Volleyball:Erstmal Plan B

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Eltmann und die Alpenvolleys verabschieden sich aus der Bundesliga. Was passiert mit Spielern und Trainern, wenn sich ihr Klub abmeldet?

Von Katrin Freiburghaus

Douglas Duarte da Silva hat die Atemschutzmaske nach unten geschoben, als er "Time to say goodbye" in seine Handykamera sagt. Hinter ihm ist die Innsbrucker Olympiahalle in vollem Spieltagsornat zu sehen. Ganz so, als hätte ein Dornröschen-Fluch jenen Abend konserviert, an dem die Alpenvolleys zum letzten Mal in der Volleyball-Bundesliga antraten. Jenen Abend Mitte März, an dem die Saison wegen der Coronavirus-Pandemie abgebrochen wurde; vier Wochen bevor Alpenvolleys-Manager Hannes Kronthaler verkündete, das transalpine Projekt nach drei Jahren einzustellen. Schließlich ist unklar, wie es weitergeht und welche Klubs dann noch an der Liga teilnehmen. Da Silva steht jetzt jedoch nicht vor der Halle, um nachzusehen, ob hier bald wieder gespielt werden kann, sondern, um sich mit einem Video von den Fans zu verabschieden. Die Frage nach der Zukunft kann er nämlich beantworten, zumindest für sich: Der 36-Jährige beendet seine Karriere. Diese Klarheit hat er vielen voraus, auch seinen ehemaligen Konkurrenten aus Eltmann.

Deren insolventer Arbeitgeber erhält keine neue Erstligalizenz, die Verträge mit Spielern und Trainer wurden zum 1. April gekündigt. Anders als bei den Alpenvolleys werden keine Gehälter mehr gezahlt. Was passiert jetzt mit den Profis der beiden bayerischen Volleyballklubs? Die Konsequenzen sehen sehr unterschiedlich aus. Eines aber haben alle Vereine gemeinsam. "Es ist, als hätte jemand den Pausenknopf gedrückt", sagt Eltmanns Trainer Marco Donat. Ein Rundgang.

Der Nachwuchsspieler: Jonas Sagstetter

Jonas Sagstetter. (Foto: Eibner/imago)

Er habe jetzt viel Zeit für sein Fernstudium, sagt Jonas Sagstetter, das sei wohl so etwas wie der aktuelle Plan B. Und in diesen Tagen kann es schließlich nicht schaden, einen Plan B zu haben. Doch Sagstetter klingt wie einer, der gar keinen Plan B haben will, weil er dafür mit 20 Jahren, 1,90 Metern und einer präsentablen Saison zu jung, zu groß und zu talentiert ist. Er will lieber seinen Plan A vorantreiben. Der Außen-Annahme-Spezialist wechselte im Sommer von den Alpenvolleys, wo er kaum Einsatzzeiten bekommen hatte, zum Aufsteiger nach Eltmann, wo er nach eigenem Bekunden "zum ersten Mal richtig Fuß gefasst" habe in der höchsten deutschen Spielklasse. Weil auch der TV Rottenburg aus wirtschaftlichen Gründen die Segel streichen musste, fehlen nach derzeitigem Stand bereits drei Erstliga-Teams. "Das sind zwölf Außenangreifer", sagt Sagstetter, "da irgendwo reinzukommen, wird hart." Er hat Angebote von Zweitligisten, aber das wäre wohl bestenfalls Plan C, denn er nahm ja gerade Anlauf - wer bleibt da schon gern nach zwanzig Metern stehen, um wieder umzudrehen? Sagstetter will bis Mai warten und hoffen, dass sich die Vereine sortieren und Lösungen für die momentane Unsicherheit finden.

