Volleyball:Rummmms!

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So bayerisch wie lange nicht: In Aufsteiger Eltmann, Herrsching und den Alpenvolleys Haching starten drei Klubs aus dem Südosten der Republik in die Bundesliga.

Von Katrin Freiburghaus und Sebastian Winter

Wenn an diesem Samstag die Erstliga-Volleyballer in ihre neue Saison starten, dann sieht man auf dem Tableau einen noch nie dagewesenen bayerischen Anstrich. In Aufsteiger Eltmann, Herrsching und den Alpenvolleys Haching sind drei Klubs aus dem Südosten der Republik im Zwölferfeld, eine eindrückliche Quote. Wobei man die Alpenvolleys ja immer noch nicht so recht verorten kann, ob nach Unterhaching oder doch nach Innsbruck. Auch deswegen braucht es dringend eine Handreichung: Über starke Aufsteiger, bangende Drinbleiber und mögliche Aussteiger.

Alpenvolleys Haching

Danilo Gelinski beim Zuspiel. (Foto: Bernd König/imago)

Hannes Kronthaler ist Tiroler Bauunternehmer, General Manager der Alpenvolleys Haching, Mädchen für alles im Klub (zum Geburtstag haben sie ihm mal einen Putzwagen mit Kennzeichen I-HKRON 2 geschenkt) und nebenbei noch Maseratifahrer (I-HKRON 1). Als Bauunternehmer hat der 53-jährige Chef des deutsch-österreichischen Dreijahresprojekts mit Hauptsitz in Innsbruck und Zweitsitz in Unterhaching ein Businessziel: Steigerung des Umsatzes, zumindest der Popularität. Weil beides vor dem dritten Bundesliga-Jahr noch nicht dort ist, wo er es haben will, schimpft Kronthaler auf seinen Zweitsitz: "Es geht um Sponsoreneinnahmen, Zuschauerinteresse, Infrastruktur. Und da sehe ich, dass sich zu wenig tut. Da fehlt der Kopf oder der Wille oder die Vision", sagte er der SZ, außerdem habe er "keinen einzigen Sponsor in Bayern bekommen. Die Tendenz ist: Wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, werde ich mich zurückziehen". Rummms!

Wer noch nicht ganz in der Materie steckt: Österreichs Rekordmeister Innsbruck, dessen starker Mann der einstige Rekordnationalspieler Kronthaler ist, siedelte 2017 aus Langeweile in der Heimat in die Bundesliga über. Dazu brauchte der Klub neben einer 50 000 Euro teuren Wildcard einen Lizenznehmer in Deutschland. Er fand Unterhaching, den einst strahlenden viermaligen Pokalsieger, der sich 2014 mangels Hauptsponsors zurückgezogen hatte. Kronthaler, selbst Geldgeber, hat die Sponsoren Innsbrucks ins Projekt mitgenommen, er hebt und senkt also den Daumen. Außer Lizenznehmer Unterhaching sagt nun selbst, dass er die Lust verloren hat, Kronthaler als Juniorpartner zu dienen. Dem General Manager fehlt neben bayerischen Sponsoren die Identifikation der Fans, die auch schwierig zu finden ist, weil die Heimspiele ja fifty-fifty in Unterhaching und Innsbruck stattfinden. Und weil kein einziger Spieler aus Deutschland, geschweige denn aus Unterhaching stammt. Sportlich hingegen sind die Alpenvolleys schnell zum Rivalen der Platzhirsche Berlin und Friedrichshafen erwachsen. Nach zwei Playoff-Halbfinalteilnahmen ist nun das Finale das große Ziel. Und möglichst auch noch, ins Pokalendspiel einzuziehen.

Der Sieben-Nationen-Kader fand sich allerdings wegen diverser Nationalmannschafts-Absenzen spät, Trainer und Hobbyjäger Stefan Chrtiansky muss gar bis nach dem zweiten Spieltag in Herrsching auf seine neuen Australier Max Staples und Jordan Richards verzichten. Der dritte neue Außenangreifer Jérôme Clère sei top, sagt Kronthaler. Der vierte ist nicht neu und habe gerade eine tolle Frühform - das muss Vater Kronthaler auch sagen über Sohn Niklas. Auch auf der Diagonalen gibt es eine gute Mischung: Der zurückgekehrte Paulo da Silva ist die Nummer eins, vor dem Kanadier Jerome Cross, der noch nie Profi-Volleyball gespielt hat. Gegen den TV Rottenburg sollte am Sonntag (17 Uhr) ein Pflichtsieg her, gespielt wird übrigens in Innsbruck. Es könnte sein, dass dieses Mal eher weniger Fans aus Unterhaching den Weg in die Olympiahalle finden werden.

