Überraschungssieger Romero:Natürlicher Schwingen

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Die Golf-Prominenz abgehängt: Der Argentinier Andres Romero, 837. der Weltrangliste, gewinnt in Eichenried einen packenden Vierkampf. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Andres Romero wollte nur Feinheiten verbessern, verlor seine Form und stürzte in eine lange Schaffenskrise. Mit dem Sieg in Eichenried meldet er sich zurück.

Von Gerald Kleffmann, Eichenried

Die Szenerie war sehr ungewöhnlich. Da stand Andres Romero, er trug links eine teure Uhr, rechts ein Armband mit der Aufschrift "US Open", vor ihm lauschte auch sein Caddy Angel Monguzzi den Fragen der Journalisten, die natürlich einiges wissen wollten. Vom neuen Sieger dieser BMW International Open, der soeben in einem packenden und bis zum letzten Schlag offenen Vierkampf diese 29. Auflage des mit zwei Millionen Euro dotierten Turniers der European Tour gewonnen hatte Der jetzt zwei Jahre, 2018 und 2019, definitiv weiter auf dieser Profiserie sein Geld damit verdienen darf. Der erstmals wieder seit 2008 eine Trophäe stemmte. Der sich einmal von dem Fußballer Carlos Tevez die Tasche tragen ließ bei einem Event, weil das sein argentinischer Kumpel war und ist. Der 333 330 Euro verbuchte. Tagelang war für diesen Moment getrommelt worden, und dann standen also nicht 20 oder 30, sondern exakt drei Reporter vor dem Champion, im Freien, es gab keinen Schampus und kein Mikrofon. Dafür übersetzte Romeros Caddy. Denn Englisch konnte Romero auch nicht.

Diese Beschreibung soll in keiner Weise ein Vorwurf sein, dass dem Moment der Glanz etwas abging, nur weil eben einer triumphierte, der nicht auf den überdimensionalen Postern für diese Veranstaltung geworben hatte. Vielmehr war dieser Moment ein netter Hinweis des Golfsports, welche Unwägbarkeiten in dieser Disziplin stecken, immer wieder mal. Dass man nicht deshalb automatisch vorne landet, weil einen der Titelsponsor und Veranstalter, der Autobauer aus München, im Privatjet aus den USA einfliegen ließ, wie etwa beim zweimaligen Majorsieger Martin Kaymer geschehen, der den Cut verpasste hatte. Bester Deutscher wurde am Ende überraschend der 24-jährige Nicolai von Dellingshausen aus Düsseldorf auf Rang 26, der sein allererstes European-Tour-Turnier bewältigt hatte. An diesem Sonntag jedenfalls setzte sich nicht derjenige von anfangs 156 Spielern durch, der den schönsten Schwung hatte und von den meisten Fans begleitet vier Runden lang über die 18 Bahnen im Golfclub München Eichenried zog. Es siegte der, der die wenigsten Schläge benötigt hatte, was im Golf die Regel ist. Eben auch dann, wenn der Sieger eher Außenseiter ist. Golf ist ein zutiefst demokratischer Sport aus genau diesem Grund. 271 Schläge waren es insgesamt, damit hatten der Spanier und Masters-Champion Sergio Garcia, der Engländer Richard Bland und der Belgier Thomas Detry jeweils exakt einen Schlag mehr gebraucht, um ihren Ball 72-mal einzulochen.

2007 holte Romero seinen ersten Titel - in Gut Kaden bei Hamburg

Das Gespräch mit Romero verlief etwas holprig, weil es ja mittels der Übersetzungen seines Caddys ein bisschen hin und her ging, aber was kommuniziert wurde, reichte für den groben Faden seiner Geschichte. Es ist eine Geschichte, wie sie andere Profis manchmal auch kennen. Vor zehn Jahren hatte Romero seinen Durchbruch, 2007 holte er seinen ersten Titel, in Gut Kaden bei Hamburg, als es dort noch ein Profiturnier gab. Romero träumte natürlich von mehr. Er versuchte es auf der US-Tour, war dort gleich 2008 erfolgreich bei einem dieser millionenschweren Events, ihm glückte der Sieg in New Orleans. "Ich wollte 2008 dann noch besser werden", erzählte Romero, "ich habe am Schwung gearbeitet und nur das Negative darin gesehen."

Er fing an, die falschen Feinheiten zu verändern, sein Spiel litt, er fing zu denken an, zu zweifeln, Golf ist oft genug eine Gratwanderung. Die vergangenen Jahre verliefen durchwachsen, und dass Romero nun in München nach so langer Zeit wieder auftauchte, wirkte auch wie ein Schritt zurück, weil es in den USA stockte. Einmal übte er mit seinem Trainer den Abschlag mit dem Driver, dem Schläger mit dem größten Kopf. Er fühlte keinen guten Rhythmus, da legte er den Ball nicht auf ein Tee, diesen kleinen Holzstab, sondern direkt auf das Gras. "Ich fing an, natürlich zu schwingen", erzählte Romero, und diese Erfahrung führte ihn zurück zu einem stabileren und gleichzeitig riskanteren Spiel, das sich auszahlen kann.

Im Endspurt der vierten Runde gelangen ihm ab Bahn acht sieben Birdies (je eins unter Standard), mit der 65 am Ende war ihm der beste Score des finalen Tages gelungen. Und so verfolgte Romero, der das Zuschauen bei anderen nervlich nicht so gut verträgt, gerade das Schlussloch von Brand und Garcia mit einem verstohlenen Lächeln.

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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