Der Vollprofi: Florian Ringseis

Florian Ringseis. (Foto: Markus Fischer /imago)

Der Libero der Alpenvolleys hatte es schon geahnt, aber ein bisschen Hoffnung sei noch dagewesen. Er habe damit geliebäugelt, nach zwei Jahren in Innsbruck zu verlängern. Und nun? Der 27-jährige Österreicher hat mal erzählt, er könne sich nach dem Karriereende vorstellen, Fremdenführer zu werden - oder Bundespräsident. Für Letzteres ist er aber selbst für österreichische Verhältnisse noch ein bisschen jung, und Fremdenführer ist während einer Kontaktbeschränkung nur unwesentlich aussichtsreicher als Volleyballprofi. Ringseis kennt die Situation, im Sommer ohne Vertrag dazustehen, "aber dass der Verein aufgelöst wird, ist neu". Zumindest muss er sich nirgendwo vorstellen, seine Qualitäten sind bekannt. Die Corona-Pandemie mache die Klubsuche allerdings schwierig. "Kein Verein kann planen, alle schrauben das Budget runter", sagt er. Man spreche mit vielen, aber keiner mache konkrete Zusagen, "solange unklar ist, ob im Herbst überhaupt eine neue Saison startet". Ringseis würde gerne in Deutschland bleiben, aber der Markt ist kleiner geworden. Er klingt für den Moment eher wehmütig als besorgt, sagt aber: "Ein bisschen Unsicherheit schwingt schon mit."

Der Routinier: Merten Krüger

Merten Krüger. (Foto: Marcel Lorenz/imago)

Als Eltmann den Schritt in die erste Liga wagte, war Merten Krüger, 29, einer der wenigen verbliebenen Spieler aus dem Aufstiegskader. Seine erste Amtshandlung bestand darin, seine Vollzeitstelle auf halbtags zu kürzen, um sich noch einmal zu beweisen, dass er mithalten kann in der ersten Liga. "Das hat geklappt, diese Erkenntnis bleibt unterm Strich übrig", sagt er. Davon abgesehen, arbeitet er jetzt wieder Vollzeit. "Ich bin heilfroh, dass ich noch einen Job habe", sagt Krüger. Alles andere lasse er entspannt auf sich zukommen. Das ist eine komfortable Situation. Denn alles in der Liga laufe momentan "sehr theoretisch ab". Nach der chaotischen Spielzeit in Eltmann, das bereits im Dezember Insolvenz angemeldet hatte, überwog bei ihm die Erleichterung über das Saisonende, "das war psychisch sehr anstrengend". Die bunt zusammengewürfelte Mannschaft kämpfte um den sportlichen Anschluss und wurde parallel vor immer neue vollendete Tatsachen zu ihrem Arbeitgeber gestellt: "Da hat sich schon auch mal die Sinnfrage gestellt."

Die beiden Trainer: Marco Donat und Stefan Chrtiansky

Mit den Alpenvolleys verbindet Stefan Chrtiansky viel mehr als ein Vertrag. Der 57-jährige Slowake ist ein enger Freund von Manager Kronthaler und war im Verein stets das, was am nötigsten gebraucht wurde: mal Sportdirektor, mal Trainer, mal beides. Er bleibt dieser Linie treu und folgt Kronthaler in den geordneten Profi-Ruhestand: Chrtiansky wird das Hypo Tirol Volleyball Team in der österreichischen zweiten Liga weiterführen.

Eltmanns Marco Donat folgt niemandem, er fährt erst mal nach Hause. "Die Spieler sind auch zu Hause, von den Ausländern wird hier keiner mehr spielen, in Eltmann ist Neuanfang angesagt", sagt er, und fügt hinzu: "Und da bin ich nicht involviert." Obwohl er dafür nicht mehr bezahlt wird, hält er noch Kontakt zu seinen Spielern, denn das Ende sei in seiner Schärfe dann doch "einigermaßen surreal" gewesen. "Wir haben telefonisch und per Whatsapp Kontakt, um zu hören, wie es allen geht", sagt Donat. Immerhin habe man ein halbes Jahr lang mehr Zeit miteinander verbracht als mit der eigenen Familie. Wie es für ihn weitergeht, weiß er nicht. Auch die Trainerstellen sind nicht zahlreicher geworden.

© SZ vom 18.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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