Volleys Herrsching

So knapp: Libero Ferdinand Tille zeigt es an. (Foto: Oryk Haist/imago)

Eine Zuschauerproblematik ganz anderer Art beschäftigt die Herrschinger: Ihre Nikolaushalle ist nicht regelkonform und nur aufgrund einer Sondergenehmigung für den Ligabetrieb zugelassen. Der zeitliche Spielraum für eine Lösung schrumpft. Nachdem sich Pläne für einen Neubau in Herrsching zerschlugen, ruhen die Hoffnungen des "Geilsten Clubs der Welt" nun auf dem Landkreis Fürstenfeldbruck. Sollten auch diese Pläne scheitern, so kündigte Trainer Max Hauser bereits an, werde es langfristig zweitklassig weitergehen.

Auf die kommende Saison hat diese Thematik aber keinen Einfluss, schwerer wog da schon die Personalie Artem Sushko - seit anderthalb Jahren ebenfalls ein Dauerthema. Der Ukrainer galt im Außenangriff als fest eingeplant, schaffte es aber nach Angaben der Herrschinger nicht, sein Visum zu verlängern. "Bis Dezember", hatte Hauser relativ schnell angekündigt, werde man mit zwei Außen-Annahmespielern auskommen müssen. Das klang zunächst ein bisschen kryptisch. Andererseits war es kein Geheimnis, dass Tom Strohbach den Alpenvolleys trotz eines mutmaßlich ordentlich dotierten Angebots einen Korb gegeben hatte - weil er in München studieren wollte. Der Grund für die Absage des ehemaligen Hachingers und Herrschingers war eine Blaupause des Stellenprofils, das der Klub schon vielen Spielern als Alternative zu viel Geld anbot. Nachdem Strohbach auf Bildern von der Team-Fete auf dem Oktoberfest mit seinen potenziellen Mannschaftskollegen aufgetaucht war, überraschte es nicht mehr so richtig, als er zu Wochenbeginn unterschrieb. Der Kader ist nun formal vollständig, der zurzeit verletzte Strohbach hofft auf einen Einsatz ab Dezember. Für die Auftaktpartie in Giesen (Sa. 19 Uhr) prognostiziert Hauser "einen harten Fight, weil es gleich ein direkter Konkurrent ist". Die beiden Außen Jori Mantha und Tim Peter stellen sich von allein auf, ihre Not-Backups sind der junge Diagonalangreifer Jonas Kaminski und der zweite Zuspieler Benedikt Sagstetter, die beide Außenangriff trainiert haben.

Volleys Eltmann

Bejubelt einen Punkt: Merten Krüger. (Foto: Ryan Evans/imago)

Obwohl Herrsching zu der Zeit, als Eltmann letztmals erstklassig spielte, noch weit von der Bundesliga entfernt war, kennen sich beide Teams aus der Vorbereitung. "Die sind richtig gut", sagt Hauser mit einer Mischung aus Anerkennung und Sorge über den direkten Konkurrenten um die hinteren Playoff-Plätze. Darüber hinaus pflegt Eltmann enge verwandtschaftlichen Bande zum Klub vom Ammersee: Der von den Alpenvolleys wegen besserer Einsatzchancen nach Unterfranken abgewanderte Jonas Sagstetter ist der Beachpartner und ältere Bruder von Herrschings Benedikt, Eltmanns Libero Fabian ist ihr Cousin. Neben den vielen internationalen Profis ist Letzterer die kurioseste Personalie im Kader. Sagstetter ist mehrmaliger Weltmeister im Faustball. Zwar spielte er für Eltmanns Volleyballer schon in der dritten Liga und der Regionalliga. Coach Marco Donat war zunächst trotzdem skeptisch, als ihm Manager Rolf Werner den 29-Jährigen als zweiten Libero neben Tobias Werner vorschlug - denn Bodenberührungen wie im Faustball freuen im Volleyball bekanntlich nur den Gegner. Offenbar überzeugte Fabian Sagstetter. "Wir haben nach ein paar Trainingseinheiten gesehen, dass das funktionieren kann", sagt Donat.

Er setze nicht nur auf Sagstetters "extreme Reflexe", sondern auch auf seine internationale Erfahrung. "Das hilft der Mannschaft." Immerhin sind neun Nationen im Team vertreten. Portugal ist nicht dabei, es wurde also niemand bevorzugt, als sich Eltmann bei einem Turnier in Lissabon den Schliff für die Saison verpasste. Für das Auftaktspiel bei Pokalsieger Friedrichshafen (Sa. 19.30 Uhr) formuliert Donat dennoch eine demütige Erwartungshaltung, nämlich "keine". Zumindest "an das Ergebnis", wie er sagt. Ein gutes Spiel am Samstag und der Klassenerhalt sind die Zielvorgaben.

© SZ vom 12.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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