Videobeweis II:Formvollendetes Rechteck

Lesezeit: 1 min

Wegweisend: Schiedsrichter Tobias Stieler (in gelb) zeigt an, dass es nach Videobeweis einen Elfmeter geben wird. (Foto: Günter Schiffmann/AFP)

Bei seiner Premiere in der Bundesliga hilft der Videobeweis bei einer strittigen Entscheidung. Schiedsrichter Stieler sagt, der Fußball könne so gerechter werden.

Von Benedikt Warmbrunn

Ein paar kleine Fingerzeige, mehr hat Tobias Stieler nicht gebraucht, um sich seinen Platz in der Bundesliga-Geschichte zu sichern. Erst drückte er sich mit dem rechten Zeigefinger ans rechte Ohr, die Münchner Arena verfiel in ein gespanntes Schweigen. Dann lief er auf das Tor von Bayer Leverkusen zu, mit beiden Zeigefingern zeichnete er dabei ein formvollendetes Rechteck, und der Großteil der Arena jubelte. Stieler entschied: Elfmeter für den FC Bayern.

Die Premiere des Videobeweises am Freitag in München war "nah an der Perfektion", sagte Schiedsrichter Stieler, die Technik habe "einwandfrei" funktioniert. Dass es einen Tag später andere Fälle geben sollte, konnte er ja nicht ahnen.

Stieler selbst nutzte diese Szene vor dem Elfmeter, um noch einmal für den Videobeweis zu werben. Er habe sich auf das Geschehen auf der Außenbahn konzentriert, daher sah er nur aus dem Augenwinkel, dass Robert Lewandowski von Charles Aránguiz gehalten wurde. "Von meinem Gefühl her war da was, das war nicht sauber", sicher war er sich aber nicht. Er habe dann "sofort" Kontakt zu Jochen Drees aufgenommen (Zeigefinger am Ohr), der mit seinem Team in Köln die Partie auf mehrere Bildschirmen verfolgte. Diesem beschrieb Stieler, was er gesehen hatte und was nicht, und dann bestätigte Drees ihn (ein Rechteck zeichnende Zeigefinger). "Er kam rasend schnell zu der Erkenntnis, dass hier ein Haltevergehen vorlag und ein Strafstoß fällig war", lobte Stieler in der historischen Situation angemessenem bürokratischen Deutsch.

Für einen Schiedsrichter, sagte Stieler noch, wäre diese Szene ohne Videobeweis noch lange nicht vorbei gewesen: "Ich hätte mich mit der Entscheidung weiter im Kopf befasst", aber erst in der Kabine, vor einem eigenen Bildschirm hätte er dann die Gewissheit gehabt. "Das sind daher genau die Situationen, in denen der Videoassistent helfen kann, den Fußball gerechter zu machen."

© SZ vom 21.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: