Videobeweis I:Panne bei der Premiere

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Der Videobeweis kommt wegen Technikproblemen nur teilweise zum Einsatz - DFL und Dienstleister Hawkeye treffen sich prompt zum Krisengipfel.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Als beim Confed Cup im Sommer die erste große Debatte um den neuen Videobeweis einsetzte, gaben sich Deutschlands Fußball-Verantwortliche recht entspannt. Die Irritationen und das teils lange Warten bis zur Entscheidung lägen vor allem an der mangelnden Schulung der eingesetzten Schiedsrichter, lautete ihre Parole. Hierzulande sei nach einer intensiven einjährigen Testzeit alles ganz anders; da werde die neue technische Hilfe für die Unparteiischen viel besser funktionieren.

Von wegen. Am Wochenende feierte der Videobeweis in der Bundesliga Premiere, und statt eines reibungslosen Ablaufes gab es Pannen. Zwar zeigte sich beim Auftaktspiel des FC Bayern und später bei einem aberkannten Abseitstor in Freiburg eindrücklich, dass und wie die Umsetzung durch die Referees gut klappen kann . Aber in vielen Stadien funktionierte die Technik nicht und mussten die Schiedsrichter teils oder ganz auf die Hilfe des Video-Assistenten verzichten.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL), die Vereinigung der deutschen Profiklubs, kritisierte daher den für den Videobeweis ausgesuchten Technik-Dienstleister Hawkeye und bestellte deren Geschäftsführung zum Rapport. "Für die DFL ist diese Situation nicht hinnehmbar", teilte sie mit. Bei dem Treffen Anfang der Woche "sollen die Hintergründe der technischen Schwierigkeiten schonungslos offengelegt und die Konsequenzen für das weitere Vorgehen besprochen werden".

Logistisch soll der Videobeweis so ablaufen: In einem großen Raum in Köln sitzt für jedes Spiel ein Videoassistent, begleitet von zwei Technikern für eine schnelle Aufbereitung der Bilder sowie einem "Supervisor", der alle Spiele gleichzeitig im Blick hat. Per Funk ist der jeweilige Video-Assistent mit dem Hauptschiedsrichter verbunden. In vier Situationen kann er Kontakt aufnehmen: bei Toren, Elfmetern, roten Karten und der Verwechselung von Spielern bei persönlichen Strafen.

Doch am Samstagnachmittag kam es zu gravierenden Aussetzern. Bei Hamburg gegen Augsburg funktionierte der Funkkontakt zwischen Schiedsrichter und Assistent zu keinem Zeitpunkt, bei Hoffenheim gegen Bremen und Hertha gegen Stuttgart erst in der zweiten Hälfte. Und bei keinem der fünf Spiele, die am Samstag um 15.30 Uhr angepfiffen wurden, stand die sogenannte Kalibrierungslinie, die zur Klärung bei Abseitsentscheidungen helfen soll, zur Verfügung. Auch am Sonntag in Freiburg funktionierte diese zunächst nicht.

Die DFL wollte sich zu der konkreten Ursache und weiteren Details nicht äußern. Hawkeye antwortete auf Anfrage nicht. In jedem Fall wird es interessant sein zu sehen, wie die Liga und ihr Technik-Dienstleister die Panne erklären - und ob es sich tatsächlich bis zum zweiten Spieltag ausmerzen lässt. Dabei seien die kalibrierten Abseitslinien technisch "keine Raketenwissenschaft", hatte DFL-Chef Christian Seifert erst kürzlich selbst in einem Bild-Interview gesagt.

Doch auch in den Spielen, in denen die technischen Voraussetzungen funktionierten, verliefen die Spiele nicht ohne Diskussionen über den Videobeweis. In Mainz etwa gab es eine Szene, in der Angreifer Yoshinori Muto im Strafraum am Trikot gezupft wurde, doch ein Elfmeterpfiff blieb aus. Und beim Auftaktspiel am Freitagabend rauschte in der zweiten Hälfte Leverkusens Offensivspieler Karim Bellarabi von der Seite in den Münchner Verteidiger Joshua Kimmich hinein. Doch weder zückte Schiedsrichter Tobias Stieler die rote Karte noch mahnte sein Video-Assistent Jochen Drees eine solche an. Dabei gab es in diesem Spiel einen Funkkontakt zwischen den beiden.

© SZ vom 21.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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