Volleyball:Verändertes Wesen

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Großen Anteil am Aufschwung: Vilsbiburgs Nachverpflichtung Channon Thompson bringt im Außenangriff die erhoffte Power. (Foto: Hansjürgen Britsch/imago/Pressefoto Baumann)

Mit dem deutlichen 3:0 gegen Dresden setzen Vilsbiburgs Volleyballerinnen ihren Aufwärtstrend fort und sind in den verbleibenden acht Spielen nur noch ein Mal Außenseiter.

Von Katrin Freiburghaus

Wenn Trainer darauf hinweisen, dass die Tabellenkonstellation "sehr, sehr eng sei", geschieht das in den meisten Fällen, um eine übermäßige Euphorie zu bremsen. Im Fall der Bundesliga-Volleyballerinnen aus Vilsbiburg ist die enge Tabellenkonstellation dagegen eine gute Nachricht und das Resultat ihrer aufsteigender Form. Denn das Team von Timo Lippuner hat seit Jahresbeginn lediglich zwei von sechs Spielen verloren - beide gegen den ungeschlagenen Tabellenführer Stuttgart. Nach einem überraschend deutlichen 3:0 (25:22, 25:22, 25:21) vergangenen Samstag gegen den drittplatzierten Dresdner SC hat sich am achten Tabellenplatz zwar noch nichts geändert, der Abstand nach oben ist allerdings zusammengeschmolzen: Platz acht ist vom vierten Rang mittlerweile nur noch vier Punkte entfernt.

"Der Vierte muss momentan um die Playoffs zittern, und der Neunte hat noch Chancen, Vierter zu werden", fasst Lippuner die Situation zusammen, und gibt sich keine Mühe zu verbergen, dass ihn das freut. Nach einer Hinrunde zum Vergessen, in der Lippuner in erster Linie Mangelverwaltung betrieb und sie nach außen möglichst optimistisch verkaufen musste, ist seit ein paar Wochen endlich etwas von jenem Potenzial zu sehen, das der Schweizer seinem Team im Sommer attestierte.

Großen Anteil am Aufschwung hat Nachverpflichtung Channon Thompson, die im Dezember als Reaktion auf die absurd anmutende Verletztenmisere für den Außenangriff geholt wurde und seither genau das tue, "wofür wir sie verpflichtet haben". Die Nationalspielerin aus Trinidad und Tobago entwickle im Duett mit der nach langer Verletzung wieder vollständig genesenen Laura Künzler erstmals "die Power im Außenangriff, die wir uns erhofft haben", sagt Lippuner. Seit dem Jahreswechsel machen die beiden Außenangreiferinnen das Rennen um die punktbeste Spielerin im Team regelmäßig unter sich aus, gegen Dresden lag Thompson mit 16 Zählern knapp vor der Schweizerin Künzler (13).

Thompson ist aber nicht nur spielerisch eine Bereicherung für die Mannschaft, die in der Hinrunde zwar nie ohne Spaß, "aber immer mit einem Rest Vorsicht" ins Spiel gegangen sei, wie Lippuner sagt: "Sie ist extrem ehrgeizig, aber gleichzeitig eine Frohnatur", beschreibt der Trainer die 24-Jährige. Das tut dem jungen Vilsbiburger Außenangriff gut. Gegen Dresden gewann Vilsbiburg durch mehr Selbstsicherheit in jenen Spielphasen, in denen die Gegner in der Hinrunde meist aus genau demselben Grund überlegen waren. "Damals hatten wir weder die Resultate noch die Gelassenheit", sagt Lippuner, "jetzt sieht man an unserer Körpersprache, dass wir wissen, dass wir gewinnen können."

Der entscheidende Faktor für diese grundsätzliche Wesensveränderung aber ist, dass die Mannschaft von Vilsbiburg im Grunde erst seit drei Wochen komplett ist. Seitdem, sagt Lippuner, könne er mit 14 Spielerinnen arbeiten, "das war vorher 13 Wochen lang nicht der Fall". Darunter litt nicht nur die Qualität am Spieltag, sondern auch das Niveau des Trainings, insbesondere der mentalen Komponente. "Wenn du mit drei Trainern und drei Ersatzspielerinnen gegen die erste Sechs spielst, damit du überhaupt sechs gegen sechs spielen kannst, kannst du keinen Druck aufbauen", sagt Lippuner.

Das Team kam so nie in Situationen, die jenen am Spieltag ähnelten, und hatte folglich Probleme, den Ernstfall zu bewältigen. Erst Recht mit einer Startsechs, auf die Vilsbiburgs medizinische Abteilung mehr Einfluss nahm als der Trainer. Mit komplettem Kader will Lippuner nun noch einmal angreifen. In die noch ausstehenden acht Spiele geht Vilsbiburg in der Form vom vergangenen Wochenende lediglich gegen den Zweiten Schwerin als Außenseiter. "Es wäre aber sträflich, jetzt zu glauben, es ginge von alleine", mahnt Lippuner - ein bisschen Euphorie Bremsen gehört offenbar immer dazu.

© SZ vom 04.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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