Wechsel bei Werder:Monsieur Micoud sagt wohl Adieu

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Johan Micoud, der "Mr. Cool der Bundesliga", will Werder Bremen verlassen. Der Verein hat schon einen Nachfolger.

Ralf Wiegand

Gäbe es eine Wahl zum coolsten Spieler der Bundesliga, Johan Micoud wäre haushoher Favorit. Er zieht, so lange er nicht Fußball spielt, stets einen Schweif aus Eiswürfeln hinter sich her.

Neulich erst erreichte dieser kühle Hauch der Arroganz die Hamburger Arena, wo Werder Bremen am letzten Spieltag ohne den gesperrten Regisseur in die Champions League vorgedrungen war. Während in den Stadion-Katakomben ein Heer von Reportern die Reaktionen darauf abfragte, durchquerte Zivilist Micoud das Areal, ohne dass ihm jemand auch nur zugeblinzelt hätte.

Monsieur Sprich-mich-nicht-an brauchte dazu nur sein Bleib-mir-vom-Leib-Gesicht aufzusetzen, den Rücken durchzudrücken und so zu tun, als sei außer ihm niemand da. Man wich ihm gerne aus - wahrscheinlich kann er auch das Meer teilen.

Mr. Cool der Bundesliga

Diese Aura hat dem 32 Jahre alten Franzosen bei Werders Fans eine Autorität verliehen, die an Abhängigkeit grenzt. Auf derzeit 168 Seiten bündeln sich im Forum auf der Klub-Homepage alle Ängste, Le Chef könnte seinen Heimwehbotschaften Taten folgen lassen.

Dass er seine Karriere in Frankreich beenden will, ist nun klar. Offen bleibt, ob er bis zum Ende seines Vertrages 2007 warten wird oder sofort geht.

"Ein Abgang von Micoud", fürchtet der Internet-Benutzer triple, "wird uns schwerer treffen als alle Abgänge der Vorjahre zusammen!" Da verließen immerhin Herzensbrecher wie Ailton und Ismaël oder ein Klassespieler wie Kristajic die Stadt.

Eine besondere Rolle kommt Werders frankophilem Sportdirektor Klaus Allofs zu. Als ehemaliger Spieler in Marseille und Bordeaux mit dem savoir vivre vertraut, ist er die erste Bezugsperson für Micoud und für den Klubanhang eine Art Transferseismograph.

Und der schlägt aus: Micoud hat Allofs unter vier Augen um seine Freigabe für den Fall ersucht, dass ihm schon jetzt ein französischer Klub ein gutes Angebot macht - wer weiß schon, was 2007 wäre? "Noch gibt es diesen Verein nicht", sagt Allofs, aber Micoud habe ihm erklärt, dass "eine Situation entstehen könnte, in der der Wunsch größer wird, seine Heimkehr vorzuziehen".

Angesichts von vier sagenhaften gemeinsamen Jahren wäre Werder gesprächsbereit. "Das gehört zu den Markenzeichen von Werder", sagt Allofs.

Junge Hoffnungen

Ein Verein wird sich für den nach Schewtschenko, Ronaldinho, Eto'o und Trezeguet fünftbesten Torschützen der gerade abgelaufenen Champions-League-Saison sicher finden. Doch kein Abschied ohne Hoffnung: Die portugiesische Sportzeitung O Jogo meldet, dass Werder sich die Dienste des brasilianischen Spielmachers Diego Ribas da Cunha, kurz: Diego, vom FC Porto gesichert habe.

"Das Geschäft ist perfekt. Diego wird vier Jahre bei Werder spielen", sagte Djair Ribas da Cunha, Vater und Berater des Regisseurs. Ihm zufolge stockten die Bremer ihr Einstiegsgebot von sechs auf sieben Millionen Euro auf.

Der offensive Mittelfeldspieler ist schon seit langem auf Werders Einkaufsliste, eigentlich wollte der Klub ihn schon vor zwei Jahren verpflichten. Er gewann als 16-Jähriger die brasilianische Meisterschaft mit dem FC Santos, wobei ihn die Fans noch mehr verehrten als seinen damaligen Mitspieler Robinho, heute Real Madrid. Diego, eine klassische Nummer zehn, hat nach dem Wechsel nach Porto 2004 nicht richtig Tritt gefasst in Europa und Ärger mit Trainer CoAdriaanse.

Der wirft ihm vor, sich nicht seinem Talent entsprechend zu bewegen. Diego saß zuletzt oft unzufrieden auf der Bank - Werder ist's recht. Auf diese Art hat ja schon einmal ein mürrischer Starspieler von der Ersatzbank eines damaligen Topklubs nach Bremen gefunden: Aus Parma kam 2002 ein gewisser Johan Micoud.

© SZ vom 19.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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