Uli Hoeneß:Der feinste Kerl der Liga

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Der Bauchmensch: Wer Uli Hoeneß gestern an der Seite von Sebastian Deisler sah, dem muss aufgefallen sein: Er betrachtet Spieler als seine Kinder, Kollegen als Brüder. Nur: Der Manager hat einfach ein schlechtes Image.

Jürgen Schmieder

Da stand er nun, der Bayern-Manager, der in seiner Laufbahn schon so viel hat mitmachen müssen. Aber den plötzlichen Rücktritt eines Superstars hat selbst er noch nicht erlebt: "So was hat es in der Form noch nie gegeben." Und wie sie da so dastanden, Uli Hoeneß und Sebastian Deisler, da wusste man nicht so recht, wer denn nun das größere Häuflein Elend ist.

Würde man im Lexikon nach Eigenschaften von Hoeneß suchen, würde man beim Buchstaben "k" Halt machen: kompetent steht da, konservativ, kontrovers. Vielleicht würde man auch mal beim "a" vorbeischauen, da gibt es die Begriffe aggressiv und arrogant, aber auch das Wort "Arschloch" - das viele Fans anderer Vereine gerne verwenden.

Den Buchstaben "f" werden viele überblättern - dabei steht dort doch das Adjektiv, das den Bayern-Manager wirklich charakterisiert: Uli Hoeneß ist ein feiner Kerl! Wahrscheinlich einer der feinsten, den die Bundesliga hat.

Wie? Der provozierende, lästernde, stänkernde, aufbrausende Hoeneß ein feiner Kerl? Das muss erklärt werden.

Die Pressekonferenz am Dienstag ist das aktuellste Indiz dafür, was für ein Mensch Hoeneß ist. Er litt mit seinem Ex-Spieler Sebastian Deisler, er sprach von Albträumen und schwierigen Tagen. Und man konnte erkennen, dass sich da nicht nur einer um seinen Verein sorgt, sondern wahre Anteilnahme am Schicksal eines anderen zeigt. Und wo andere Manager den Vertrag einfach aufgelöst hätten, schafft Hoeneß ein Hintertürchen - für den Spieler, nicht für den Verein.

Geschichten wie diese werden über Hoeneß häufig erzählt, nur dringen sie kaum an die Öffentlichkeit. Traut niemand sich, sie zu erzählen, weil ihm keiner glauben würde? Oder will sie niemand hören?

Da gibt es die Erzählungen eines ehemaligen Amateurspielers der Bayern. Der berichtet von Hoeneß' Bürotür, die ständig offen stehen würde. Für jeden. Für die Nummer eins der Profis über die Nummer 25 der Amateure bis hin zum Greenkeeper der Allianz Arena. "Wenn Du abends um 10 bei ihm angerufen hast, weil Du Hunger hattest, hat er sich darum gekümmert", sagt der ehemalige Spieler der Regionalliga-Mannschaft.

Selten sind sie, die Berichte über die Spendenbereitschaft des Bayern-Managers. Dabei gibt es in Deutschland keinen Verein, der in den vergangenen Jahren so viel an hilfsbedürftige Menschen spendete wie der FC Bayern. Uli Hoeneß öffnet dabei nicht selten seine Privatschatulle.

Viel lieber berichten die Medien über den polternden Hoeneß, den Chef der "Abteilung Attacke" beim FC Bayern. Das beste Beispiel dafür ist Hoeneß' Verhalten beim Kokain-Skandal von Christoph Daum.

Münchner Zeitungen hatten damals über einen "verschnupften Christoph Daum" berichtet. Hoeneß forderte - zunächst intern - die Aufklärung des Falles. Die Geschichte gelangte an die Öffentlichkeit und nicht Daum wurde an den Pranger gestellt, sondern Hoeneß. Im Bremer Weserstadion musste er sich am Samstag nach seinen Aussagen minutenlange Schmährufe ("Hoeneß, Du Arschloch!") anhören.

Doch selbst als sich herausstellte, dass Daum tatsächlich Drogen nahm, gab es kaum jemanden, der sich bei Hoeneß entschuldigte, der ihm Recht gab. Dabei hatte Hoeneß nur die Wahrheit gesagt.

Hoeneß trägt sein Herz auf der Zunge. Er ist gewiss kein netter Kerl, keiner, der einem Honig ums Maul schmiert. Er sagt, was er denkt, deshalb hat er die "Abteilung Attacke" auch in "Abteilung Wahrheit" umgetauft.

Wahrheit kann weh tun - aber wenn es nach Hoeneß geht, soll sie nicht mehr so schmerzen wie in der Vergangenheit. "Verhöhnungen und Beleidigungen gibt es bei mir nicht mehr. Das gilt nicht nur für Werder, sondern für alle Duelle", sagte Hoeneß im Bayern-Trainingslager in Dubai.

Schwer zu glauben, dass er das durchhält. Denn Hoeneß kann nicht verstecken, was er ist. Das findet sich unter "b" im Lexikon: ein Bauchmensch durch und durch.

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