Volleyball:"Es war immer progressiv"

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Eine von zwei Übriggeblieben im Kader: Straubings Zuspielerin Elisabeth Kettenbach strebt einen Platz unter den besten Acht an. (Foto: Matthias Rietschel/Imago)

Trainer Benedikt Frank vor dem Playoff-Viertelfinale der Straubinger Volleyballerinnen über seine Bilanz in Niederbayern und die Gründe für seinen Wechsel nach Wiesbaden.

Von Katrin Freiburghaus

Nawaro Straubings Bundesliga-Volleyballerinnen schließen die Hauptrunde auf Platz sieben ab und treffen in den am Mittwoch beginnenden Playoffs auf Meister Stuttgart. In den vier Jahren unter der Regie von Trainer Benedikt Frank haben sie sich in jeder Saison gesteigert: Im ersten Jahr gelang der Aufstieg in die erste Liga, im zweiten der sportliche Klassenverbleib, in der vergangenen Saison als Achter der Einzug in die abgesagten Playoffs. Nun kletterte Straubing noch einen Rang weiter nach oben. Die Playoffs werden trotzdem Franks letzte Spiele als Straubings Trainer sein: Der 40-Jährige verlässt den Verein gen Hessen. Ein Gespräch über Trennungsschmerz, Leistungsmaximum und Entwicklung trotz Corona.

Das Viertelfinale wird im Modus Best-of-three ausgetragen, was ist gegen Stuttgart realistisch?

Benedikt Frank: Ach, Dresden wäre als Gegner viel undankbarer gewesen. Wir kennen Stuttgart. Klar haben wir sie im letzten Liga-Duell vorgewarnt (3:0, Anm. d. Red.), aber wir wissen dadurch auch, dass wir sogar eine Chance haben. Vielleicht sind sie ein bisschen verunsichert, wer weiß? Wir glauben an unsere Chance auf eine Überraschung, weil die müssen, während wir nur wollen. Unser Ziel ist, am Sonntag noch mal zu spielen: ein drittes Spiel also.

Das klingt, als wären Sie mit der Saison schon jetzt einverstanden.

So ist es. Wir wollten in der Hauptrunde gerne Siebter werden, das haben wir erreicht. Das ist ziemlich cool, wenn man berücksichtigt, dass der Kader im Sommer noch einmal jünger geworden ist. Vor dem Hintergrund, dass ich den Verein verlasse, befriedigt mich das schon sehr. Ich gehe jetzt mit dem Gefühl, was Gutes zu hinterlassen und viel erreicht zu haben, denn es war immer progressiv.

Sie wechseln nach Wiesbaden und damit zu einem Team, das die Hauptrunde auf Platz zehn beendet und die Playoffs verpasst hat. Warum?

Es geht dabei nicht um den Ist-Zustand, sondern darum, dass wir in Straubing absolut am Maximum spielen. Ohne unser aller Leistung zu schmälern: Das kann man selbst mit guter, harter Arbeit nicht garantieren, dazu gehört immer auch Glück, und das hatten wir. Ich hoffe, dass Bart (van der Mark, bisheriger Co-Trainer, Anm. d. Red.) das in den nächsten Jahren auch erreicht, aber es ist nicht selbstverständlich. In Wiesbaden lief es in dieser Saison schlechter, aber die Erwartungen sind andere, weil der Verein schon eine andere wirtschaftliche Stufe und ein anderes Professionalisierungsniveau erreicht hat als Straubing.

"Man kann hier noch viel rausholen. Aber das dauert einfach, weil die Schritte, die jetzt kommen, wichtig, aber klein sind": Benedikt Frank. (Foto: Hansjürgen Britsch/Pressefoto Baumann/Imago)

Das klingt sehr theoretisch ...

Konkret heißt das, dass es in Wiesbaden mehr Hauptamt gibt - und eine zweite Mannschaft, die zweite Liga spielt. Die haben eine reine Volleyball-Halle in der Innenstadt. Das eröffnet - auch mir als Trainer - die Perspektive, immer um den fünften, sechsten Platz zu spielen, und mittelfristig vielleicht auch mal um den vierten.

Sehen Sie diese Perspektive in Straubing nicht?

Das habe ich nicht gesagt. Man kann hier noch richtig viel rausholen. Es gibt viele Gönner, die Lust haben, hier ist noch lange nichts ausgereizt. Aber das dauert einfach, weil die Schritte, die jetzt kommen, sehr wichtig, aber klein sind: Geschäftsstelle weiter aufbauen, weiterhin Erfolge einfahren, mit der Stadt über eine mögliche Halle sprechen, die Sponsoren besser präsentiert. Vieles davon ist in Wiesbaden schon passiert, weshalb das mögliche Maximum dort höher ist. Mit dem Mehr an Potential steigt aber natürlich auch der Druck. In Straubing hatten wir immer Ermutigung, aber nie Druck. Das war ein sehr angenehmes Arbeiten.

Sie haben die nötige Weiterentwicklung angesprochen: Wie sehr hat die Pandemie Straubing dabei zurückgeworfen?

Das kann man für das Bundesliga-Team so klar gar nicht beantworten. Es gibt ja noch immer Hilfen. Es ist unbestritten ein Nachteil, dass man sich nicht präsentieren kann. Aber der große Fortschritt ist die Digitalisierung. Unser Sport lebt auch davon, dass wir über Streams und das Fernsehen angenommen werden. Dort schauen jetzt zwangsläufig mehr Leute, weshalb die Klubs die Angebote stark verbessert haben. Die Streams sind moderiert, was viel fanfreundlicher ist - und sich damit auch viel besser vermarkten lässt.

Inwiefern beeinflusst das die sportliche Entwicklung?

Es geht auch immer um Sponsoren, und somit um Eventisierung und darum, die Leute bei der Stange zu halten. Die Außendarstellung ist nicht nur eine Frage des sechsten oder siebten Platzes, sondern auch solcher Angebote. Deshalb glaube ich, dass wir langfristig betrachtet keinen Rückschritt gemacht, sondern eher neue Plattformen erschlossen haben. Das ist finanziell halt noch nicht sichtbar.

Was werden Sie am meisten vermissen?

Bayern ist meine Heimat! Außerdem wurde unsere Arbeit toll angenommen. Als die Halle letztes Jahr geschlossen aufstand und "Oh, wie ist das schön" sang, oder wenn ich nach Spielen auf der Straße oder im Irish Pub angesprochen wurde - das sind Dinge, die ich aus anderen Orten nicht so kannte. Das hat schon gut getan, das nimmt man auch mit. Vielleicht wird es am Mittwoch gar nicht so emotional, weil ich mich ja nicht verabschieden kann. Das ist schade, denn von unseren 1000 Zuschauern kennt man schon einige hundert, die ich wenigstens gerne abklatschen würde, um mich für die vier Jahre zu bedanken. Unter den aktuellen Bedingungen gehe ich fast ein bisschen still und heimlich.

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