Volleyball:León, der Profi

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Kein Durchkommen: Berlins Graham Vigrass (hinten) bleibt im Block von Kasan hängen. (Foto: Antonietta Baldassarre/Imago)

Berlins Männer scheitern im Final Four der Champions League. Und im Playoff-Finale der Bundesliga droht schon das nächste Misserfolgserlebnis.

Von Sebastian Winter, München

Wilfredo León ist in jeder Hinsicht ein außergewöhnlicher Volleyballer. Der Kubaner stand 2008 als 14-Jähriger im Nationalmannschafts-Kader für die Olympia-Qualifikation. Später heiratete León auf Kuba seine polnische Freundin, er verlor seinen Status als Nationalspieler, flüchtete mit seiner Frau nach Osteuropa und erhielt die polnische Staatsbürgerschaft. Weil der dortige Nationaltrainer ihn nicht wollte, durfte er bislang auch nicht für Polen spielen. Dafür hat León - diese Sprungfeder, die sich in die Höhe schrauben kann wie kaum ein anderer Spieler der Welt - mittlerweile fast schon Heldenstatus bei seinem russischen Klub Zenit Kasan.

Am Samstag zerstörte der 23-Jährige in Rom vor 9000 Zuschauern die Träume der Berlin Volleys vom Champions-League-Finale fast alleine. 21 Punkte trug León zum klaren 3:0 (25:21, 25:22, 25:13)-Erfolg bei, verloren hat sein vom russischen Energieriesen Gazprom großzügig alimentierter Klub in dieser Saison kein einziges seiner bislang 42 Spiele. Im Finale fegten León und die anderen Weltstars den VC Perugia 3:0 vom Feld, Berlin verlor derweil das Spiel um Platz drei 1:3 gegen Lube Treia. "Klar ist die Enttäuschung groß, jetzt mit leeren Händen dazustehen", sagte Berlins Zuspieler Sebastian Kühner. Nach Platz drei beim selbst ausgerichteten Final-Four-Turnier vor zwei Jahren und dem Triple aus Pokal, Meisterschaft und zweitklassigem CEV-Cup in der vergangenen Saison droht den Berlinern nun eine ganz und gar titellose Spielzeit - und der inoffizielle Titel "Vize-Volleys". Im deutschen Supercup und im DVV-Pokal scheiterten sie an Friedrichshafen, was ihnen am Mittwoch im zweiten Playoff-Finalspiel um die deutsche Meisterschaft erneut passieren kann. Denn sollten sie nach der 0:3-Auftaktpleite auch die zweite Partie verlieren, ist Friedrichshafen Gewinner der Best-of-three-Serie, die extra wegen Berlins Champions-League-Erfolg von maximal fünf auf drei Spiele verkürzt worden war. Bezwingen sie Friedrichshafen, wird die Serie danach am Sonntag in Friedrichshafen entschieden. Nur so viel zur Statistik: Berlin hat in dieser Saison kein einziges seiner bislang fünf Duelle gegen das Team vom Bodensee gewonnen.

Die Berliner wirken ohnehin nach einem winterlichen Zwischenhoch seit Wochen ausgezehrt, die Dreifach-Belastung macht sich bemerkbar - und Trainer Roberto Serniotti steht nach zwei Jahren vor dem Absprung. Der Vertrag des Italieners läuft nach dieser Saison aus, Berlin hat dem 55-Jährigen bislang kein neues Angebot unterbreitet. Berlins mächtiger Manager Kaweh Niroomand hatte Serniotti nicht nur einmal indirekt wegen dessen Mannschaftsaufstellung kritisiert.

So dürfte diese Woche zu Serniottis letzter als Trainer in Berlin werden. Nach einer Saison, in der die Volleys auch großartige Leistungen gezeigt haben, wie in der Vorschlussrunde der Champions League gegen die hochfavorisierten Profis von Dynamo Moskau. In der ihnen aber auch eines fehlte, was sie immer ausgezeichnet hatte, vor allem in der vergangenen Spielzeit: Kaltschnäuzigkeit in den entscheidenden Phasen des Spiels. Wilfredo León zeigte ihnen, wie das geht. Als Berlin im zweiten Satz herankam, machte der Kubaner einfach zwei Asse.

© SZ vom 02.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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