Viktoria Köln:Wunderliches von der schäl Sick

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Ekstase pur: Der Viertligist Viktoria Köln zieht mit einem 2:1-Sieg gegen den 1. FC Union Berlin in die nächste Runde des DFB-Pokals ein. (Foto: Marius Becker/dpa)

Die Nummer drei der Stadt sorgt für eine Überraschung und schlägt den Zweitligaklub Union Berlin mit 2:1.

Die Gelegenheit war günstig, der Gegner schließlich ein williger Sensationsbesorger. Sechs Mal war Union Berlin in den letzten acht Jahren in der ersten Runde des DFB-Pokals ausgeschieden. Doch dass der Zweitligist tatsächlich auch zum siebten Mal scheitern würde, damit hatten wohl auch Spieler und Verantwortliche von Viktoria Köln nicht wirklich gerechnet.

In den letzten Jahren hatte der rechtsrheinische Klub mit aller Macht (und viel Geld) versucht, die Nummer zwei der Stadt zu werden. Der damalige Trainer Claus-Dieter Wollitz hatte einige frühere Bundesligaspieler um sich geschart: Albert Streit spielte bei Viktoria, Giovanni Federico, auch der frühere U19-Nationalspieler Savio Nsereko, bei 1860 München einst nach tagelangem unentschuldigtem Fehlens rausgeflogen, versuchte bei der Viktoria seinen letzten Anlauf im deutschen Profifußball.

Die Riege schwer erziehbarer Spieler sollte den Aufstieg in die Dritte Liga schaffen. Das Konzept scheiterte krachend, Wollitz und die schillernden Spieler sind längst wieder weg, nicht ohne vorher den Boulevard unterhalten zu haben.

Pelé Wollitz, Tony Woodcock - eine Historie mit guten Namen

Aufgestiegen ist dann der frühere ewige Zweitligist Fortuna Köln von der richtigen Rheinseite. Drüben, auf der von vielen Kölnern verächtlich schäl Sick genannten rechten Rheinseite versucht man es jetzt mit jungen Spielern und dem jüngsten Trainer dieses DFB-Pokals. Gerade mal 30 Jahre ist Tomasz Kaczmarek, der es als Spieler nie weiter als zum FC Junkersdorf gebracht hat, aber in den USA Sportwissenschaften studierte und von 2011 bis 2013 unter dem früheren US-Nationaltrainer Bob Bradley schon als Co-Trainer der ägyptischen Nationalmannschaft arbeitete. Nun hat er Viktoria zum ersten Mal in die zweite DFB-Pokalrunde geführt. Das hatte nicht mal die anglokölsche Legende Tony Woodcock geschafft, als der einen von Viktorias vielen Vorgängervereinen, den SC Brück, trainierte. Und Pelé Wollitz sowieso nicht.

Diesen Samstag hat der Viertligist die Hauptstädter von Union Berlin aber völlig verdient mit 2:1 (0:1) geschlagen. Viktoria war von Anfang an die spielbestimmende Mannschaft im Sportpark Höhenberg gewesen, musste die Partie nach einem unglücklichen Rückstand aber sogar drehen. Collin Quaner hatte Union in der 42. Minute aus dem Nichts in Führung gebracht, kurz nach der Pause hatte dann noch Unions Damir Kreilach einen Elfmeter verschossen (48.). Ab dann spielte aber eigentlich nur noch Viktoria: Kapitän Mike Wunderlich - klar, wie sollte er sonst heißen? - traf in der 68. Minute zum Ausgleich. Sechs Minuten später traf Jules Reimerink und - die Überraschung war perfekt.

"Ich bin so unfassbar stolz auf meine Jungs. Am geilsten ist, dass der Sieg völlig verdient war", sagte Kaczmarek. Der Kapitän rannte direkt nach Abpfiff dem Sportvorstand in die Arme. "Das ist einfach nur geil, der Wahnsinn. Die Mannschaft hat an diesem Tag Großartiges geleistet", sagte der Vorstand, als er sich aus der Umklammerung gelöst hatte. Sein Name: Franz Wunderlich, er ist der Vater des Kapitäns.

© SZ vom 09.08.2015 / SZ, dpa, sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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