Volleyball:Das gewisse Extra

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Die Roten Raben Vilsbiburg gewinnen das Derby gegen Nawaro Straubing - auch dank Luisa Kellers Emotionen.

Von Katrin Freiburghaus

Derbys hätten eine eigene Dynamik, heißt es. Wegen der besonderen Stimmung in der Halle, heißt es. Wegen der Extramotivation durch die Fans, heißt es. Von all dem hatte das Niederbayern-Derby in der Volleyball-Bundesliga zwischen Vilsbiburg und Straubing am vergangenen Donnerstag aus omnipräsenten Gründen allerdings nichts: Die Ränge blieben beim 3:0 (25:21, 25:12, 28:26) der Vilsbiburgerinnen wegen der hohen Infektionszahlen mit Covid-19 im Landkreis fast leer; nur 50 Zuschauer waren noch zugelassen. Die machten mit Trommeln zwar ordentlich Krawall, um eine wirklich explosive Stimmung mussten sich die Spielerinnen dennoch zu einem Großteil selbst kümmern.

Das taten sie auch. Auf Seiten der Gastgeberinnen behüpften und beklatschten insbesondere Außenangreiferin Jodie Guilliams und Diagonalangreiferin Luisa Keller jeden erfolgreichen Ballwechsel. Freudenschrei hier, geballte Fäuste da - all das war kein Beiwerk, sondern ein taktisches Mittel, wie Trainer Florian Völker bestätigte. "Wir haben uns Gedanken gemacht, was wir in dem Spiel brauchen", sagte er. Und das waren eben keine herausragenden Quoten im Angriff - die hatten mit 26 respektive 21 Prozent erfolgreichen Versuchen weder Guilliams noch Keller -, sondern "zusätzliche Energie", wie Völker sagte, "weil Straubing bekannt dafür ist, emotional zu spielen und darüber ins Spiel zu finden".

Der Plan ging auf: Straubing fand mit Ausnahme des dritten Satzes kaum ins Spiel. Eigentlich war Keller im Sommer aber nicht für die Diagonalposition nach Vilsbiburg gewechselt, sondern um sich zur Außenangreiferin umschulen zu lassen. Die 19-Jährige hat höchste Ambitionen, die Völker "allesamt für berechtigt" hält. Persönlichkeit, Charakter und Energie seien "außergewöhnlich", sagte er, "sie kann alles erreichen". Allerdings nicht auf der Diagonalposition, auf der sie bislang spielte und seit anderthalb Partien in Vilsbiburg aushilft.

Für eine internationale Laufbahn fehlten ihr dort mit 1,83 Metern "Reichhöhe und ein bisschen Power", sagte Völker. Der Fokus im Training liege deshalb darauf, "sie im Bereich Annahme und Abwehr so stark zu machen, dass sie für Höheres in Frage kommt". Die Variante vom Donnerstag ist deshalb nicht als Dauerlösung gedacht, sondern war laut Völker eher anlassgebunden "das, was wir brauchten".

Zumal Vilsbiburg in Nicki Taylor ja eine starke Diagonalangreiferin hat - allerdings eine mit knapp sieben Wochen Trainingsrückstand. Taylor stieg aufgrund der durch Corona verursachten Einreisebeschränkungen und Quarantäneregelungen wie viele Spielerinnen aus Übersee fast zwei Monate später in die Vorbereitung ein. "Das macht sich zum Anfang der Saison schon noch bemerkbar", sagte Völker. Weil Taylors Erfolgsquote in den ersten drei Spielen nicht so deutlich besser als die ihrer jungen Vertretung war, genügte Kellers Extra an positiver Aggressivität, um sie vorübergehend in die Stammformation zu spülen. "Sie hilft uns da jetzt, weil sie eine absolut vorbildliche Teamspielerin ist", sagte Völker. An der Absprache, sie auf Sicht außen einzusetzen, ändere das jedoch nichts.

Keller ist nicht die einzige Hochveranlagte mit großen Ambitionen im Team. Vilsbiburg nähert sich nach einer Durststrecke derzeit insgesamt wieder stärker dem eigenen Anspruch an, junge deutsche Talente auf hohem Niveau auszubilden. Fünf deutsche Volleyballerinnen stehen im aktuellen Kader, davon ist einzig Zuspielerin Lena Möllers älter als 20. Zur Ausbildung gehöre, "dass wir den Jungen auch Spielzeit geben", sagte Völker, "weil sie sich nur so wirklich entwickeln". Dass sich das auch für den Verein auszahlt, bewies gegen Straubing Mittelblockerin Josepha Bock: Die 20-Jährige war in der vergangenen Saison eher ungeplant viel eingesprungen und rettete Vilsbiburg am Donnerstag mit einer Aufschlagserie vom 21:24 zum 24:24 den dritten Durchgang. "Dafür muss man erst mal die Nerven haben", sagte Völker anerkennend. Und die Spielpraxis.

© SZ vom 31.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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