Volleyball:Nische im Norden

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Die Frauen-Bundesligisten müssen ihre Kader wegen der Corona-Krise mit niedrigeren Etats planen. Nicht nur die ohnehin sparsamen Straubingerinnen, sondern auch die Roten Raben Vilsbiburg werden daher kreativ.

Von Katrin Freiburghaus

Die Frage, ob etwas Richtiges im Falschen möglich sei, gehört zu den großen Problemen der Philosophie. Mit einem Ableger dieser Frage schlagen sich seit diesem Frühjahr die Volleyball-Bundesligisten herum, denn vieles, was die kommende Saison betrifft, ist nicht seriös vorauszusagen. Wird es Zuschauer in den Hallen geben? Und falls ja, wie viele? Wird die Saison pünktlich beginnen? Wird sie ohne Unterbrechung durchzuspielen sein? Ungeachtet dieser Unbekannten müssen die Klubs die Basis für einen pünktlichen Spielbeginn schaffen, also Spielerinnen weiter- oder neu verpflichten. Es geht um sichere Zusagen in unsicherer Lage.

Gar so kompliziert, wie es klingt, sei es praktisch dann aber gar nicht gewesen, sagt Florian Völker, Vilsbiburgs neuer Trainer. "Ich bekomme vom Verein ein Budget, und das kann ich ausgeben." Wie das zustande komme, sei erst einmal egal. Dass es kleiner ausfiel als geplant, dagegen nicht. "Um damit ähnliche Ziele zu erreichen, muss ich schauen, dass ich Spielerinnen finde, die Ähnliches leisten können, aber vielleicht nicht so viel kosten", sagt der 29-Jährige. Zumal es in Europa aktuell große Unterschiede bezüglich der Transferpolitik gebe. Nicht in allen Ligen sinken die Preise, was dazu geführt hat, dass die Besten für deutsche Klubs kaum zu bekommen sind.

Somit sind nicht nur die Straubingerinnen, die in ihr drittes Erstliga-Jahr gehen, sondern nun auch Vilsbiburgs Verantwortliche auf Nischen angewiesen. Eine dieser Nischen ist Finnland. Die ersten beiden Vilsbiburger Zugänge spielten dort zuletzt in der ersten Liga: die US-Amerikanerinnen Kayla Haneline (25, Mittelblock) und Alexis Conaway (24, Außenannahme). Finnland gehört bereits seit ein paar Jahren zu den europäischen Ligen, aus denen deutsche Klubs gerne Spielerinnen verpflichten. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen mache Finnland "seit mehreren Jahren einen guten Job, das ist ein ganz ordentliches Niveau", befindet Völker. Zum anderen betrachten die wenigsten Spielerinnen aus Übersee die finnische Liga als Ziel ihrer Karriere. "Viele sehen einen Wechsel dann so ein bisschen als nächsten Schritt an", sagt Völker.

Letzteres dürfte auch für die Kanadierin Danielle Brisebois (25, Außenannahme) gelten. In der abgebrochenen Saison spielte sie bereits beim Tabellenvorletzten Erfurt unter Völker und folgt ihrem Trainer nun nach Niederbayern. Ihre erste Station in Europa absolvierte die drittbeste Scorerin der vergangenen Saison vor drei Jahren übrigens wenig überraschend: in Finnland. Vilsbiburgs Kader umfasst somit bereits neun Spielerinnen; Josepha Bock, Corina Glaab, Lena Möllers, Nikki Taylor, Myrthe Schoot und Jodie Guilliams verlängerten ihre Engagements oder besaßen noch gültige Verträge.

Ohnehin Erfahrung mit der Suche in der Nische hat Straubing - und ist für die Diagonalposition beim Nachbarn in Vilsbiburg fündig geworden: Iris Scholten spielte nach einem guten ersten Jahr in der vergangenen Saison trotz guter persönlicher Entwicklung wenig. Im jungen Kader von Benedikt Frank dürfte die 20-jährige Niederländerin neben der erst 17 Jahre alten Juniorennationalspielerin Marie Hänle hingegen als gesetzt gelten. Auch im Zuspiel setzt Frank in Elisabeth Kettenbach neben Magdalene Gryka auf ein 19-jähriges Talent. Mit Mittelblockerin Oda Lovo Steinsvag, 19, laufen zudem aussichtsreiche Gespräche; Valbona Ismaili und Sophie Dreblow bleiben in Straubing.

Frank ist optimistisch, seinen Kader bis zum Trainingsauftakt am 1. August beisammen zu haben. Ein Team und ein festes Datum - immerhin ein bisschen Sicherheit in einer Zeit mit vielen Fragezeichen.

© SZ vom 30.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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