch. Die genannten Spieler werden nicht beschuldigt. Sie sind auch nicht verhört worden und nicht zu Verhören vorgeladen worden." Auch dies nämlich hatte die tz spekuliert.

"Wir sind der Meinung, dass da eine Riesensauerei läuft", sagte Uli Hoeneß. Der Verein schaltete noch am Donnerstag den auf Medienrecht spezialisierten Hamburger Anwalt Nesselhauf ein.

"Wir werden eine Schadensersatzklage wegen Rufmord gegen die tz anstrengen, wie es sie noch nie gegeben hat im deutschen Sport", kündigte derweil Bayern-Manager Hoeneß an.

In einer Presse-Erklärung teilte der Rekordmeister mit, "dass Bastian Schweinsteiger in einem persönlichen Gespräch mit den Verantwortlichen des Klubs versichert hat, dass die aufgestellten Behauptungen absolut frei erfunden sind."

Am Münchner Trainingsgelände an der Säbener Straße hatten sich binnen kürzester Zeit derart viele Kamerateams und Reporter versammelt, dass sich die Bayern-Spitze mit Karl-Heinz Rummenigge und Geschäftsführer Karl Hopfner zu einer spontanen Pressekonferenz veranlasst sahen.

Auch der TSV 1860 wies den Bericht strikt zurück. "Wir wollen uns in dieser Phase weder zum juristischen oder moralischen Richter aufschwingen", erklärte 1860-Geschäftsführer Detlef Romeiko am Donnerstagabend in einer Pressemitteilung des Vereins.

"Wir werden jedoch gegen die Veröffentlichungen auf Basis von Gerüchten mit gleicher Härte vorgehen, mit der auch unsere Spieler konfrontiert wurden. Bis zur Vorlage von Tatsachen gehen wir von der Unschuld unserer Spieler aus."

"Unverantwortlicher Rufmord"

Sowohl Agostino als auch Lanzaat hätten der Vereinsführung versichert, weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft auf Spiele, auch nicht auf einzelne Spielaktionen, Ergebnisse oder Tabellenplatzierungen der Liga, für die der TSV 1860 zum jeweiligen Zeitpunkt lizenziert ist, Wetteinsätze platziert zu haben.

Lanzaat äußerte sich dahingehend, er habe "in der Vergangenheit nicht auf Spiele meines Vereins gesetzt und werde das auch in Zukunft nicht machen".

Laut 1860-Pressesprecher Robert Hettich habe Lanzaat am Donnerstag eine Erklärung unterschrieben, in der er versichert, dass die Vorwürfe nicht zuträfen.

Dem Berliner Tagesspiegel sagte Lanzaat: "Die Leute, die Beweise haben, sollen sich melden, dann weiß ich, wie mein Name dahin kommt." Es gehe sie nichts an, ob er jemals gewettet habe. "Soweit ich weiß, ist es nicht verboten, auf Spiele zu setzen. Mehr will ich dazu nicht sagen."

Empört reagierte Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff auf die Verdächtigungen gegen Schweinsteiger: "Ich finde es unverantwortlich, wenn auf Grund von Spekulationen Rufmord an unseren Nationalspielern betrieben wird."

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) kündigte an, er wolle seine Nationalspieler künftig vor ungerechtfertigten Verdächtigungen schützen - auch mit juristischen Mitteln.

Der Geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger in einer Presseerklärung: "Die derzeit von einigen Medien praktizierten Verhaltensweisen sind unverantwortlich, unanständig und beschädigen den guten Ruf von Spielern, Bundesligaklubs und der Nationalmannschaft. Ich halte es für einen primitiven Vorgang, wenn durch effekthascherische Berichterstattung in der Öffentlichkeit stehende Sportler in Misskredit gebracht werden."

Ein ominöser Pate

Die Fußballer sollen nach dem tz-Bericht hohe Wetteinsätze auf möglicherweise manipulierte Fußballspiele gesetzt haben. Ein Wettpate habe die Fußballer gegenüber der Staatsanwaltschaft München I schwer belastet.

Schon Dienstagabend hatte das ARD-Magazin "Plusminus" berichtet, dass vom neuen Wettskandal auch die Bundesliga betroffen sein könnte. Mehrere Spieler, darunter auch ein Nationalspieler, arbeiteten nach Insider-Informationen mit der so genannten Wettmafia zusammen, war in der Sendung berichtet worden.

Bislang besteht in dem möglichen Wettskandal der Verdacht auf Manipulationen in der Zweiten Bundesliga und der Regionalliga. Vier Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft.

© SZ vom 17.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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